"Kein Plan B"
Salzburg stimmt am Sonntag über Jahrhundert-Projekt ab
Nach über 40 Jahren kommt es in Salzburg am Sonntag zur Volksbefragung über ein Projekt, das den Öffentlichen Verkehr revolutionieren soll.
Es wird ernst. Seit 1982 wird in Salzburg über den Bau einer Bahn diskutiert, 1989 haben Land und Stadt das Projekt beschlossen – eigentlich. Bekanntlich wurde daraus nichts, ehe später SPÖ-Bürgermeister mehrere Vorstöße versuchten. Selbst der aktuelle Stadt-Chef Bernhard Auinger war einst noch für die Verlängerung der Lokalbahn durch die Stadt, nun ist er der einzige Gegner.
Ob FPÖ, ÖVP, Grüne, NEOS oder KPÖ – sämtliche politische Player inklusive Jugendorganisationen drängen auf ein "Ja" bei der anstehenden Volksbefragung. Die SPÖ hingegen kritisiert die Kosten, will stattdessen mehr Busse und den Autos das Leben in der Stadt schwerer machen.
Was ist der S-Link?
Aktuell endet die Salzburger Lokalbahn unterirdisch am nördlich gelegenen Hauptbahnhof. Als "S-Link" soll sie künftig weiter unterirdisch das Stadtzentrum durchqueren, im Süden wieder an die Oberfläche treten und dann bis zur zweitgrößten Stadt Hallein führen.
Die fast 70.000 täglichen Pendler hätten dadurch eine schnellere Verbindung in, aus und durch die Stadt. Touristen, die aktuell oft mit Reisebussen und privaten PKW die Innenstadt verstopfen, wären in zwei Minuten vom Hauptbahnhof in der Altstadt. Die Kosten trägt zur Hälfte der Bund, eine Milliarde Euro würde dadurch nach Salzburg fließen.
Vom S-Link abhängig sind auch weitere Schienenprojekte, etwa eine Reaktivierung der Ischler-Bahn, eine Verbindung zur Messe bzw. zum Flughafen, die Öffnung der Stiegl-Bahn für den Personen-Verkehr oder die Wiedererrichtung der Bahn nach Berchtesgaden, für die wohl weitere Mittel der EU bereitgestellt werden würden.
Öffis oder Pflege?
Im Vorfeld der Abstimmung kam es dabei auch zu fragwürdigen Statements, so spielten die roten Gewerkschafter die Pflege gegen Öffis aus. "Euer Ernst?" und "Tief", reagierten pinke und grüne Nationalratsabgeordnete.
Am Wort sind nun jedenfalls die 250.000 Bürger im Flachgau, Tennengau und der Stadt. Rund 27.000 Wahlkarten wurden beantragt. Um 7 Uhr öffnen am Sonntag die ersten der 150 Wahllokale. Um 16 Uhr schließen die ersten wieder, sodann trudeln erste Daten auf der Seite des Landes ein. Gegen 18 Uhr wird ein erstes Ergebnis erwartet.
Letztes Aufbäumen
In den Tagen davor bäumten sich Befürworter und Gegner noch ein letztes Mal auf. Am Freitag gab es eine Abschlusskundgebung der Initiative "DAFÜR", am Samstag folgte ein Banner-Drop am Kapuzinerberg. Schon zuvor schwor sich die Landesregierung auf die Abstimmung ein.
"So weit waren wir noch nie. Wir sind jetzt in einer Phase wo die Finanzierung steht, der Bund einen großen Teil der Kosten übernimmt, es eine Planung gibt und auch für einen Teil die UVP abgeschlossen ist. Wir haben jetzt die letzte Chance das umzusetzen - wenn nicht, geht die Milliarde des Bundes woanders hin", sagt Landeshauptmann Wilfried Haslauer.
Die Fragestellung: "Soll das Land Salzburg darauf hinwirken, dass im Interesse der Verkehrsentlastung die Verlängerung der Lokalbahn bis Hallein (S-LINK) als Teil einer Mobilitätslösung, die auch Stiegl- und Messe-/Flughafenbahn vorsieht, umgesetzt wird?"
FPÖ-LH-Stv. Marlene Svazek appelliert ebenfalls, das Kreuz bei "Ja" zu machen. "Viele, die am Sonntag abstimmen, werden die Auswirkungen der Mobilitätslösung nicht mehr erleben. Denken wir also an die Kinder und Enkel und daran wo wir als Salzburg uns noch hinentwickeln wollen. Es gibt keinen Plan B, der auch nur ansatzweise an das nun zur Abstimmung stehende Projekt herankommen könnte."
"Keine Alternative"
Bürgermeister Auinger als einziger Gegner beklagt eine fehlende Gesprächskultur und sagt, man könne sich den S-Link schlichtweg nicht leisten. Auch er gestand aber ein, dass es "keine gleichwertige Alternative", wohl aber billigere Lösungen geben würde. Sollte er doch kommen, werde er im Bildungs- und Sozialbereich "den Sparstift" ansetzen.
Verkehrs-Landesrat Stefan Schnöll findet hingegen: "Es gibt keine substanzielle Kritik am S-LINK." Nur die Kosten werden diskutiert, von denen der Bund aber einen erheblichen Anteil trägt. "Wir wissen aus der Erfahrung, dass Versäumnisse in der Infrastruktur kaum aufzuholen sind und später teuer nachgeholt werden müssen. Denken wir über Generationengrenzen hinweg, packen wir unseren Mut zusammen und stimmen wir am Sonntag dafür. Salzburg zeichnet aus, dass wir nicht nur an uns selbst, sondern auch das Land denken."
Auf den Punkt gebracht
- Am Sonntag stimmen die Bürger in Salzburg über das seit Jahrzehnten diskutierte Bahnprojekt ab, das von allen politischen Parteien außer der SPÖ unterstützt wird
- Während die Befürworter auf die langfristigen Vorteile und die finanzielle Unterstützung des Bundes hinweisen, kritisiert Bürgermeister Auinger die hohen Kosten und fordert stattdessen günstigere Alternativen