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"Rainbow Six Extraction" im Test: Ein Koop-Knaller
Story gibt es beim neuen "Tom Clancy's Rainbow Six Extraction" nicht allzu viel zu erleben, dafür ist das Gameplay für Koop-Fans grandios ausgefallen.
Mit Spannung wurde Ubisofts neuer Shooter "Tom Clancy's Rainbow Six Extraction" erwartet – und das mehrere Jahre lang. Nun ist es endlich soweit und auf Playstation 4 und 5, Xbox One und Series X|S, PC, Google Stadia und Amazon Luna darf man als Teil einer Spezialeinheit mit Freunden und Fremden in den Kampf gegen eine Alien-Invasion ziehen. Die Geschichte ist – leider, und das ist einer der wenigen Kritikpunkte am Titel – innerhalb kürzester Zeit komplett abgearbeitet. Schade!
Das Spiel baut auf dem Outbreak-Event von "Rainbow Six: Siege" auf und ist quasi ein Spin-off des Games. Ein Alien-Tech-Parasit hat in einer nicht allzu ferner Zukunft die Erde bevölkert und braucht anders als es "Siege"-Spieler kannten, keinen menschlichen Wirt mehr, um als monströse Lebensformen Chaos zu stiften. Die Spezialeinheit Rainbow hat deshalb die Einheit Rainbow Exogenous Analysis & Containment Team (REACT) gegründet, die die Ausbreitung nun eindämmen soll.
Gameplay entschädigt für die seichte Story
Das war es auch schon fast mit der kompletten Handlung, denn "Extraction" bietet zwar beim Spielen noch einige Storyfetzen und vor allem beeindruckend gestaltete und actiongeladene Videosequenzen, Story-mäßig gibt es aber keine tiefergehenden Wendungen oder Erzählungen. Schon nach kurzer Spielzeit hat man alles gesehen, was der Titel an Handlung erzählen will, mehr hätte da sicher nicht geschadet. Entschädigt wird man jedoch mit wirklich hervorragendem Shooter-Gameplay.
Der Kampf gegen die Alien-Parasiten steckt euch in Dreierteams und versetzt euch an verschiedene Einsatzorte, die jeweils in drei Karten mit je drei Abschnitten versehen sind. Bevor die Mission startet, wählt ihr euch einen der 18 Operators aus (zu denen es leider ebensowenig Hintergrundgeschichte gibt), die jeweils über andere Skills, Waffen und Items verfügen – ganz wie man es aus "Siege" kennt. Übrigens kehren dabei auch viele Operator aus dem ursprünglichen "Six"-Game zurück.
Viele Feinmechaniken machen jede Menge Spaß
In den Missionen selbst müssen verschiedene Ziele verfolgt werden: Während man die Alien-Umgebungen infiltriert, sollen etwa Proben gesammelt, Daten von Computer geladen oder andere Informationen gesammelt werden. Zwölf solcher Ziele gibt es insgesamt und in jedem der drei Areale der Karte bekommt man ein Missionziel zufällig zugeteilt. Das Besondere: Nicht nur die Ziele verändern sich demnach von Mission zu Mission, auch der Standort der Feinde wechselt mit jedem Lauf.
Haben Spieler ein Missionsziel abgeschlossen, können sie sich dafür entscheiden, die Mission zu verlassen ("Extraction") oder aber das nächste Areal zu betreten, wobei der Schwierigkeitsgrad ansteigt, aber auch wertvollere Belohnungen eingesammelt werden können. Diese vielen Feinmechaniken helfen mit, dass "Rainbow Six Extraction" nicht schon nach wenigen Stunden langweilig wird, denn ohne sie würde man im Kern nur durch die Missionen schleichen und Aliens killen.
Sensationelles und realistisches Gunplay
Je höheren Schwierigkeitsgraden man sich erfolgreich stellt, umso mehr noch knackigere Herausforderungen schalten sich frei, was auch die Motivation bei Anfängern und Profis hoch hält. Stirbt ein Spieler oder der ganze Trupp in einer Mission, gibt es keine Erfahrungspunkte in der Abschlussbewertung. Auch dabei gibt es einige Sonderregeln: Wird ein Mitglied des Trupps besiegt, gilt er als "vermisst" und Spieler können nicht weiter als dieser Operator zocken, bevor er in einer Extraction-Mission auf derselben Karte befreit wurde.
Schwer verletzte Operator nehmen ihre Wunden außerdem in die nächste Mission mit und erholen sich nur langsam. Heißt: Sie müssen nach Verletzungen auch mal für Matches pausieren und sich erholen – so werden Spieler interessanterweise dazu verpflichtet, immer wieder andere Operator zu spielen und ihre Fähigkeiten auszuprobieren. Die ausgefallenen Operator erholen sich übrigens umso schneller, je höher der Schwierigkeitsgrad der Missionen ohne ihn ist. Eine Auto-Heilung gibt es zudem nicht, Gesundheit kann nur durch Heilitems regeneriert werden oder aber durch die Fähigkeit eines Operators.
Einfach ein genialer und beinharter Taktik-Shooter
"Extraction" ist wie "Siege" ein beinharter Taktik-Shooter, keine abgedrehte Action-Ballerei wie ein "Doom" und auch anspruchsvoller angelegt als ein "Call of Duty" oder "Battlefield". Das sollte im Vorfeld jedem Shooter-Fan klar sein, der noch keinerlei Erfahrung mit dem Franchise sammeln konnte. Wer bereits "Siege" gezockt hat, wird sich dagegen bei der Steuerung schnell zurechtfinden, denn große Unterschiede gibt es in "Extraction" nicht – mit Ausnahme der Fähigkeiten und Waffen der neuen Operator.
Heißt: Das Gunplay ist sensationell, die Waffen fühlen sich realistisch und allesamt unterschiedlich beim Ballern an, genaues Zielen und Abdrücken bekommt den Vorrang vor wildem Dauerfeuer und Schleichen sowie Beobachten und eine gute Team-Taktik sind absolute Pflicht. Dafür sorgt auch, dass sowohl Gegner als auch Spieler realistischerweise ganz wenig Schaden bis zum Bildschirmtod einstecken. Konnte man schon in "Siege" Feinde mit nur einem Kopfschuss ausschalten, braucht es auch in "Extraction" nur ein, zwei gut gezielte Treffer an den Schwachstellen der Alienwesen, um sie zu besiegen.
Nicht viel Überraschendes beim Gegner-Design
Umgekehrt aber strecken die Alien-Invasoren uns ebenso mit einem Hieb oder einer Attacke nieder, wenn wir nicht vorsichtig vorgehen. Etwas überraschend in Sachen Aliens ist, dass sich Ubisoft viele der Feindeswesen einfach aus einem "Siege"-Event geschnappt hat und nicht allzu viele komplett neu in "Exraction" auftreten. Auch einige Karten und Karternabschnitte kennt man bereits und auf überraschende Feinde wartet man vergeblich. Die meisten großen und kleinen Aliens versuchen, uns über den Haufen zu rennen oder auf uns einzuschlagen, meist flinke Gesellen die uns unter Beschuss nehmen und einige Exemplare, die uns mit Explosionen und Giftgas an den Kragen wollen. Wirklich überraschend ist davon aber Weniges.
Spannend sind jedoch die gelegentlich auftretenden Bosskämpfe gestaltet, die meist gegen einen vom Alien-Parasiten befallenen Operator stattfinden. Diese Gegner mit jeweils unterschiedlichen Fähigkeiten stecken anders als der Rest Kugeln ohne Ende ein und holen sich in mehreren Wellen Monster zur Verstärkung. Die Umgebungen wiederum schwanken stark zwischen Durchschnitt und Grandiosität, an die abwechslungsreichen Landschaften von "Siege" kommt "Extraction" mit seinen etwas steril wirkenden Hallen und Industrie-Umgebungen aber keinesfalls heran.
Ein Koop-Knaller, der auch länger Spaß macht
Grafik und Sound sind dagegen allerhöchster Güte. Operator und Umgebungen sind noch ein Stück schärfer geraten und Animationen laufen noch einen Ticken flüssiger ab, Explosionen und Feuer sorgen für beeindruckende Lichteffekte. Der fette Sound passt da perfekt dazu: Bei Schüssen wummert es aus den Lautsprechern, Explosionen sorgen für ohrenbetäubenden Lärm und in den leisen Phasen ist jeder Alien an den Schritten und akustischen Signalen sorfort zu erkennen. Die knallige Musikuntermalung setzt zudem an genau den richtge Stellen ein und betont die Action richtig gut.
Wer jetzt auf den Geschmack gekommen ist, obwohl er oder sie mit Online-Multiplayer so gar nichts anfangen kann, kann "Extraction" auch als Singleplayer erleben und alleine in die Einsätze gehen, damit verliert das Spiel aber schnell seinen ganz besonderen Reiz. Lokal kann leider nicht im Koop gezockt werden, immerhin können Spieler aber Freunde einladen, die das Game dann 14 Tage kostenlos ausprobieren können. "Tom Clancy's Rainbow Six Extraction" schwächelt zwar vor allem bei der Story, ist aber dennoch ein Koop-Knaller, der mit geschickten Mechaniken den Spaß auch auf Dauer aufrecht erhält.