Welt

Russischer Aufdecker stirbt durch Fenstersturz

Heute Redaktion
Teilen
Ein undatiertes Foto von Maxim Borodin. Es wurde vom russischen Pressedienst "Novy Den" veröffentlicht.
Ein undatiertes Foto von Maxim Borodin. Es wurde vom russischen Pressedienst "Novy Den" veröffentlicht.
Bild: EPA

Investigativ-Journalist Maxim Borodin ist nach einem Sturz vom Balkon seiner Wohnung gestorben. Angeblich ein Unfall, die Behörden sehen keinen Anlass für Ermittlungen.

Maxim Borodin, ein russischer Journalist, der über Moskaus "Schattenarmee" in Syrien berichtet hatte, ist nach einem Sturz vom Balkon seiner Wohnung in Russlands viertgrößter Stadt Jekaterinburg gestorben.

Es gebe "aber kein Anzeichen dafür, dass ein Verbrechen begangen wurde", erklärte die zuständige Ermittlungskommission am Montag gegenüber der Nachrichtenagentur TASS. Für die Einleitung entsprechender Ermittlungen sehe sie keinen Anlass. Vielmehr gehe sie von einem "unglücklichen Vorfall" aus.

Medienbeauftragte fordern, dass der Tod untersucht wird

Der 32-jähriger Investigativjournalist war am Freitag vom vierten Stock eines Hauses gestürzt. Berichten zufolge erlag er am Sonntag im Krankenhaus seinen Verletzungen.

Borodin arbeitete für den Pressedienst "Nowi Den" (Neuer Tag) und hatte jüngst über den Tod mehrerer russischer Söldner der so genannten "Gruppe Wagner" in Syrien geschrieben. Das private russische Sicherheitsunternehmen kämpft seit 2015 in Syrien.

Harlem Désir, Beauftragter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) für die Freiheit der Medien, erklärte am Montag auf Twitter, Borodins Tod sei Anlass für "ernsthafte Besorgnis". Er forderte von den Behörden eine "rasche und gründliche Untersuchung".

Private Sicherheitsdienste für Assad

Der Journalist hatte jüngst über den Tod mehrerer Russen in Syrien geschrieben. Die Männer, bei denen es sich nicht um Soldaten gehandelt hatte, waren nach Angaben Moskaus im Februar bei Luftangriffen der US-geführten Koalition im Osten Syriens getötet worden. Es war die erste offizielle Bestätigung nicht-militärischer, in Kampfhandlungen verwickelter Kriegsopfer.

In der Vergangenheit hatte es bereits vereinzelt Berichte über Russen gegeben, die für private Firmen in Syrien kämpften – möglicherweise, um für Präsident Baschar al-Assad Ölfelder zu sichern.

Neue Gruppe unter der Leitung eines gewissen "Wagner"

Bereits 2014 wurden zwei Männer in Russland zu drei Jahren Gefängnis verurteilt, weil sie mehr als 200 ehemalige Militärangehörige für eine Söldnertruppe mit dem Namen Slawisches Corps rekrutiert hatten. Zweck der Rekrutierung war ein Einsatz in der syrischen Provinz Deir Essor, in der im Februar fünf Russen bei Kampfhandlungen getötet wurden.

Nach Angaben der Internetseite Fontanka, welche die Rolle privater Sicherheitsfirmen im Syrienkonflikt dokumentiert, wurde das Slawische Corps nach der Verurteilung seiner Chefs das Kernstück einer neuen Söldnertruppe unter der Leitung des ehemaligen Mitglieds Dmitri Utkin, Spitzname Wagner.

2.000 bis 3.000 russische Söldner in Syrien

Utkin und die sogenannte Gruppe Wagner tauchen auf einer schwarzen Liste des US-Finanzministeriums auf, weil sie Soldaten in die Ost-Ukraine geschickt haben sollen, um an der Seite der pro-russischen Separatisten zu kämpfen. Laut Fontanka ist die Gruppe Wagner seit Ende 2015 in Syrien aktiv.

Eine als Konfliktinformationsteam (CIT) bekannte Bloggergruppe nennt das private Sicherheits-Militärunternehmen Wagner "Russlands Schattenarmee in Syrien". Das Unternehmen hat laut CIT etwa eine wichtige Rolle bei der Rückeroberung der syrischen Oasenstadt Palmyra gespielt. Wie viele seiner Kämpfer in Syrien im Einsatz sind, ist unklar. Der unabhängige russische Militärexperte Pawel Felgenhauer schätzte ihre Zahl im vergangenen Jahr auf 2.000 bis 3.000 Söldner.

Beziehungen zu den Troll-Fabriken

Im Gegensatz zu seinen Vorgängern und trotz eines entsprechenden Gesetzes wurde Utkin bisher in Russland nicht rechtlich für sein Engagement belangt. Stattdessen wurde er im Dezember 2016 in Moskau ausgezeichnet – laut Kreml als Veteran.

Wer kämpft eigentlich gegen wen im Norden Syriens?

Wagner wird Medienberichten zufolge vom Unternehmer und Putin-Verbündeten Jewgeni Prigoschin aus St. Petersburg finanziert. Prigoschin hat mit zahlreichen Aufträgen aus dem russischen Verteidigungsministerium ein Vermögen gemacht und steht wegen mutmaßlicher Einflussnahme auf die US-Wahlen 2016 mithilfe sogenannter Internet-Trolle ebenfalls auf der schwarzen Liste des US-Finanzministeriums.

Fast die Hälfte der Söldner sind Ex-Häfnbrüder

Prigoschin gründete nach Angaben eines ehemaligen Wagner-Söldners die Firma Ewro Polis, die im Auftrag der syrischen Regierung Öl- und Gaseinrichtungen sichert und dafür mit 25 Prozent an der künftigen Produktion beteiligt ist. Demnach zahle Ewro Polis jedem Wagner-Söldner zwischen 3.500 und 5.000 Dollar im Monat.

Die Wagner-Rekruten bestünden zu 40 Prozent aus ehemaligen Häftlingen, sagte das ehemalige Mitglied der Gruppe dem Magazin "Sowerschenno Sekretno". Wegen der "schlechten Qualität" der Rekruten sei es zum Bruch mit Moskau gekommen. Der Kreml übe nur begrenzte Kontrolle über die russischen Söldner in Syrien aus.



Die Bilder des Tages

1/51
Gehe zur Galerie
    <strong>22.11.2024: So will Neos-Chefin die Mindestsicherung neu aufsetzen.</strong> Beate Meinl-Reisinger spricht erstmals in "Heute" über Koalitionsverhandlungen, nötige Reformen – <a data-li-document-ref="120073911" href="https://www.heute.at/s/so-will-neos-chefin-die-mindestsicherung-neu-aufsetzen-120073911">und warum sie Entlastungen für notwendig erachtet.</a>
    22.11.2024: So will Neos-Chefin die Mindestsicherung neu aufsetzen. Beate Meinl-Reisinger spricht erstmals in "Heute" über Koalitionsverhandlungen, nötige Reformen – und warum sie Entlastungen für notwendig erachtet.
    Helmut Graf

    (kle/20 Minuten)