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"Silt" im Test: Toller Tauchgang in Schwarz-Weiß
Entwickler Spiral Circus serviert mit "Silt" ein spannendes Unterwasser-Puzzle-Abenteuer, das über einen ganz eigenen Schwarzweiß-Grafikstil verfügt.
Nur wenige Spiele wagen nicht nur beim Gameplay, sondern auch grafisch Experimente. Eines davon war das fantastische "Limbo", in dieselbe Kerbe schlägt nun "Silt" aus dem Hause Spiral Circus (PC, Playstation 5, Xbox Series X|S und Nintendo Switch). Im Game geht es in die Tiefsee beziehungsweise Richtung Grund des Meeres – und passend zur tiefschwarzen Umgebung mit faszinierend leuchtenden Kreaturen zeigt sich das Spiel in einer besonderen Schwarzweiß-Optik. Der Spieler übernimmt dabei die Rolle eines Tauchers, der den in der Realität ebenso kaum erforschten Meeresraum erkunden darf.
"Silt" ist aber keine Tauch-Simulation – was der kaum geschützte Taucher, die vielen Meereskreaturen, eine mysteriöse Maschine und Rätsel am Meeresgrund schnell beweisen –, sondern ein Puzzle-Abenteuer mit netten Rätseln und einigen Action-lastigen Passagen. Schon vom Start weg zeigt sich das Game gewaltig atmosphärisch: Dumpfe Klänge vermitteln den Eindruck der ständigen Gefahr und die Schwarzweiß-Optik spiel ebenso gut mit der Nah- und Fernsicht als auch mit den Ängsten des Spielers vor dem Unbekannten, möglicherweise im Dunkeln Lauernden. Die Spannung bleibt stundenlang hoch.
En Genuss, der nur von sehr kurzer Dauer ist
Was den optischen Stil außerdem so besonders macht: Nicht nur werden Farben ausgespart und die Sichtweite je nach Spielsituation vergrößert und verkleinert, auch herrscht ein wahnsinnig gut getroffener Kontrast zwischen detaillierten und leuchtenden Unterwasser-Wesen, Objekten und Umgebungen zum restlichen, tiefschwarzen und fast vollkommen detaillosem Schwarz an den Bildschirmrändern. Figuren, Rätsel und Objekte wirken zudem wie handgezeichnet. Der Genuss ist allerdings nur von kurzer Dauer, denn selbst Zocker-Neuanfänger haben das Spiel nach spätestens fünf Stunden durch.
An was es "Silt" bei aller Genialität aber fehlt, ist etwas Hintergrundinformation. So gibt es weder viel an Handlung sowie keinerlei Sprachausgabe, noch hängen die verschiedenen Spielpassagen, Rätsel und Monster sonderlich gut zusammen. Meist schwimmt man einfach durch die Tiefsee-Szenerie und steht vor immer neuen Aufgaben, die teils knackig sind und allesamt Spaß machen, oft aber wenig Sinn ergeben und keinerlei Handlung vorantreiben. Was uns "Silt" einzig verrät: Als Taucher müssen wir vier Boss-Monster besiegen und ihre Energie nutzen, um an die Oberfläche zurückzukehren.
Per Lampe in die Monster-Körper schlüpfen
Auch in Sachen Tutorial und anderen Erklärungen spart "Silt" gewaltig – Beschreibungen gibt es kaum bis gar nicht und einmal erlernte Manöver müssen sitzen, sonst steht man beim nächsten Rätsel an. Aber: Viel gibt es auch gar nicht zu erlernen, denn neben einer Tiefsee-Lampe besitzt unser Taucher nur die Möglichkeit, in die Haut der Kreaturen schlüpfen zu können. Klingt komisch und spielt sich auch so, denn mit seiner Lampe kann die Spielfigur die Taucher-Haut verlassen und sich selbst in die Tiefsee-Wesen "einpflanzen". Diese Wesen zu erreichen, ist dabei in nette Puzzle-Abschnitte integriert.
Im Körper der Wesen geschieht schließlich zweierlei: Die "leere" Taucher-Hülle treibt im Wasser und der Spieler steuert fortan das jeweilige Monster – kann dabei aber auch die speziellen Fähigkeiten der Kreatur nutzen. Allzu komplex wird es dabei nie, die Puzzle-Passagen machen aber Spaß. So können wir etwa mit rasiermesserscharfen Zähnen an Kabeln nagen oder als Qualle Generatoren mit Strom versorgen. Das ist alles nicht unbedingt realitätsnah, spielt sich aber abwechslungsreich und fordert unser Köpfchen. Gleiches gilt für die Boss-Kämpfe, die fordern und jeweils ganz eigene Herangehensweisen bieten.
Ein toller Tauchgang in Schwarz-Weiß
"Silt" ist letzten Endes ein ganz besonderes Erlebnis. Die Puzzles sind nett, aber nicht bahnbrechend, die Bosskämpfe spannend, aber ebenfalls nicht das Highlight. Immer wieder bemerkt man, dass Passagen etwas zu gehetzt ausfallen – während andere Spiele versuchen, die Spieldauer unnötig in die Länge zu ziehen, kürzt "Silt" oftmals zu sehr ab und lässt Bosskämpfe abrupt enden oder verwirft eine gelernte Fähigkeit nach nur einem oder zwei Einsätzen gleich wieder. Schade, ein paar Spielstunden mehr hätte das Tiefsee-Abenteuer ruhig vertragen, denn es macht richtig viel Spaß und Laune.
Übrig bleibt ein atmosphärisches Erlebnis, das von seinem einzigartigen Grafikstil lebt und mit Handlungsdetails spart. Die Animationen sind flüssig, die Steuerung ist leicht erlernbar und eingängig. Für ein atemberaubendes Erlebnis im Stile von Limbo fehlt zwar die letzte Konsequenz, dennoch zählt das Spiel für Fans dieses Genres zu jenen, die man nicht verpasst haben sollte. Nach einer etwas ruhigen Anfangsphase nimmt "Silt" übrigens ab der Hälfte mehr Fahrt auf und fordert uns nicht nur mit den knackigen Rätseln, sondern auch tollen Boss-Begegnungen, von denen mindestens zwei toll inszeniert sind.