Klima und Ukraine-Krieg

Schäden so hoch wie bei Nutzung von 90 Mio. Autos

Russlands Krieg gegen die Ukraine hat gravierende Folgen für das Weltklima. An der Front werden unter anderem Milliarden Liter Treibstoff verbrannt.

Heute For Future
Schäden so hoch wie bei Nutzung von 90 Mio. Autos
Bohorodychne im Gebiet Donezk. Leidtragende des Krieges sind vor allem die Menschen, auch die Klimafolgen sind enorm.
ROMAN PILIPEY / AFP / picturedesk.com

Der Krieg in der Ukraine kostet unzählige Menschenleben, und er schädigt massiv das Weltklima. Denn durch den Krieg werden an der Front Milliarden Liter an Treibstoff verbrannt und Brände verursacht. Die Leidtragenden dieser "Klima-Kollateralschäden" seien vor allem die Menschen im globalen Süden, so die Autorinnen und Autoren des neuen Reports "Climate Damage Caused By Russia’s War in Ukraine".

Kriegsbedingte zusätzliche Emissionen sollen dem jährlichen CO2-Ausstoß der Niederlande entsprechen oder der jährlichen Nutzung von 90 Millionen Autos, berichtet die "Initiative On Greenhouse Gas Accounting Of War". Auf 120 Seiten listet der Bericht Dutzende Emissionsquellen auf. Die Autoren beziehen in ihre Berechnung auch Emissionen ein, die als Folgen des Krieges heute schon absehbar sind, berichtete die "ARD Tagesschau".

So werden 32 Prozent der klimaschädlichen, kriegsbedingten Emissionen durch den Wiederaufbau verursacht. Um die zerstörten Gebäude, Verkehrswege, Industrieanlagen (bis Februar 2024 gut neun Millionen Einheiten) wieder aufzubauen oder instand zu setzen, braucht es energieintensive Baumaterialien wie Beton und Stahl, die auch transportiert werden müssen. Auch zerstörte Maschinen und Fahrzeuge, die ersetzt werden müssen, sind in der Bilanz berücksichtigt.

51,6 Millionen Tonnen CO2

Zweitgrößter Faktor sind demnach die eigentlichen Kriegshandlungen, die 29 Prozent der Emissionen ausmachen. Dabei fallen allein für die Treibstoffverbräuche der militärischen Nutzfahrzeuge, Lastwagen, Panzer, Hubschrauber und Flugzeuge 44,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente an: 32,5 Millionen Tonnen auf russischer und 9,4 Millionen Tonnen auf ukrainischer Seite.

Hinzu kommen die Belastungen durch Artillerie, Minen, Bomben, Granaten und Munition - sowohl bei der Herstellung als auch beim Einsatz im Krieg. Relevant sind auch die militärischen Bauwerke auf beiden Seiten, wie Schutzmauern, Panzersperren und Schützengräben, für die spezielle energiehungrige Bagger eingesetzt werden. Insgesamt haben die Autoren rund um den niederländischen Klimaforscher Lennard de Klerk für den Bereich der Kriegshandlungen einen Ausstoß von 51,6 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente errechnet.

Aufrüstung, mehr Flüge in ganz Europa

Und sie erwähnen einen weiteren Faktor, der jedoch noch nicht konkret zu berechnen ist: die Aufrüstung in Europa und darüber hinaus. Auch das hat einen massiv klimaschädigenden Effekt, weil zusätzliche Rohstoffe für Kriegsmaterial abgebaut, Energie für die Waffenproduktion aufgewandt, Truppen verlegt oder zusätzliche militärische Übungen durchgeführt werden, berichtete die "ARD Tagesschau".

Der drittgrößte Faktor (14 Prozent) ist außerhalb der Ukraine oder Russland zu finden und betrifft die Auswirkungen auf den internationalen zivilen Luftverkehr. Durch die wegen der Sanktionen und Kampfhandlungen gesperrten Lufträume in der Ukraine, in Belarus und Russland sehen sich die Fluggesellschaften - mit Ausnahme der chinesischen - gezwungen, ihre Interkontinentalflüge weiträumig umzuleiten. Von Frankfurt nach Peking ist die Flugstrecke über das Schwarze Meer und Kasachstan jetzt 1.200 km länger, berichtete die "ARD Tagesschau".

Selbst innereuropäisch werden Flüge umgeleitet, zum Beispiel zwischen Moskau und Istanbul. Insgesamt steigt durch die längeren Flugstrecken der Kerosinverbrauch. Die Forscher gehen von einem Plus von mindestens 24 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente seit Kriegsbeginn aus, trotz der rückläufigen Flugbewegungen durch die Corona-Pandemie.

red
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