Österreich

"Schule brennt": Immer mehr Lehrer rutschen ins Burnout

Pädagogen sind "an der Grenze der Belastbarkeit". Es fehlt an Personal und Ressourcen für die Kinder. Am 15.6. wird nun österreichweit protestiert.

Sandra Kartik
Am 15. Juni gehen Lehrer und Eltern am "Aktionstag Bildung" in ganz Österreich auf die Straße.
Am 15. Juni gehen Lehrer und Eltern am "Aktionstag Bildung" in ganz Österreich auf die Straße.
Tobias Steinmauer / APA / picturedesk.com

Den Lehrern und Schuldirektoren reicht’s! Immer mehr Pädagogen fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Seit der Pandemie hat sich die psychologische Belastung bei Schülern verdreifacht, auch bei Pädagogen ist sie "sehr hoch", berichtet Volksschullehrerin Amelia F. (Name geändert) aus ihrem Alltag. "Nach der Pensionierung unserer Beratungslehrerin kam fast zwei Jahre lang keine nach. Die Schulpsychologin habe ich in meiner ganzen Laufbahn noch nie persönlich gesehen, da sie viele Schulen gleichzeitig betreuen muss", berichtet die Wienerin leider nicht von einem Einzelfall. "Dass eine Kolleg:in nach der anderen ins Burnout rutscht, weil man die psychischen Probleme der Kinder nicht einfach mal pausieren kann, bis ausgebildete Unterstützung da ist, ist nicht mehr verwunderlich."

Im Video: Bildungsminister Martin Polaschek im "Heute"-Interview

Lehrer zahlen mit Privatgeld für Schule

Auch finanziell ist es für viele Schulen inzwischen so eng geworden, dass Lehrer immer mehr aus eigener Tasche bezahlen müssen. "Letztens trat ich in der Privatzeit auf eigene Kosten mit meinem Privatauto eine Dienstreise an. Ich habe dafür nicht einmal ein 'Danke' gehört", schildert BMHS-Lehrer Roman K. (Name geändert). "Wir zahlen mit unserem Privatgeld und unserem Einsatz, damit die Schule läuft. Ohne all diese guten Geister in der Lehrerschaft wäre das Schulsystem schon längst kollabiert", ist der Steirer sicher. 

Lehrer und Eltern demonstrieren

Beide Pädagogen teilen ihre Kritik und Verbesserungsvorschläge auf der gemeinsamen Plattform "Schule brennt". Gemeinsam mit betroffenen Eltern organisieren die Lehrer des Vereins am 15. Juni den "Aktionstag Bildung" in ganz Österreich. Nach einem "Bildungs-Picknick" vor der Votivkirche in Wien (15 Uhr), startet eine Demozug durch die Stadt. Parallel sind Kundgebungen, Picknicks und Demos in Graz, Linz, Innsbruck, Bregenz und Salzburg geplant.

Auch die Volksschullehrerin und Mama von zwei Kindern Sarah F. (Name geändert) geht am Donnerstag für bessere Bildungspolitik auf die Straße: "Es ist 2023. In meiner Klasse, die ich nächstes Schuljahr bekomme, gibt es kein W-LAN, ich habe eine Tafel ohne Flügel, die Computer, die ich normalerweise in den Unterricht einbaue, sind in einem anderen Zimmer", berichtet sie im "Heute"-Gespräch. "Es gibt keine Leinwand, um Power Points zu zeigen, etwa beim kommenden Elternabend. Ich kann nicht einmal einen Overhead-Projektor verwenden, weil ich keine freie Wand habe, um das drauf zu projizieren. Es ist ein ehemaliges Lehrerzimmer, das viel zu klein ist."

"Jede Woche weint eine Lehrerin"

Auch an der Schule der Wienerin, die sich in einem wohlhabenden Außenbezirk befindet, prägt Personalmangel den Alltag: "Unsere Beratungslehrerin wurde uns mitten im Jahr weggenommen. So ging das vielen Schulen. Es wird immer ein Loch gestopft, während ein anderes aufreißt." Immer mehr Lehrerinnen würden dazu verpflichtet, Überstunden zu machen – "bis zu fünf pro Woche".

Und auch an Sarah F.s Arbeitsplatz mussten heuer zwei Pädagogen wegen eines Burnouts in den Krankenstand. "Die LehrerInnen, die noch übrig sind und für unsere SchülerInnen brennen, brennen aus. Viele können nicht mehr. Es gibt kaum eine Woche, in der nicht eine KollegIn weint, weil die Belastung so hoch ist." Auch sie brenne für den Beruf, aber "ich überlege mir, ob ich das bis zum Ende meiner Karriere machen kann." Eine Kollegin betreut seit über 20 Jahren die Mehrstufen-Klasse, das ist ihr Herzensprojekt, aber auch sie will sich etwas Neues suchen. "Sie bleibt nur, weil sie so an ihren Schülern hängt", erzählt Sarah F. traurig.

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    21.12.2014: Magdeburg-Terrorist war bekannter Anti-Islam-Aktivist. Der mutmaßliche Täter des Anschlags von Magdeburg erhob schwere Vorwürfe gegen Deutschland und unterstützte Frauen, die aus Saudi-Arabien flüchteten.
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