Tumult in Dagestan

Putin beschuldigt "westliche Agenten" für Attacke

Nach der Erstürmung eines Flughafens in Dagestan hat der russische Präsident Wladimir Putin "westliche Agenten" für die Tat verantwortlich gemacht.

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Putin beschuldigt "westliche Agenten" für Attacke
Am Sonntag stürmte ein Mob den Flughafen in der russischen Teilrepublik Dagestan. Putin hat bereits einen angeblichen Schuldigen.
REUTERS

Hunderte Männer, einige davon mit Bannern mit antisemitischen Parolen, waren am Sonntagabend auf das Flugfeld des Flughafens in der Regionalhauptstadt Machatschkala gestürmt und hatten nach israelischen Passagieren gesucht, wie russische Medien berichteten. Mehr als 20 Menschen wurden verletzt, zwei von ihnen befanden sich im kritischen Zustand. Die Polizei nahm nach eigenen Angaben mehr als 80 Menschen fest. Das russische Ermittlungskomitee erklärte, es habe eine strafrechtliche Untersuchung wegen der Organisation von Massenunruhen eingeleitet.

Mob schwenkte palästinensische Flaggen

Die Attacke schien in Teilen von Zorn über das israelische Vorgehen im Gazastreifen angefacht zu sein, wo Israel seit dem beispiellosen Terrorangriff der Hamas auf das Land am 7. Oktober Ziele angreift. Mehrere Menschen in dem Mob schwenkten palästinensische Flaggen.

Elite-Putin spricht von "regierenden Eliten"

Putin vermied eine Bewertung der Reaktion der Behörden auf die Vorgänge und unternahm stattdessen einen neuen Angriff auf die USA, indem er sie dafür verantwortlich machte, Chaos im Nahen Osten zu säen und die Kämpfe in der Ukraine zu befeuern. Die "regierenden Eliten" der USA und "ihre Satelliten" seien die Hauptnutznießer der weltweiten Instabilität. Sie verdienten sich eine goldene Nase daran, erklärte er.

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    Am Sonntagabend hat ein antisemitischer Mob in der Teilrepublik Dagestan Jagd auf Juden gemacht.
    Am Sonntagabend hat ein antisemitischer Mob in der Teilrepublik Dagestan Jagd auf Juden gemacht.
    AP / picturedesk.com

    "Westliche Agenten" in der Ukraine beschuldigte er ohne Belege, soziale Netzwerke zu benutzen, um Ausschreitungen in Dagestan zu provozieren und Russland zu schwächen. "Sie versuchen jetzt, unter der Anleitung ihrer westlichen Sponsoren Pogrome in Russland zu inspirieren", sagte er. "Sie sind echter Abschaum, anders kann man sie nicht nennen."

    Flughafen-Erstürmung "Versuche des Westens"

    Vor einem von Putin einberufenen Treffen von Vertretern der Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden am Montag hatte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erklärt, das Sicherheitstreffen zu der Flughafen-Erstürmung werde um "Versuche des Westens" kreisen, "die Ereignisse im Nahen Osten zu benutzen, um die (russische) Gesellschaft zu spalten". Es sei "wohlbekannt und offensichtlich", dass die Ereignisse am Flughafen Machatschkala "größtenteils das Ergebnis einer Einmischung von außen sind, einschließlich der Beeinflussung durch Informationen von außen", sagte Peskow bei seiner täglichen Pressekonferenz, ohne ins Detail zu gehen.

    Die staatliche russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti zitierte den Gouverneur von Dagestan, Sergej Melikow, damit, dass die Unruhen über einen Telegram-Kanal koordiniert worden seien, der von "Verrätern" mit Sitz in der Ukraine betrieben werde. Ihr Ziel sei es, Dagestan zu destabilisieren und Unruhen zu befeuern.

    Die russische Nachrichtenseite Mediasona berichtete, dass in lokalen Telegram-Gruppen vor dem Flughafen-Sturm erklärt worden sei, dass "Flüchtlinge aus Israel" nach Dagestan kommen würden. Nach einigen derartigen Beiträgen versammelte sich bereits am Samstag vor einem Hotel in der Stadt Chassawjurt eine Menschenmenge vor einem Hotel, um israelische Staatsangehörige ausfindig zu machen, die sich nach ihrer Auffassung dort aufhielten. Die Menschen zogen wieder ab, als sie keine Israelis dort vorfanden, wie es hieß.

    Telegram-Kanal von Ilja Ponomarjow ins Leben gerufen

    Ein derartiger Telegram-Kanal wurde von dem früheren russischen Abgeordneten Ilja Ponomarjow ins Leben gerufen, der aktuell in der Ukraine lebt und behauptet, an einer Guerilla-Bewegung innerhalb Russlands beteiligt zu sein, wie Mediasona berichtete. Die Nachrichtenagentur AP konnte den Bericht nicht unabhängig bestätigen. Ponomarjow hat erklärt, er habe keine Verbindung mehr zu dem Telegram-Kanal.

    Das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu gab am Sonntagabend eine Mitteilung heraus, in der es hiess, Israel erwarte von den russischen Strafverfolgungsbehörden den Schutz aller israelischen Bürger und Juden sowie ein entschiedenes Vorgehen gegen Randalierer und gegen Hetze gegen Juden und Israelis. Netanjahus Büro ergänzte, dass der israelische Botschafter in Russland mit Moskau daran arbeite, Israelis und Juden zu schützen.

    Am Montag warnte Israel seine Bürger offiziell vor Reisen in den Nordkaukasus. Das Land hob die Reisewarnung auf Stufe vier an, den höchsten Wert. Israelische Bürger wurden angewiesen, von sämtlichen Reisen nach Dagestan und in benachbarte Regionen abzusehen. Menschen, die sich bereits dort befanden, wurden aufgerufen, so schnell wie möglich abzureisen.

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