"ZiB2"-Interview
Rudi Anschober packt über die Anfänge der Pandemie aus
"Wir waren am Beginn natürlich alle unter Schock", beschreibt Anschober die ersten Wochen der Pandemie. Würde er heute etwas anders machen?
Die Bundesregierung hat am Donnerstag den Aufarbeitungsprozess zur Corona-Pandemie beendet und ihre Erkenntnisse daraus präsentiert. Kurz um: Teile der Maßnahmen hätten zu einem Vertrauensverlust in die Politik geführt und Wissenschaftsskepsis befeuert, die Gesellschaft polarisiert. Schulschließungen und die Abschottung alter Menschen in Pflegeheimen wurden dabei klar als Fehler benannt. Daraus wolle man nun Lehren ziehen.
In der schwierigen Situation, der erste Gesundheitsminister zu sein, der auf diese Pandemie und das völlig neue Virus reagieren muss, war Rudolf Anschober (Grüne). Ein gutes Jahr nach Ausbruch trat er von seinem Amt zurück – von Überlastung und Überarbeitung war die Rede. Trotzdem war einer der Hauptverantwortlichen für diese Maßnahmen. Am Freitag sollte es dazu ein spannendes Gespräch bei Margit Laufer in der "Zeit im Bild 2" geben.
Schock
"Wir waren am Beginn natürlich alle unter Schock", beschreibt Anschober rückblickend die ersten Wochen der Pandemie. Man habe die Bilder aus Italien und China gesehen, deswegen sei es zu Beginn die richtige Reaktion gewesen, möglichst viele Menschenleben retten zu wollen. Man habe ja nie gewusst, wie lange das noch dauert.
Die Solidarität war zu Beginn noch "ganz großartig". Im Herbst dann habe das Mitmachen abgenommen und eine Parteipolitisierung sei eingetreten. Deswegen habe er versucht, rhetorisch zugespitzt darauf aufmerksam zu machen, dass eine ganz "entscheidende" Phase bevorstehe. Gefragt nach seinem größten Fehler will er keine klare Antwort geben. Das größte Problem sei jedenfalls die mangelnde Vorbereitung gewesen.
Den Konsens mit Sebastian Kurz und der türkisen ÖVP zu finden sei in der Anfangsphase sehr leicht gewesen., in den meisten Punkten sei man sich stets einige gewesen. Schon nach 1,5 Stunden war man sogar beim ersten Lockdown mit Bundespräsidenten und Landeshauptleuten abgestimmt. Geschadet habe dann eben die Parteipolitik, wodurch auch die Kooperation schwieriger wurde.
Er würde es genau so machen
"Die Impfung hat uns enorm viel geholfen", die dürfe man jetzt nicht diskreditieren. Wie die Bevölkerung ganz zu Beginn mitmachte, war erstaunend. Danach sei der Fehler gemacht worden, den Diskurs über Pandemie und Maßnahmen zu lange den Gegnern überlassen zu haben. "Nur wenn wir reden miteinander, werden wir diese Gesundheitskompetenz wieder ganz gut verbessern."
Sein Rücktritt war die richtige Entscheidung, ist er sich heute sicher. Nach einer Auszeit wäre er zwar wohl wieder fit zurück zu kommen, doch in einer Pandemie geht das nicht. Mit Wolfgang Mückstein habe man hier einen hochkompetenten Arzt gefunden. "Natürlich hat es mir Leid getan", er hätte es sehr gerne weitergemacht.
Was würde er heute anders machen? In der ersten Phase hätte Anschober genau so gehandelt, in der zweiten Phase hätte er die Opposition stärken miteinbezogen.