Szene
"Beim Punkrock steckt das Herzblut drinnen"
Fast im Alleingang hat Stefan Beham in den letzten Jahren in Wels ein Punkrock-Festival aufgezogen. Mit „Heute" hat er über seine Kunst und das Festival gesprochen.
Am 9. Mai soll im Alten Schlachthof von Wels in Oberösterreich das nächste SBÄM-Festival über die Bühne gehen. Mit Me First and the Gimme Gimmes, den Vandals, Frank Turner, Face to Face und Strung Out holt der Veranstalter auch diesmal wieder die absolute Elite des Punkrock ins Hausruckviertel. Momentan steht das Festival wegen der Ausnahmezustände rund um das Corona-Virus auf der Kippe, doch noch gibt man sich optimistisch, was die Durchführung betrifft.
Stefan Beham, aufgewachsen in der oberösterreichischen Provinz, ist jener Mann, der hinter der Marke SBÄM steckt. In hartnäckiger DIY-Manier hat sich der 38-Jährige als Artwork-Künstler in der US-amerikanischen Punkrock-Szene rasch einen Namen gemacht. Durch die dabei entstandenen Kontakte konnte er in den letzten Jahren zahlreiche namhafte Bands wie Lagwagon, NOFX oder Propagandhi nach Wels holen und die Stadt als punkigen Bauchnabel der heimischen Konzertlandschaft etablieren. Mit „Heute" hat der sympathische Künstler über seinen Werdegang, seine Liebe zum Punkrock und seine Zukunftspläne für die Kunst und das SBÄM-Festival geplaudert.
Heute: Was war zuerst da? Die Liebe für die Musik, den Punkrock? Oder die Liebe für die Kunst, das Zeichnen?
SBÄM: Ich glaube, es ist gleichzeitig gekommen. So im Alter von 12, 13 Jahren. Damals ist Green Day groß geworden, das war so der Startschuss. Da hat es angefangen. Dadurch, dass mein Vater eine Druckerei gehabt hat, wurde mir das Gestalten auch irgendwie in die Wiege gelegt.
Heute: Punkrock bestand in den 1990ern nicht nur aus der Musik, sondern war ein richtiges Lebensgefühl. War das bei dir ähnlich?
SBÄM: Ich bin im Bezirk Schärding aufgewachsen. Wir haben damals alle die Musik gehört. Jeder in meinem Freundeskreis ist mit Lagwagon und Fat (Wreck Chords, Anm.) groß geworden. Von dem Ort, aus dem ich komme, sind wir sicher immer mit vierzig Leuten zu Shows gefahren. Früher halt, jetzt nicht mehr. Zur Deconstruction Tour (Konzertreihe Anfang der 2000er, fand in Wien in der Arena statt, Anm.) sind wir immer gefahren.
Heute: Wie bist du dann zum Grafikdesign gekommen?
SBÄM: Über Umwege. Ich habe zuerst eine Maschinenbau-HTL gemacht und dann eine Lehre zum Grafiker. Dann habe ich studiert, lange in Tulln gearbeitet und in Hamburg. Es war aber noch nichts Künstlerisches, sondern Werbung, Kampagnen, Corporate Design. Das wurde langsam langweilig. Dann ist die Sache mit dem Artwork gekommen, anfangs nur aus Spaß. Als ich im Jahr 2015 einen Design-Preis für Joey Cape (Sänger der Band Lagwagon, Anm.) gewonnen habe, war das der Startschuss. Da habe ich gemerkt, dass mir das richtig Spaß macht. Man lernt Leute kennen.
Heute: Das heißt, du hast den Punkrock über die Jahre nie aus den Augen verloren?
SBÄM: Genau. Das mit den Artworks war dann eine Möglichkeit für mich als Fanboy, etwas für meine Lieblingsbands zu machen. Und so ist es dann auch passiert. Ich bin dann mit Joey Cape weiter in Kontakt gestanden, durfte auch für Me First and the Gimme Gimmes und Bad Astronaut etwas machen. Dann wurde ich nach Amsterdam eingeladen zu einem Konzert von Me First and the Gimme Gimmes. Da ist das alles dann irgendwie entstanden, ich habe andere Bands kennengelernt. Auch die Zusammenarbeit mit Destiny Torubooking. Denen hab ich anfangs immer meine Ideen geschickt, ein paar wurden genommen. Mittlerweile bin ich dort der Haus- und Hofgrafiker.
Heute: Du bist also ziemlich schnell in die Szene reingewachsen?
SBÄM: Ich habe wirklich tausende E-Mails geschickt, nie eine Antwort bekommen. Vereinzelt bekam ich dann Antworten, hab mal für die was gemacht, dann für jemand anderen. So hatte ich einige Referenzen. Am Anfang war alles nicht so gut, wie es jetzt ist.
Heute: Hast du damals nebenbei noch einen Beruf ausgeübt?
SBÄM: Ja, ich habe bis vor einem dreiviertel Jahr noch gearbeitet. Ich wollte mich immer selbstständig machen, nur ist es sich finanziell nie ausgegangen. Dann ist es sich zeitlich nicht mehr ausgegangen, dass ich zwei Sachen gleichzeitig mache, also musste ich eine Entscheidung treffen. Entweder ich probiere es jetzt und schaue, ob das aufgeht, oder ich arbeite einen Job weiter, der mich nicht mehr interessiert, aber ich verdiene Geld. Ich habe mich für dafür entschieden, es zu probieren. Jetzt ist es gerade der Weg dorthin, dass es irgendwann so läuft, dass man gescheit davon leben kann.
Heute: Gibt es irgendeine Band, für die noch unbedingt in der einen oder anderen Form ein Artwork machen möchtest?
SBÄM: Momentan bin ich gerade dran, was für blink 182 zu machen. Ich schreibe gerade mit Travis, dem Schlagzeuger. Da wird sich etwas ergeben. Dann gäbe es auch noch Green Day. Für Bad Religion würde ich auch gern etwas machen. Die Dropkick Murphys. Es gibt schon noch Einige.
Heute: Du hast schon in San Francisco und in Italien Teile deiner Artworks ausgestellt. Gibt es für Österreich ähnliche Pläne?
SBÄM: Österreich ist in der Hinsicht etwas schwierig, weil der Markt dafür einfach zu klein ist. Ich bin in Kalifornien sicher bekannter als in Österreich, was irgendwie traurig ist. Das nächste Ziel ist eine Artshow-Tour durch die USA. In Kalifornien anfangen, quer durch den mittleren Westen fahren und dann in New York die letzte Ausstellung machen. In jeder Stadt auch eine Band dazunehmen, die ein Akustik-Set spielt, das ist der Plan.
Heute: Wo war dann die Schnittstelle mit den Live-Konzerten, mit den Festivals? Wie bist du auf die Idee gekommen, deine Kontakte in die Punkrock-Szene zu nutzen, um Shows zu veranstalten?
SBÄM: Ich habe schon vor 15 Jahren bei mir am Land ab und zu Konzerte veranstaltet, mit der Terrorgruppe, mit 3 Feet Smaller, den Wohlstandskindern. Das hat sich aber wieder aufgehört. Mir hat das immer getaugt, Bands zu buchen. Vor allem Bands, die einem selber gefallen, die man sonst nirgends sieht. Dann waren die Kontakte wieder so gut, dass ich es einfach wieder probiert habe. Ich probiere jetzt immer, Bands zu holen, die schon seit 10, 15 Jahren nicht mehr in Österreich gespielt haben oder noch nie hier waren.
Heute: Wie bist du auf den Alten Schlachthof in Wels als Veranstaltungsort gekommen?
SBÄM: Ich habe etwas für Krautschädl (Rockband aus Wels, Anm.) gemacht und wurde dann zu einem Konzert in den Schlachthof eingeladen. Ich war vorher noch nie dort. Als ich in Richtung Schlachthof gegangen bin, habe ich mir nur gedacht – Wie geil ist denn das? Die Location ist genial, ein kleiner Verwandter zur Arena in Wien. Deshalb wollte ich dort unbedingt etwas machen. Am Anfang war man allerdings ein bisschen skeptisch, weil der Schlachthof ist nicht mehr das, was er früher einmal war, in den 199oern. Jetzt finden dort eher Kabarett und Jazz statt. Wir haben rund drei Monate gekämpft, dass ich das machen darf. Mittlerweile funktioniert es super. Es ist ein beidseitiger Profit – sie bekommen wieder einen Namen, dass sich dort etwas tut und ich habe meine Location.
Heute: Kann man das noch mehr ausreizen? Du machst jetzt zwei Mal im Jahr das SBÄM-Festival in Wels? Gibt's Pläne, da noch mehr zu machen?
SBÄM: Nein, das wäre für Österreich der totale Overkill. Ich merke es jetzt schon, dass zwei Festivals der Overkill sind. Die Punkszene ist auch nicht mehr das, was sie in den 90ern war. Wenn man sich das Publikum anschaut in Wels, liegt der Altersschnitt bei 30 Plus. Keine Kiddies mehr also, deswegen gibt es auch die Aktion, dass man unter 18 Jahren gratis reinkommt. Ich finde es einfach gut, wenn mehr Jugendliche kommen und die Musik wieder kennenlernen. Österreich ist da generell schwierig. In Norddeutschland könnte ich wahrscheinlich jedes Monat ein Festival machen und es wären 5.000 bis 10.000 Leute da. In Österreich hast du das Punk in Drublic-Festival, das Nova Rock, wo auch Punkbands spielen, du hast das Punkrock Holiday in Slowenien, wo alle hinpilgern.
Heute: Könntest du dir mit deiner Erfahrung vorstellen, musikalisch über den Tellerrand zu schauen? Ein SBÄM-Hip Hop-Festival oder eine Pop-Edition?
SBÄM: Nein, ich hab mir das zwar schon ein paar Mal überlegt, aber beim Punkrock steckt das Herzblut drinnen. Das ist das, was ich machen will, da geht es mir nicht um die Kohle. Darum macht es mir wahrscheinlich auch so viel Spaß und darum mache ich es wahrscheinlich noch immer.
Heute: Gibt's Überlegungen, größere Konzerte zu veranstalten? In Linz zum Beispiel.
SBÄM: Es war einmal der Gedanke da, zum Beispiel die Donaulände ist da supercool. Der Flair ist einfach geil dort. Du bist direkt neben der Donau, bist auch direkt in der City. Mal schauen, so etwas ist auch immer mit Kosten verbunden. Der Schlachthof ist super, die Kosten sind überschaubar, das Team ist klasse. Wenn es irgendwann einmal leistbar wird, reden wir dann aber schon von anderen Acts. Da wäre dann NOFX zu wenig. Da muss man dann blink 182 oder Bad Religion auftreten lassen, dass sich das finanziell auszahlt.
Heute: Wie ist das mit der Resonanz von Fans? Gibt es Leute, die sich drüber aufregen, dass Bands jetzt nicht mehr in die Arena kommen, sondern eher nach Wels?
SBÄM: Ich höre das manchmal, wenn ich in Wien bin, warum das nicht in Wien stattfindet. Gleichzeitig höre ich aber von Leuten bei Konzerten in Wels, die aus Wien sind, dass sie sehr gerne hierher fahren. Der bequeme Wiener kommt nicht, weil er es gewohnt ist, dass die Konzerte in Wien sind. Die, die gerne wohin reisen, um ein bisschen Festivalfeeling zu haben, die kommen gern. Und das sind viele Wiener.
Heute: Wie schaut sonst das Einzugsgebiet für die Konzerte in Wels aus?
SBÄM: Aus Linz kommt extrem wenig. 20 bis 30 Leute, viel ist das wirklich nicht. Die Vöcklabrucker Gegend ist ziemlich stark, Wien, Bayern und Norddeutschland. Für das SBÄM Festival im Mai haben wir auch viele Karten nach Russland verkauft, nach Italien, Finnland, Norwegen und auch nach Kanada und Australien.
Heute: Wie ist der Plan für das SBÄM-Festival? Wie soll es da weitergehen?
SBÄM: Es soll sich mehr als Marke etablieren, ein Synonym für Punkrock werden. Es soll sich ähnlich etablieren wie die Vans Warped-Tour (jährliche Tour von Punkrock-Bands in den USA, Anm.). Ein Franchise in anderen Städten wäre auch eine Idee. Momentan noch Zukunftsmusik.