Attentatversuch am Golfplatz
"Purer Zufall, dass beide Attentate Trump galten"
Der zweite Attentatsversuch auf Donald Trump innerhalb von zwei Monaten wirft Fragen auf. Allen voran: Gehört Gewalt nun zum Wahlkampf dazu?
Ryan Routh hat mutmaßlich versucht, Donald Trump zu erschießen. Es ist bereits das zweite Attentat auf den ehemaligen Präsidenten. Dieses Mal passierte es in seinem Golfclub in West Palm Beach im US-Bundesstaat Florida, offenbar während der Ex-Präsident vom fünften zum sechsten Loch unterwegs war. Ist politische Gewalt damit endgültig zur Begleiterscheinung im Wahlkampf geworden?
Hass als politisches Kommunikationsmittel
"In den USA gehört es seit langem dazu, dass psychisch kranke Einzelpersonen durch den einfachen Griff zu den Waffen eine Entscheidung herbeiführen wollen", sagte US-Wahlkampfexperte Guido Weber. Momentan nehme die Verrohung des politischen Diskurs jedoch neue Ausmaße an. "Hass wird als politisches Kommunikationsmittel eingesetzt, um die eigenen Interessen durchzusetzen." Trump selbst heize diesen Hass auf Andersdenkende an.
Dies sei aber nicht der Grund für die beiden versuchten Attentate. "Zweimal ist noch keine Statistik, das ist Zufall", sagte Weber. Auch schon Persönlichkeiten wie Martin Luther King seien ermordet worden, weil sie die Menschen in den USA vereinen und nicht spalten wollten. "Es ist zu einfach, zu sagen: Trump hätte netter sein müssen, dann wäre nicht auf ihn geschossen worden." Es gebe im Land genug Leute, die auch in Kamala Harris eine fundamentale Bedrohung sähen.
Tweet von Elon Musk sorgt für Aufregung
Wie leichtfertig in den USA über solche Gewalt gesprochen werde, zeige gerade der bereits wieder gelöschte Tweet von Elon Musk. Darin schreibt dieser: "Und niemand versucht ein Attentat auf Biden oder Kamala" – am Ende steht ein fragendes Emoji.
"Musk spricht Millionen Menschen an – darunter auch solche, die sich konkret zu derlei Attentaten ermuntert fühlen könnten", sagte Weber. Die sozialen Medien hätten generell ihren Anteil an der Zunahme der politischen Gewalt. "Ohne Anstand und ohne noch einmal nachzudenken werden dort Botschaften in die Welt gesetzt, die die Spaltung der Gesellschaft und den Hass weiter schüren."
Kriegsveteranen spielen wichtige Rolle
In den USA kämen zwei weitere Faktoren hinzu. Einerseits sei der Wahlkampf stark personalisiert. Einer einzelnen Person werde dadurch sehr viel Macht zugesprochen und der politische Apparat im Hintergrund vergessen. "Bei jemandem mit mentalen Problemen kann das dann zum Gefühl führen, dass ein Attentat das ganze System verändern würde."
Andererseits gebe es Millionen von Kriegsveteranen, die in der Armee mit auf den Weg bekommen hätten, dass Probleme mit Gewalt gelöst werden könnten. "In Vietnam, in Korea, in Afghanistan, überall galt das Töten als probates Mittel, um scheinbar Gutes zu tun." Dieses Mindset sei in Europa kaum verbreitet.
Dass es einer gewaltbereiten Person nun zum zweiten Mal innerhalb von zwei Monaten möglich war, sich Trump auf kurze Distanz zu nähern, dafür dürfe man den Secret Service allemal kritisieren. "Der Täter soll sich stundenlang dort aufgehalten haben. So etwas darf nicht möglich sein."
Experte erwartet kaum Auswirkungen
Trotzdem glaubt Weber nicht, dass nun das ganze Sicherheitsprotokoll über den Haufen geworfen werde. "Solche Risiken gehören dazu, wenn man einen bürgernahen Wahlkampf führen will." Diese würden wohl dadurch vermindert, dass mehr Security für Trump abgestellt wird. "Er verfügt über ein kleineres Sicherheitsprotokoll als aktuelle Amtsträgerinnen und Amtsträger, also auch als Vizepräsidentin Harris."
Auf den Wahlkampf selbst wird die vereitelte Tat Weber zufolge kaum Einfluss haben. "Das erste Attentat war viel spektakulärer, doch auch das ist in den USA schon fast wieder vergessen." Es mag zynisch klingen, aber Trump dürfte sogar vom erneuten Mordversuch profitieren – denn: "Jetzt redet niemand mehr über seine schlechte Debatte von letzter Woche."
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Der zweite Attentatsversuch auf Donald Trump innerhalb von zwei Monaten wirft Fragen über die zunehmende politische Gewalt in den USA auf
- Experten wie Guido Weber betonen, dass Hass als politisches Kommunikationsmittel genutzt wird und soziale Medien zur Spaltung der Gesellschaft beitragen, während der Secret Service für Sicherheitslücken kritisiert wird