Wien
Renate tötete Mann im AKH – nun erkrankte sie an Krebs
Vor Gericht gab es bisher keine rechtskräftige Strafe für Renate E. Doch die Wienerin, die ihren Freund tötete, muss nun eine andere Last tragen.
"Ich würde es wieder tun", sagte Renate E. bei ihrem Prozess im September 2019, zu dem sie auf freiem Fuß erschienen war und bereitwillig Interviews gegeben hat. Wie von "Heute" ausführlich berichtet, stand die Wienerin in Wien vor Gericht, da sie bei ihrem schwerkranken Partner im AKH die Beatmungsschläuche gezogen hat. Geschworene verurteilten sie mit 7:1 Stimmen wegen Mordes. Das Urteil (drei Jahre Haft, davon eines unbedingt unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts) wurde später aufgehoben, eine Neuauflage des Verfahrens gab es bis dato nicht.
54-Jährige leidet an Brustkrebs
Der "Kurier" weiß nun auch, warum. Die Verdächtige (für sie gilt die Unschuldsvermutung) ist selbst nämlich schwer erkrankt. Laut der Tageszeitung laboriert die 54-Jährige an Brustkrebs und steht momentan am Ende der Chemo-Behandlungen, die ihr die Haare ausgehen ließen. Ihre Prognose macht aber Hoffnung: "Es schaut gut aus, die Blutwerte passen." Dass Renate E. nun dieser Schicksalsschlag ereilte, kommt laut ihrem Anwalt nicht von ungefähr: "Der Krebs ... das hat sicher etwas mit ihrer Geschichte zu tun. Mit dieser seelischen Belastung. Sie hat ja das Leben eines geliebten Menschen auf dem Gewissen", so Verteidiger Gunther Gahleitner im "Kurier".
„Anwalt Gunther Gahleitner: "Der Krebs hat sicher etwas mit ihrer Geschichte zu tun."“
"Habe den Anblick nicht mehr ertragen"
Bei dem Geschworenenverfahren 2019 rechtfertigte sich die unbescholtene Frau mit "Tötung auf Verlangen": "Wenn ich nur noch rumliege wie ein Stückerl Geselchtes, dann zieh den Stecker", soll ihr Geliebter sie gebeten haben, als es ihm noch besser geganen war. Fakt ist jedenfalls, dass Renate E. am 6.4.2018 nach mehreren Fläschchen Wodka ("Ich war so nervös") ans Sterbebett ihres Liebsten ins AKH geeilt war und den Stecker zog. "Ich habe den Anblick von Willi nicht mehr ertragen. Er war eiskalt, nicht ansprechbar und lag einfach nur da."
Mit rund 1,8 Promille Alkohol im Blut entfernte sie den Beatmungsschlauch und riss mit Gewalt den angenähten Dialysekatheter aus dem Hals von Willi G., der nie eine Patientenverfügung aufgesetzt hatte. Blut spritzte aus der Wunde, fünf Minuten später war er tot – und seine Partnerin heimgeflüchtet. Laut Gutachten wäre ihr Partner zwei Stunden später eines natürlichen Todes gestorben.
Sterbehilfe: Die rechtliche Situation in Österreich
► Aktive Sterbehilfe, sprich die Tötung eines Menschen, ist in Österreich verboten. Darauf steht nach § 78 des Strafgesetzbuches eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
► Indirekte Sterbehilfe – die Inkaufnahme eines vorzeitigen Todes durch eine medizinische Behandlung, die primär der Schmerzlinderung dient – ist jedoch nicht strafbar. Allerdings nur, wenn dieser Wille im vollen Bewusstsein vom Patienten zuvor niedergeschrieben wurde. Ebenso verhält es sich, wenn auf lebensverlängernde Maßnahmen verzichtet wird (passive Sterbehilfe). (Quelle: NÖ Patienten- und Pflegeanwaltschaft)
Urteil noch 2020?
Da das Urteil in der Instanz aufgehoben wurde, muss sie sich noch einmal vor acht Geschworenen verantworten. Dies soll noch 2020 passieren: "Ich will das noch in diesem Jahr hinter mich bringen. Zu Weihnachten will ich diese Last nicht mehr tragen", vertraute Renate E. dem "Kurier" an.
Einen Mord will sie nicht begangen haben, auch als Verbrecherin möchte sie nicht hingestellt werden, denn "es war der Wunsch von Willi". "Ich wollte doch nur mein Versprechen einlösen. 'Wenn ich nur noch rumliege wie ein Stückerl Geselchtes, dann zieh' bitte den Stecker', bat mich Willi einst im Fernsehzimmer des AKH."