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Reichsbürger bauen eine Privatarmee für Tag X auf
Die Anzahl der Reichsbürger ist in Deutschland in nur einem Jahr um 56 Prozent gestiegen. Jetzt bereitet sich die Szene auf den "Tag X" vor.
Die Zahl der sogenannten Reichsbürger ist einem Bericht zufolge innerhalb eines Jahres um mehr als die Hälfte gestiegen. Im Jänner 2018 zählten die Verfassungsschutzbehörden der Länder etwa 15.600 Reichsbürger – 56 Prozent mehr als noch ein Jahr zuvor, wie der "Focus" am Freitag vorab berichtete. Zudem plane eine bewaffnete Gruppe innerhalb der Szene offenbar den Aufbau einer eigenen Armee.
Allein in Bayern zählten die Behörden dem Bericht zufolge aktuell 3.500 Reichsbürger und sogenannte Selbstverwalter. In Baden-Württemberg wird deren Zahl mit 2.500 angegeben, in Nordrhein-Westfalen mit 2.200, in Niedersachsen mit 1.400 und in Sachsen mit 1.300. Anfang 2017 waren die Sicherheitsbehörden noch von zehntausend Reichsbürgern in Deutschland ausgegangen.
Wie das Magazin unter Berufung auf Sicherheitskreise weiter berichtete, befassten sich Reichsbürger aus mehreren Bundesländern bei einem konspirativen Treffen mit dem Aufbau einer militärischen Organisation. Entsprechende Bestrebungen registrierten Verfassungsschutzämter demnach in Ostdeutschland. "Die bereiten sich eigenen Angaben zufolge auf den Tag X vor", zitierte der "Focus" einen ranghohen Beamten.
Mehr als Tausend sind bewaffnet
Staatsschützer befürchten demnach, dass die Idee einer Reichsbürgerarmee bislang unvernetzte Einzelaktivisten und Kleinstgruppen zu engeren Zusammenschlüssen und dem Aufbau fester Strukturen veranlassen könnte. Zudem sähen die Behörden mit Sorge, dass die Szene über eine große Zahl an legalen und illegalen Waffen verfügt. Mehr als tausend Reichsbürger besitzen eine oder mehrere waffenrechtliche Erlaubnisse.
Bereits im vergangenen Oktober hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz die Zahl der Reichsbürger und Selbstverwalter mit Stand 30. September auf 15.000 beziffert – darunter 900 Rechtsextremisten.
Die Reichsbürger sind eine in Kleingruppen zersplitterte Szene, die die Bundesrepublik, ihre Institutionen und Gesetze nicht anerkennt. Viele geben an, dass für sie das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 fortbesteht. Im Oktober 2016 erschoss ein Anhänger der Reichsbürger in Bayern einen Polizisten. Seitdem rückte die Gruppierung verstärkt ins Visier der Sicherheitsbehörden.
Die Deutsche Polizeigewerkschaft nannte den Zuwachs in der Reichsbürgerszene besorgniserregend. Der Gewerkschaftsvorsitzende Rainer Wendt mahnte in Berlin, es werde zunehmend schwieriger, alle gefährlichen Gruppierungen in Deutschland im Blick zu behalten. Wegen der vielen Waffen, die in der Reichsbürgerszene vermutet werden müssten, seien staatlich Beschäftigte gefährdet. (fur/afp)