Lohndumping, 60-Stunden-Woche

Sicherheitsbranche braucht massive Verbesserungen

Die Arbeitsbedingungen in der Sicherheitsbranche sind prekär. Lohndumping, unbezahlte Überstunden und unfreiwillige Minusstunden gehören zum Alltag.
Lukas Leitner
14.03.2025, 11:00

Die heimischen Sicherheitskräfte geraten immer weiter unter Druck – Lohndumping, unbezahlte Überstunden, lange Arbeitswochen und auch unfreiwillige Minusstunden gehören bereits zum Alltag, wie am Freitag in einer Pressekonferenz der Arbeiterkammer Wien gemeinsam mit der Gewerkschaft "vida" betont wurde.

Schlechte Arbeitsbedingungen

"Eigentlich könnte man erwarten, dass die Arbeitsbedingungen in einem Bereich, der so viel Verantwortung mit sich bringt, auch entsprechend gut sind. Leider ist das nicht immer der Fall. Von Anfang 2023 bis Ende 2024 haben die Experten der AK Wien Arbeitsrechtsberatung die Branche genau unter die Lupe genommen und festgestellt, dass es mit der Sicherheit für die Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, nicht weit her ist", hieß es.

Denn starker Preiswettbewerb durch unregulierten Wettbewerb setzt die Branche unter Druck und diesen bekommen vor allem die Beschäftigten zu spüren. Lange Dienste, kurzfristige Einsatzplanung, schwierige Arbeitsbedingungen und Einsparungen bei Ausbildung und Personalplanung gehören demnach zur Tagesordnung.

"Das Bewachungsgewerbe zählt seit Jahren zu den Branchen mit einer Vielzahl an Problemen. Unsere Fallanalyse bestätigt einige systematische Missstände: Der Großteil der Abrechnungen, die uns vorgelegt wurden, war fehlerhaft. Überstunden und Zuschläge werden nicht oder falsch abgerechnet. Rechtswidrig angeordnete Minusstunden und kurzfristig verschobene Diensteinteilungen sind an der Tagesordnung. Die Beschäftigten im Bewachungsgewerbe finden also keineswegs sichere und zuverlässige Arbeitsbedingungen vor", betonte Bianca Schrittwieser, Leiterin der Abteilung Arbeitsrecht der AK Wien.

Die Baustellen der Branche

In einer Studie zeigten die Arbeitnehmer auf, wo es massive Problemstellen und Aufholpotential gibt. Über ein Drittel nannten dabei den übermäßigen Anteil an Überstunden – Zwölf-Stunden-Tag bzw. 60-Stunden-Woche seien sogar Usus. Hinzu würden dann auch noch unbezahlte Überstunden kommen. "In 36 Prozent der Fälle wurden Überstunden nicht oder nicht korrekt bezahlt. Das reichte von kleinen Differenzen bis hin zu Extrembeispielen, bei denen 300 Überstunden samt Zuschlägen unterschlagen wurden", wurde in der Pressekonferenz betont.

24 Prozent der Befragten gaben auch an, dass sie immer wieder unfreiwillig auch für deutlich weniger Stunden eingesetzt wurden, als vertraglich vereinbart. Das wirkt sich auch drastisch auf den Lohn aus. "Frauen waren davon vergleichsweise häufiger betroffen als ihre männlichen Kollegen".

Die Anliegen der Arbeitnehmer:

Das sind die Anliegen der Arbeitnehmer.
Das sind die Anliegen der Arbeitnehmer.
Screenshot AK & vida

"Aus eigener und gewerkschaftlicher Erfahrung in der Sicherheitsbranche muss ich sagen: Dass Bewacher bis zu fünf Tage in Folge zwölf Stunden am Stück im Dienst sind, ist höchst riskant. Kein Mensch kann so lange durchgehend aufmerksam sein und für Sicherheit sorgen. Hinzu kommt, dass Sicherheitskräfte in vielen Fällen aus der Arbeitsbereitschaft heraus ihren Einsatz im Ernstfall antreten, wo sie keine Möglichkeit hatten, sich wirklich zu erholen. Zertifizierte Ausbildungen und Abschaffung der Alleindienste müssen Einzug in diese Branche halten, Sicherheit kann es nicht zum Nulltarif geben – weder für Auftraggeber noch für andere!", so Gernot Kopp, Fachbereichsvorsitzender Gebäudemanagement, Gewerkschaft vida.

Lohndumping bei Festivals

Eine weitere Baustelle sei auch die Bezahlung, denn die Löhne variieren je nach Verwendungsgruppe stark – zwischen 12,25 und 16,09 Euro pro Stunde. Darüber hinaus kommt es auch zu unklaren Abrechnungen und Probleme bei der Endabrechnung. So sei ein "Großteil der Abrechnungen im Beobachtungszeitraum fehlerhaft".

Letztlich würde es auch zu Lohndumping kommen. "Sehr häufig ist das zur Festivalsaison zu beobachten. Große Unternehmen vergeben Aufträge an Subunternehmen – in der Folge entstehen undurchsichtige Subunternehmerketten", erklärte AK und Gewerkschaft.

Das muss sich ändern

Jetzt brauche es deshalb wichtige Maßnahmen, damit sich die Arbeitsbedingungen in der Bewachungsbranche deutlich verbessern. Dazu gehören verlässliche und transparente Arbeitszeiten, inklusive Sanktionen, wenn Dienstpläne grundsätzlich nicht eingehalten werden. Und einen Flexibilitätszuschlag bei kurzfristigen Dienständerungen. Weiters brauche es eine Evaluierung der Arbeitsbereitschaft – sie soll Ausnahme und nicht Regel sein.

Weiters brauche es auch bessere Arbeitsbedingungen mit "besserer Bezahlung der Nachtdienste" und einem Stopp der Alleindienste. Arbeitnehmer müssen außerdem, von "unfairen Kündigungen" – vor allem im Krankenstand – geschützt werden.

Reform der Zuverlässigkeitsprüfung und Ausbildung

Darüber hinaus brauche es auch eine Reform der Zuverlässigkeitsprüfung und Ausbildung. Hier denke man an eine Neuregelung der Überprüfung der Zuverlässigkeit, eine bundeseinheitliche  Regelungen für Unternehmen und Beschäftigte, sowie "gesetzlich geregelte, bundesweit standardisierte Lehrgänge flankiert von Maßnahmen zur Qualitätssicherung und ein Test zur psychologischen Eignung".

Maßnahmen gegen Lohn- und Sozialdumping

Letztlich müsse es auch Maßnahmen gegen Lohn- und Sozialdumping geben. "Erstauftraggeberhaftung für Löhne und Gehälter"; "Mehr Kontrollen und massive personelle Aufstockung der zuständigen Behörden (insbesondere Finanzpolizei und Arbeitsinspektorat)"; "Wirksame und abschreckende Strafen bei Lohndumping"; "Beschränkung von Subunternehmerketten" und "Öffentliche Auftragsvergabe mit umfassenden "Knock out Kriterien" um Sicherheit und Qualität zu erhöhen", werden etwa gefordert.

{title && {title} } LL, {title && {title} } 14.03.2025, 11:00
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