Wien
"Sittenwächter"-Boss (20) in Wien festgenommen
Der Bandenchef der "Sittenwächter" ist von der Polizei erfolgreich entlarvt worden. Der 20-Jährige ist mehrfach vorbestraft.
Wie"Heute" am Dienstag in Erfahrung bringen konnte, hat die Wiener Polizei den Anführer der selbsternannten "Sittenwächter" ausgeforscht und festgenommen. Der 20-jährige Verdächtige ist polizeibekannt und mehrfach vorbestraft. Ersten Informationen zufolge klickten für den Tschetschenen im August wegen einer Rauferei bei Demonstrationen in Favoriten mit einer Schreckschusspistole die Handschellen. Der junge Mann sitzt in U-Haft.
Der 20-Jährige steuerte die Messenger-Gruppen und andere Mittäter und operierte im Web unter dem Decknamen "Heinrich Himmler". Heinrich Himmler war im Dritten Reich der Chef der Schutzstaffel (SS) und war für die Todes- und Konzentrationslager verantwortlich. Er galt in der Hierachie der Nationalsozialisten nach Adolf Hitler als zweitmächtigster Mann.
"Parallelgesellschaft im Land nicht tolerierbar"
"Jede Form von Parallelgesellschaft ist in unserem Land nicht tolerierbar. Alleine das Selbstverständnis von 'Sittenwächtern' widerstrebt unserem friedlichen Zusammenleben. Wir lassen uns unsere demokratischen Grundprinzipien nicht von solchen perfiden und selbsternannten Ideologen unterwandern. Wer das nicht akzeptiert stellt sich an den extremen Rand unserer Gesellschaft", so Innenminister Karl Nehammer in einer ersten Stellungnahme.
Und weiter: "Die Ermittler des LKA Wien haben hervorragende Arbeit geleistet. Ihnen ist es gelungen die Täter auszuforschen, festzunehmen – aber auch die Strukturen dahinter offenzulegen". Die Ermittlungen ergaben, dass auf diversen Mobiltelefonen der Verdächtigen sogar Kinderpornographie gefunden wurde.
Kriminalamt ermittelt seit Monaten
Bereits gegen Ende 2019 kam es in einem Shopping-Center in Donaustadt zu Prügel-Attacken, die offenbar ideologisch motiviert waren. Seit Februar 2020 ermittelt die Kriminalpolizei gegen die Tätergruppe. Dabei handelt es sich um eine Gruppierung selbsternannter "Sittenwächter" aus Tschetschenien. Die Organisation hat eine hierarchische Struktur und organisiert sich in geheimen Telegram-Chatgruppen. Dabei beobachteten die Verdächtigen das Verhalten tschetschenischstämmiger Frauen im Internet und im öffentlichen Raum.
Wenn eine Tschetschenin beispielsweise auffälligen Schmuck, Kleidung oder Lippenstuft trug, geriet sie bereits in das Visier der "Sittenwächter". Sobald die Täter ein "Fehlverhalten" feststellten, setzten sie sofort entsprechende Strafmaßnahmen. Dazu zählten unter anderem Belehrungen, prangermäßiges Aushängen von Fotos vor Moscheen, Verfolgung oder auch körperliche Misshandlungen. Der Grund: die Nichtbefolgung der islamistisch-konservativ beeinflussten Normen ("Adat").
Mittlerweile werden in einem Ermittlungsakt elf namentlich bekannte Personen, davon eine Frau, als Beschuldigte geführt (alle Stbg: Russ. Förderation). Davon wurde bislang nur die Frau aus der Untersuchungshaft entlassen. Die Anzeigen lauten auf Gründung einer kriminellen Organisation sowie einer terroristischen Vereinigung und Nötigung.