Kein Mordversuch
Schussattentat auf Brüder: Familienfehde endet im Häf’n
Nach einer "Aussprache" zwischen zwei einst befreundeten Familien gab es vier Schwerverletzte: Nun fielen die Urteile nach einer Schießerei in Wien.
Erst peitschten Schüsse durch Wien-Floridsdorf, dann lagen vier Männer in einer Blutlache, zwei Fahrzeuge brausten davon. Es waren actionreiche Szenen, die sich im Oktober 2023 zugetragen hatten – und nun vier Männer in Wien auf die Anklagebank brachten.
Ob damals Schutzgeld-Erpressung, der Streit um eine junge Frau oder gekränkte Familienehre der Auslöser war, blieb auch am letzten von mehreren Prozesstagen ungeklärt: Es fielen schließlich überraschende Urteile im Mordversuchs-Prozess gegen einen Vater (54) und seine drei Söhne (22, 25, 29). Die Mazedonier sollen Anfang Oktober des Vorjahres drei bosnisch-stämmige Brüder (22, 26, 27) und deren Bekannten mit mehreren Kugeln getroffen haben – drei Opfer überlebten nur knapp.
Schon bei einem Kampfsport-Event am Vortag sei es in der Wiener Stadthalle brutal zur Sache gegangen. Wie Videos aus dem Zuschauerraum zeigten, kam es zwischen den einst befreundeten Familien zu einer handfesten Schlägerei, bei denen die späteren Opfer noch die Oberhand behielten.
Nur wenige Stunden später kam es in Wien-Floridsdorf zur blutigen Rache – wir berichteten. Die vier Verdächtigen hatten den Opfern aufgelauert und sie dann mit Schüssen niedergestreckt. Ein 15-jähriger Zeuge musste alles mitanhören. "Ein Verletzter blutete am Oberschenkel und wehrte sich noch mit einem High-Kick."
Der Tatort: Hier kam es zur Schießerei auf offener Straße
Dann fielen "fünf bis sechs Schüsse" sehr schnell hintereinander. Ein Gutachter hatte bei der Verhandlung die erlittenen Schockverletzungen der Bosnier aufgezählt, die wie durch ein Wunder allesamt trotz Einschusslöchern in Bauch, Rücken und Beinen sowie klaffenden Schnittwunden überlebten.
Auf der Anklagebank des Wiener Landesgerichts gaben sich die großgewachsenen Nordmazedonier, die sonst lieber die Fäuste für sich sprechen lassen, erwartet wortkarg. Star-Anwalt Rudi Mayer übernahm für sie das Reden: "Es ging um ein Mädchen", meinte er. Die Aussprache sei ausgeartet, dann kam es zu gegenseitiger Gewalt.
"Ich habe herumgeschossen und wollte meinem Bruder helfen, den einer der Anderen im Schwitzkasten hatte", behauptete der Viertangeklagte. Zwar wurden Schmerzensgeld-Ansprüche der Opfer akzeptiert, den Verdacht des Mordversuchs bestritten alle Angeklagten bis zuletzt: "Ich habe auf die Beine gezielt. Ich wollte keine lebenswichtigen Organe treffen", so einer der Brüder zur angeblichen "Notwehrüberschreitung."
Das Urteil nach langer Beratung
Am Abend fiel das Urteil der Geschworenen, die die Angeklagten vom versuchten Mord freisprachen. Der Vater und der jüngste Sohn wurden für absichtliche schwere Körperverletzung zu fünf beziehungsweise sieben Jahre Haft verurteilt, die beiden älteren Söhne für schwere Körperverletzung beziehungsweise Raufhandel zu drei Jahren teilbedingt (ein Jahr unbedingt) beziehungsweise zu fünf Monaten bedingt. Alle Urteile sind noch nicht rechtskräftig.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Bei einem Schussattentat in Floridsdorf wurden vier Männer schwer verletzt, nachdem eine Aussprache zwischen zwei Clans eskalierte
- Die Schießerei war offenbar eine Racheaktion nach einer brutalen Auseinandersetzung bei einem Kampfsport-Event in der Wiener Stadthalle
- Die Angeklagten behaupteten, dass es um ein Mädchen ging und sie in Notwehr gehandelt hätten, aber das Gericht fällte ein anderes Urteil