Ukraine
Russische Truppen lassen Höllenfeuer auf Bachmut regnen
Wladimir Putins Armee soll die ukrainische Stadt Bachmut mit geächteten Phosphor-Bomben beschossen haben. Ganze Straßenzüge standen in Flammen.
Russische Truppen sollen die seit zehn Monaten umkämpfte Geisterstadt Bachmut am Freitag und Samstag mit Phosphor-Munition beschossen haben. Das Spezialkräftekommando der ukrainischen Armee veröffentlichte via Facebook Videos, die direkt aus der Hölle zu stammen scheinen.
Aus der Drohnenperspektive ist zu sehen, wie es Feuer regnet über einer Stadt, die Bachmut sein soll. Überall lodern Brände, ganze Straßenzüge stehen in Flammen:
"Bachmut. Phosphor-Munition. Erbärmliche Bastarde. Die gleiche Situation wie in Mariupol. Wenn sie nicht vorankommen, wird Phosphor-Munition abgefeuert!", donnert Petro Andrjuschtschenko, Berater des Bürgermeisters von Mariupol, in einer Reaktion.
Im Kampf um die mittlerweile besetzte Hafenstadt hatte die russische Armee ebenfalls auf die geächtete Brandwaffe zurückgegriffen. Auch bei Popasna sollen diese eingesetzt worden sein. Dort hätten sie "unbeschreibliches Leid und Brände" verursacht.
Der Pressedienst der ukrainischen Spezialeinheiten erklärte dazu, dass man trotzdem Bachmut mit allen Mitteln weiter verteidigen werde.
Weißer Phosphor: geächtete Waffe
Der Einsatz von Phosphor ist in dicht besiedelten Gebieten nach internationalem Recht verboten, gilt aber nach dem Chemiewaffenübereinkommen nicht als chemische Waffe. Weißer Phosphor, der sich bei Kontakt mit der Luft entzündet, wird häufig eingesetzt, um feindliche Ziele zu markieren und eine Nebelwand zu erzeugen, um Truppenbewegungen zu verbergen.
Laut einem Bericht von "Human Rights Watch" haben Phosphorexplosionen grausame Folgen für Menschen. Bei Kontakt verursacht weißer Phosphor thermische und chemische Verbrennungen, Schäden an den Atemwegen, Erstickungsanfälle und Kohlenmonoxidvergiftungen, was oft zu einem langsamen Tod führt. Opfer eines Phosphorangriffs leiden unter Umständen unter starken Schmerzen, schweren Infektionen, Organversagen, Verstümmelungen und lebenslangen Behinderungen.
Wagner drohte mit Abzug aus Bachmut
Nach Ankündigung ihres Abzugs aus der umkämpften ukrainischen Stadt Bachmut soll die russische Söldnertruppe Wagner nach eigenen Angaben nun doch die geforderte Munition und Verstärkung aus Moskau erhalten. "Uns wurden so viel Munition und Waffen versprochen wie zur Fortsetzung der Kampfhandlungen nötig", sagte der Chef der Wagner-Truppe, Jewgeni Prigoschin, am Sonntag auf dem Telegram-Kanal seines Pressedienstes. Zudem sei ihm Flankenschutz zugesichert worden, damit seine Einheiten nicht Gefahr liefen, eingekesselt zu werden. Moskau äußerte sich zunächst nicht dazu.
Für die Koordination der Söldner mit den regulären Einheiten sei General Sergej Surowikin zuständig – "der einzige Mensch mit Generalsstern, der was vom Kämpfen versteht", befand Prigoschin. Der Wagner-Chef hatte in der Vergangenheit mehrfach das russische Verteidigungsministerium für die hohen Verluste seiner Söldnertruppe in Bachmut verantwortlich gemacht.
Mehr lesen: Wagner-Boss mit Schock-Nachricht für die Ukraine
"Zehntausende" Verluste für Wagner
Wegen fehlender Artilleriemunition seien die Ausfälle beim Sturm der Stadt fünfmal so hoch wie nötig, sagte er. Deswegen verkündete er zuletzt den Abzug seiner Einheiten ab dem 10. Mai. Noch in der Nacht hatte er die Entscheidung mit der drohenden Gefahr eines Aufreibens seiner Truppe gerechtfertigt. Er behauptete, dass in der Schlacht um Bachmut 50.000 Ukrainer gefallen sein, räumte aber zugleich "Zehntausende" Tote und Verletzte auf eigener Seite ein.
Prigoschin gilt wie Surowikin oder auch der tschetschenische Machthaber Ramsan Kadyrow, dessen Einheiten die Wagner-Positionen in Bachmut eigentlich übernehmen sollten, als Hardliner in Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine. Experten sprechen von einem Machtkampf innerhalb der russischen Elite, der die Effizienz der Kriegsführung Moskaus weiter schmälert.