Urteil bekannt
Schlafwandel-Ausrede: Ex-Staatsanwalt vergewaltigt Sohn
Wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit schwerem sexuellem Missbrauch seines Sohnes ist ein Ex-Staatsanwalt in Deutschland verurteilt worden.
In einem Prozess um sexuellen Kindesmissbrauch durch einen angeblich schlafwandelnden früheren Staatsanwalt hat das Landgericht Lübeck den Beschuldigten unter anderem wegen Vergewaltigung zu einer Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren verurteilt.
Davon gelten vier Monate bereits als verbüßt, wie die Vorsitzende Richterin Helga von Lukowicz am Landgericht Lübeck (Schleswig-Holstein) bei ihrer Urteilsbegründung am Mittwoch sagte.
Staatsanwalt forderte Freispruch
Die 7. Große Strafkammer glaubt damit nicht den früheren Einlassungen des Angeklagten, wonach er die Tat beim Schlafwandeln begangen haben will. In dem Ende Januar gestarteten Prozess hatte sich der 52 Jahre alte Mann nicht zu den Vorwürfen geäußert.
Mit seinem Urteil folgte das Landgericht der Nebenklage, nämlich der Mutter in Vertretung des minderjährigen Sohns. Diese hatte in der vergangenen Woche eine Verurteilung des Mannes wegen schweren sexuellen Missbrauchs des damals acht Jahre alten Jungen gefordert, auf ein konkretes Strafmaß in ihrem Plädoyer jedoch verzichtet. Staatsanwalt und Verteidigung des Angeklagten forderten hingegen einen Freispruch.
Zuvor nie Vorfälle mit Schlafwandeln gegeben
Der Beschuldigte hatte sich während des vor rund zwei Wochen begonnenen Prozesses in der schleswig-holsteinischen Stadt nicht mehr zu den Vorwürfen geäußert. Bei den vorangegangenen Ermittlungen hatte er aber ausgesagt, die Tat als Schlafwandler und somit im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen zu haben. Die Klärung der Frage nahm deshalb in dem Verfahren viel Raum ein.
Das Gericht überzeugte die Argumentation angeblichen Schlafwandelns am Ende nicht. Laut Sprecher verwies die Kammer unter anderem auf den Tatablauf, der als eine Art mehrstufiges Geschehen mit Interaktion und Reaktion zu verstehen sei. Außerdem habe es aus dem persönlichen Umfeld des Angeklagten keine Schilderungen von vergleichbaren Vorfällen mit Schlafwandeln gegeben.
Selbstanzeige
Der Fall hatte eine längere Vorgeschichte. Die Ermittlungen gegen den früher bei der Staatsanwaltschaft Lübeck tätigen Beschuldigten führte die Staatsanwaltschaft Kiel, die allerdings, ebenso wie später auch die schleswig-holsteinische Generalstaatsanwaltschaft, zunächst von einer Anklageerhebung absah. Das schleswig-holsteinische Oberlandesgericht in Schleswig ging dann im Rahmen eines Klageerzwingungsverfahrens aber von einem hinreichenden Tatverdacht aus, weshalb es doch zum Prozess kam.
Nach früheren Angaben der Staatsanwaltschaft hatte sich der Beschuldigte 2019 selbst angezeigt, nachdem er von Familienmitgliedern von seiner Tat erfahren haben wollte. Eigenen Angaben zufolge schlafwandelte er zur Tatzeit und hatte keine Erinnerung. Medienberichten zufolge reichte die Ehefrau des Angeklagten und Mutter des Kinds später die Scheidung ein. Es kam zur Trennung.