"Selbstjustizler"

So machen Privatpersonen Jagd auf Pädophile

In den USA haben sich sogenannte "Predator Catchers" formiert, Bürgerwehren, die vermeintliche Pädophile aufspüren.

So machen Privatpersonen Jagd auf Pädophile
Sobald ein Verdächtiger sich meldet, wird ein Treffen arrangiert, das oft in einem öffentlichen Raum stattfindet und live übertragen wird.
Instagram/Bikers Against Predators

Sie leben wie ganz normale Bürger, doch in ihrer Freizeit haben sie eine Mission: Personen zu fassen, von denen sie glauben, dass sie Kinder sexuell misshandeln würden. In letzter Zeit sprießen die sogenannten "Predator Catchers" (Pädophilen-Jäger) in den USA wie Pilze aus dem Boden. Mehrere Dutzend Gruppen suchen mit gefälschten Profilen eines Kindes Kontakt zu mutmaßlichen Tätern. Oft führt ihre Aufgabe zur Festnahme des Verdächtigen durch die Polizei – hin und wieder aber endet die Geschichte tragisch.

Warum tun sie das?

Sie nennen sich etwa "Predator Poachers", "Dads Against Predators" oder "Bikers Against Predators". Landesweit jagen die Freiwilligen nach potenziellen Pädophilen. "Wir wollen die schlimmsten Typen fangen", sagte Robert Bloom alias Boots, Chef der "Bikers Against Predators", zu "USA Today".

"So wie ich das sehe, tut das Justizsystem nicht das, was es tun müsste, wenn es darum geht, diese Typen einzusperren und ihnen tatsächliche Strafen zu verhängen", meinte Eric Schmutte, Gründer von Predator Catchers Inc., in einem Interview im 2021. "Also ist es das Beste, wenn wir sie enttarnen, damit die Leute zumindest wissen, dass diese Typen Pädophile sind."

Bist du Gewalt betroffen? Hier findest du Hilfe!
Frauenhelpline (rund um die Uhr, kostenlos): 0800 222 555
Männernotruf (rund um die Uhr, kostenlos): 0800 246 247
Rat auf Draht: 147
Autonome Frauenhäuser: 01/ 544 08 20
Polizei-Notruf: 133

Wie arbeiten die Pädophilen-Jäger?

Die Vorgehensweise ist bei allen Gruppen ähnlich: Sie erstellen gefälschte Profile von zwölf- bis 13-jährigen Buben oder Mädchen – normalerweise mithilfe vom Bearbeitungstool Faceapp, mit dem ein Erwachsener wie ein Kind aussehen kann. Anschließend laden sie die Fotos auf Dating-Sites wie Grindr, Meetme, Skout oder Whisper hoch.

"Das ist alles, was wir tun", versichert der 31-jährige Josh Mundy von "Dads Against Predators" gegenüber der "New York Post". "Die Profile enthalten keine weiteren Informationen als die Tatsache, dass es sich um ein Kind handelt. Wir verfolgen keine Spuren, wir schreiben nie vorher jemanden an. Das ist ein weitverbreitetes Missverständnis. Wir sind wie Fischer. Wir stehen bereit und warten."

Wie gehen sie dann vor?

Die Pädophilen-Jäger vereinbaren mit einem mutmaßlichen Täter einen Termin. Mundy erzählt auf seinem Insta-Account, wie die Männer das Opfer einladen – ohne zu wissen, dass es nicht echt ist –, "um zu 'kuscheln', 'Sex zu haben', 'Fesselspiele zu praktizieren' oder 'das Wochenende gemeinsam zu verbringen'".

Die Termine finden in der Regel an einem öffentlichen Ort statt. Dann zücken die Pädo-Jäger ihre Kameras und starten einen Livestream. Das ist der Moment, in dem die Verdächtigten merken, dass sie in eine Falle getappt sind. Die Polizei kritisiert, dass diese Bürgerwehren selten mit den Behörden kooperieren und ihre Beweise oft vor Gericht nicht haltbar sind.

Wie erfolgreich sind die Bürgerwehren in ihrer Arbeit?

Boots von den "Bikers Against Predators" schätzt, dass von den insgesamt rund 300 Ermittlungen, die sein Team bislang führte, etwa ein Drittel zu erfolgreichen Gerichtsverfahren geführt habe. Josh Mundy von "Dads Against Predators" behauptet, sein Team reise durch die USA und schnappe nach vier Tagen an verschiedenen Orten bis zu 16 potenzielle Sexualstraftäter. Sein bekanntester Fall sei nach eigenen Angaben der des stellvertretenden Staatsanwalts der Bronx in New York, der vor laufender Kamera enttarnt worden sei, als er sich mit einem Kind treffen wollte.

Der mutmaßliche Täter wurde nie durch die Polizei festgenommen, doch er kündigte seine Stelle vier Tage nach dem Vorfall. Ein tragisches Ende nahm jedoch der Fall eines 60-jährigen Mannes, der sich 2019 das Leben nahm, nachdem ihn Pädo-Jäger vor seiner Haustür zur Rede gestellt hatten. Als während der Aktion die Polizei kam, gab der Mann seine Taten vor laufender Kamera zu. Dann ging er ins Haus und erschoss sich.

Die Polizei kritisiert, dass diese Bürgerwehren selten mit den Behörden kooperieren und ihre Beweise oft vor Gericht nicht haltbar sind.
Die Polizei kritisiert, dass diese Bürgerwehren selten mit den Behörden kooperieren und ihre Beweise oft vor Gericht nicht haltbar sind.
Instagram/ Vans Against Predators

Helfen die Pädophilen-Jäger der Justiz wirklich?

Für die Strafverfolgungsbehörden ist die Arbeit der Bürgerwehren oft ein Problem, denn diese arbeite selten mit den Behörden zusammen. Sie alarmieren die Polizei erst, wenn sie einen mutmaßlichen Täter konfrontieren. "Es scheint mehr eine Motivation zu sein, diese Typen zu entlarven, um den Jäger in den sozialen Medien zu feiern, als eine Organisation aufbauen zu wollen, die mit der Polizei zusammenarbeitet und Verhaftungen bewirken kann", gibt Xavier Von Erck, Gründer der Gruppe "Perverted Justice", zu.

Auch die Polizei betrachtet die Arbeit der Bürgerwehren mehr als Belastung denn als eine Unterstützung. Die Gruppen gehen in vielen Fällen nicht nach den erforderlichen Standards vor. Das führe oft dazu, dass das Beweismaterial vor Gericht nicht gültig sei oder dass sogar eine unschuldige Person angeklagt werde, sagt Polizeichef Andy Whitehouse zu "Fox News". Noch klarer ist die Aussage des Staatsanwalts von Indiana, Eric Hoffman: "Wir haben in den Vereinigten Staaten kein Strafrechtssystem, in dem Selbstjustizler oder Bürger Verbrechen untersuchen."

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