Niederösterreich

Sarah aus NÖ darf mit 36 aus Kinderzimmer ausziehen

Sarah leidet an einer Autoimmunerkrankung. Der Niederösterreicherin wurde die Sozialhilfe gestrichen, seither behandelt sie das Amt wie ein Kind.

Sandra Kartik
Die kranke Niederösterreicherin Sarah kämpfte vor Gericht dafür, endlich von daheim ausziehen zu dürfen.
Die kranke Niederösterreicherin Sarah kämpfte vor Gericht dafür, endlich von daheim ausziehen zu dürfen.
privat, iStock

Sie teilt ihr gesundheitliches Los mit Stars wie Lady Gaga oder Seal. Sarah hat Lupus, eine entzündliche Autoimmunerkrankung, die bei ihr vor allem Gelenke und Muskeln belastet. Ein leichter Schlaganfall, Epilepsie, wochenlange Krankenhausaufenthalte und schwere Therapien liegen hinter ihr. "Schmerzfreiheit gibt es leider nie", erzählt die Niederösterreicherin im "Heute"-Gespräch tapfer.

Sozialhilfe gestrichen, Eltern sollen zahlen

Anders als die Superstars hat die 36-Jährige jedoch keinerlei finanzielle Mittel, um ihren Alltag zu erleichtern. Wegen ihrer chronischen Erkrankung, an der sie seit ihrem 19. Lebensjahr leidet, kann sie nur sehr eingeschränkt arbeiten. Sarah wird rechtlich als Mensch mit Behinderung eingestuft. Als das Gesetz in Niederösterreich 2017 geändert wurde, bekam sie außerdem keine Sozialhilfe mehr. "Auf einmal hieß es, meine Eltern sollen für mich Unterhalt zahlen. Doch sie haben selbst kein Geld". Die beiden Pensionisten haben Schulden, weil ihre Firma vor Jahren in Konkurs gegangen ist.

"Ich bin 36 Jahre alt und werde von den Behörden als erwerbsunfähiges Kind bezeichnet", ärgert sich Sarah. "Ich sollte ewig bei meinen Eltern wohnen." Durch das "schlimm verschlechterte Gesetz in Niederösterreich" kam die ganze Familie an ihre emotionalen und finanziellen Grenzen. "Wir haben uns teilweise das Heizen nicht mehr leisten können." Sarah beschloss, vor Gericht zu ziehen, weil diese finanzielle Belastung für ihre Eltern "nicht zumutbar" ist. 

"Almosenhafte Fürsorge"

"Die schlechte Sozialhilfe hat so viele Gräben aufgerissen. Die negativen Auswirkungen auf Menschen mit Behinderungen, Wohnen, Frauen in Not, Gesundheit, Kinder und Familien sind massiv. Die Verschlechterungen treffen alle", sagt Martin Schenk von der Armutskonferenz über Sarah und viele in vergleichbaren Situationen. Das Netzwerk, deren Mitglieder über 500.000 Menschen im Jahr betreuen, fordert deshalb eine neue Mindestsicherung. Das Sozialhilfegesetz sei so problematisch, weil es sozialstaatliche Leistungen in "almosenhafte, bevormundende Fürsorge überführt hat."

Sarah hat nach Jahren nun endlich erreicht, dass sie aus ihrem Kinderzimmer in eine eigene, 40 Quadratmeter große Wohnung ziehen konnte. "Ich wurde zur Unabhängigkeit erzogen", betont die 36-Jährige. Deshalb sei auch eine Beziehung für sie nicht einfach zu führen. "Ich darf eigentlich nie heiraten, sonst müsste mein Mann für mich bezahlen. Es ist ein Teufelskreis von Abhängigkeiten – erst die Eltern, dann der Partner. Dagegen kämpfe ich."

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