Heeres-Oberst analysiert

Reisner: Putin und seine Generäle sind in Erklärungsnot

Der Vorstoß der Ukrainer in die Russen-Region Kursk sorgt weltweit für Wirbel. Allein das ist bereits ein kleiner Sieg für Kiew, sagt Markus Reisner.

Roman Palman
Reisner: Putin und seine Generäle sind in Erklärungsnot
Wladimir Putin mit steinerner Miene bei einer Sitzung des Sicherheitsrates zum ukrainischen Vorstoß in der Region Kursk am 9. August 2024.
Sputnik/Aleksey Babushkin/AFP/picturedesk.com

In ihrem seit über zwei Jahren andauernden Abwehrkampf gegen Wladimir Putins Invasionstruppen gerieten die ukrainischen Verteidiger zuletzt zunehmend ins Hintertreffen, jetzt holen sie zum Gegenschlag aus. Am 6. August starteten sie einen überraschenden Angriff auf die russische Nachbarregion Kursk.

Russland habe den Krieg über die Ukraine gebracht, nun solle es "spüren, was es getan hat", drohte Präsident Wolodimir Selenski. Im internationalen Recht gilt auch das gesamte Staatsgebiet Russlands als Kriegsgebiet.

Laut Russland-Experte Alexander Dubowy gibt es drei realistische Ziele, die die Ukraine damit verfolgen könnte: russisches Territorium als Druckmittel für Verhandlungen zu besetzen, Druck von der russischen Donbass-Offensive nehmen und/oder, aber sehr unwahrscheinlich, ein Atomkraftwerk einnehmen. Dafür riskiere die Ukraine viel: Wird der Angriff aufgerieben, droht eine herbe Niederlage.

Russisches Narrativ in Schieflage

Für Oberst Markus Reisner will die Ukraine damit auch im Informationsraum die Initiative zurückerlangen: "Die Kämpfe finden nun auf russischem Boden statt, Gleitbomben, Artilleriegranaten und Raketen schlagen in russischen Dörfern ein. Die Bilder der Zerstörungen widersprechen dem russischen Narrativ der 'Spezialoperation'", sagt der Militärhistoriker und Bundesheer-Offizier nun gegenüber der "Berliner Zeitung". Putin und seine Militärführung brächte das in Erklärungsnot.

Oberst des Generalstabsdienstes Markus Reisner ist seit 1. März 2024 Leiters des Institutes für Offiziersausbildung an der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt.
Oberst des Generalstabsdienstes Markus Reisner ist seit 1. März 2024 Leiters des Institutes für Offiziersausbildung an der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt.
Bundesheer/Kristian Bissuti

"Die Bilder von Zerstörungen und Evakuierungen russischer Dörfer sowie Kolonnen russischer Gefangener, darunter vermutlich Wehrpflichtige, kommen für die Ukrainer zu einer sehr günstigen Zeit", sagt Reisner zudem.

Der Vorstoß über die Grenze dürfte jedenfalls keine Hau-Ruck-Aktion gewesen sein, sondern das Ergebnis sorgfältiger Planungen. Schon Wochen zuvor seien im Raum Kursk gezielt russische Kommunikationseinrichtungen zerstört worden. "Erst nach dieser Vorbereitung griffen die Kräfte der 22. ukrainischen mechanisierten Brigade überraschend und zielsicher an."

Ukraine greift Russland an: Schäden in und um die Kleinstadt Sudscha

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    Ein russischer Kriegsreporter an der Ortseinfahrt von Sudscha, Region Kursk, am 8. August.
    Ein russischer Kriegsreporter an der Ortseinfahrt von Sudscha, Region Kursk, am 8. August.
    Anatoliy Zhdanov / Kommersant Photo / AFP / picturedesk.com

    Putins Geheimdienste hätten sich dadurch (wieder einmal) mit Ruhm bekleckert. "Der ukrainische Vormarsch ist das Ergebnis eines völligen Versagens der russischen Aufklärungsarbeit", schießt der Kriegsbeobachter scharf. Die Vorbereitungen der Ukrainer seien offenbar nicht ausreichend beobachtet oder im eklatantesten Fall vielleicht gar bemerkt worden.

    Putins Generäle wollen "Blamage ausmerzen"

    In den wenigen Tagen seit Beginn des Angriffes konnten die ukrainischen Soldaten rund 15 Kilometer vorrücken. "Die Ukrainer verzeichneten innerhalb von 48 Stunden große Geländegewinne", bestätigt Reisner. Aus Kiewer Sicht gehe es nun darum, das eingenommene Gebiet zu verteidigen. Das hält der österreichische Offizier auch für "militärtaktisch wirkungsvoll".

    Für die Militärführung in Moskau ist der Vorstoß nämlich ein stechender Dorn im Auge, sie werde nun alles daran setzen, "diese Blamage auszumerzen". "Dazu werden die russischen Streitkräfte in den nächsten Tagen entsprechende kampfkräftige Reserven heranführen und mit diesen versuchen, die Ukrainer zurückzudrängen." Setzen sich die Kämpfe hier länger fort, könnte das die Russen zwingen, Offensivtruppen aus dem Donbass zur Verteidigung hierhin umzugruppieren. "Das würde den dortigen Druck verringern", so Reisner.

    Mit Blick auf den Rest der Front schaut es für die Ukrainer nämlich düster aus. Die Lage verschlechtere sich insbesondere rund um Donezk, Otscheretyne, Torretsk und Tschassiw Jar zunehmend. "Dort liegt das Momentum nach wie vor bei den Russen, die langsam in Richtung Westen vorrücken. Alles blickt aber nun in den Kursker Raum und nicht in den Donbass".

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      Starpix / picturedesk.com

      Auf den Punkt gebracht

      • Die ukrainischen Verteidiger starteten einen überraschenden Angriff auf die russische Nachbarregion Kursk, um im Informationsraum die Initiative zurückzugewinnen und das russische Narrativ zu widerlegen
      • Der Angriff war das Ergebnis sorgfältiger Planung und führte zu Geländegewinnen, was die russische Militärführung in Erklärungsnot brachte und dazu zwang, kampfkräftige Reserven heranzuführen, um die Ukrainer zurückzudrängen
      • Die Ukraine riskiert viel, aber der Vorstoß war militärtaktisch wirkungsvoll und könnte den Druck von der russischen Donbass-Offensive nehmen
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