Welt
So reagiert der Mensch auf totale Isolation
48 Stunden einsam in einem dunklen Raum – ein Experiment zeigt grauenhafte Effekte der kompletten Isolation auf das Hirn.
Es ist ein Psychotest, der wegen seiner Grausamkeit jahrzehntelang verboten war – bis ein Forscherteam des St George's HoKrankenhaus in London es schließlich wagte. Sie sperrten sechs Freiwillige in einem Bunker für 48 Stunden ein – ohne Licht und völlig von der Außenwelt abgeschottet.
Das Experiment, geleitet vom Psychologen Ian Robbins, wollte herausfinden, welche Folgen Isolationshaft für den Menschen hat. Die Probanden wurden dabei mit Infrarotkameras gefilmt. Schon nach den ersten Sekunden im Dunkeln erleidet eine Frau eine Panikattacke. Dann setzen bald erste Halluzinationen ein. "Mein Bett ist nass", sagt sie. Jemand solle mal nachsehen, denn es sei nicht fair, dass sie die Zeit zwischen nassen Laken verbringen müsse. Als ein Mitglied des Forscherteams das Bett kontrolliert, ist es komplett trocken.
Hirn kreiert selber Reize, wenn keine vorhanden sind
Auch der zweite Proband beginnt zu halluzinieren. Er ist sich dessen aber bewusst. "Ich sehe gerade einen riesigen Berg von leeren Austern-Schalen", meint er. Nach wenigen Sekunden ist das Bild wieder verschwunden.
"Die Probanden begannen, sich Dinge vorzustellen, weil es in dem Raum absolut keine Reize gab. In einer solchen Situation arbeitet das Hirn weiter und verarbeitet Information, obwohl es keine Information zu verarbeiten gibt. Also beginnt das Hirn nach einer Weile selber Information zu generieren", erklärt einer der Forscher im BBC-Dokumentarfilm.
Der Test wurde 2008 durchgeführt, noch heute aber sind die Bilder derart eindrücklich, dass der Sender BBC Germany den Film immer wieder in sein Programm aufnimmt.
Einsamkeit so schädlich wie Rauchen
Die Folgen der Einsamkeit wurden auch in einer Studie der Brigham Young University im US-Bundesstaat Utah beleuchtet. Das Ergebnis, das die Forscher im Fachmagazin "PLoS Medicine" veröffentlichten, war eindeutig: Sozial aktive Menschen leben länger als Einzelgänger.
Einsamkeit sei genauso schädlich wie der Konsum von 15 Zigaretten am Tag oder wie Alkoholmissbrauch. Vereinsamung sei zudem schädlicher, als keinen Sport zu treiben, und doppelt so schädlich wie Fettsucht, so die Forscher.
Gesundheitsvorsorge sollte daher auch das soziale Befinden betrachten, meint Timothy Smith, einer der Autoren der Studie. Gleichzeitig warnt er davor, die modernen Kommunikationsmöglichkeiten in Zeiten des Internets als Ersatz für ein echtes soziales Netzwerk zu sehen. (kle)