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Proll und Rubey ecken mit Corona-Protestaktion an
Dutzende Schauspieler starten eine gemeinsame Protestaktion gegen die Corona-Maßnahmen. Es gibt beißende Kritik, aber auch Zustimmung.
Rund 50 prominente Film- und Fernsehschauspielerinnen und -schauspieler sorgen mit einer großangelegten Internetaktion unter dem Motto #allesdichtmachen für Aufsehen. Künstler wie Nina Proll, Manuel Rubey, Roland Düringer, Nicholas Ofczarek, Ulrich Tukur, Volker Bruch, Meret Becker, Ulrike Folkerts, Richy Müller, Heike Makatsch, Jan Josef Liefers und viele weitere verbreiteten am Donnerstag bei Instagram und auf der Videoplattform YouTube gleichzeitig ironisch-satirische Clips mit persönlichen Statements zur Coronapolitik der Regierung. Andere prominente Schauspielkollegen reagierten entsetzt.
Wie die Aktion koordiniert wurde, war zunächst nicht bekannt. Die Hashtags #allesdichtmachen, #niewiederaufmachen und #lockdownfürimmer wurden am Abend binnen kurzer Zeit zu den am meisten verwendeten bei Twitter in Deutschland. Die Aktion startete just an jenem Tag, an dem Österreich die Marke von 10.000 Corona-Todesopfern überschritt.
"Ich geh jetzt mal Luft holen"
"Schließen Sie ausnahmslos jede menschliche Wirkungsstätte und jeden Handelsplatz", fordert etwa Tukur die Bundesregierung auf. "Nicht nur Theater, Cafés, Schulen, Fabriken, Buchhandlungen, Knopfläden nein, auch alle Lebensmittelläden, Wochenmärkte und vor allem auch all die Supermärkte." Und er fügt hinzu: "Sind wir erst am Leibe und nicht nur an der Seele verhungert und allesamt mausetot, entziehen wir auch dem Virus und seiner hinterhältigen Mutantenbagage die Lebensgrundlage."
"Früher dachte ich, ich könne frei und selbstbestimmt Karriere machen", sagt Nina Proll mit einem giftigen Grinsen in die Kamera. "Das war naiv. Die Pandemie hat mir gezeigt, wo mein Platz ist. Sie hat mir gezeigt, dass Distanz auch Nähe sein kann. Dass Einsamkeit auch Geselligkeit sein kann. Dass Sicherheit Freiheit ist. Dass Gesunde auch krank sein können." Sie wünsche sich auch weiterhin, dass "Virologen unser Leben bestimmen". "Denn nur sie können beurteilen, was für uns wirklich gesund ist", so Proll mit spöttischem Unterton. Die Schauspielerin und Sängerin war bereits in der Vergangenheit immer wieder mit höchst kontroversen Sagern zu den Corona-Maßnahmen aufgefallen.
Auch Manuel Rubey beteiligt sich an der Aktion. "Ich habe einen wirklich wichtigen Appell", sagt er. "Ich bin dafür, die Theater, die Museen, die Kinos und die Kabarettbühnen überhaupt nie wieder aufzusperren. Niemand braucht Kunst. Wenn man sich das wirklich genau durchdenkt, bringt Kunst ja nichts."
Der Kabarettist Roland Düringer sagt in seinem Videobeitrag: "Ich lebe ein, wie ich meine, durchaus eigenverantwortliches Leben. Aber gerade bei so einem privaten Thema wie meiner Gesundheit möchte ich mich eigentlich nicht auf mich selbst verlassen. Ich bin froh, dass der Staat meine Gesundheit zu einer öffentlichen Angelegenheit gemacht hat." Früher habe er gedacht, sein Immunsystem durch Bewegung an der frischen Luft, maßvolle Ernährung und ausreichend Schlaf stärken zu können und damit Verantwortung für seine Gesundheit übernehmen zu können. Aber, so Düringer: "Befolgen Sie brav die Maßnahmen der Bundesregierung und bescheren so mir und Ihnen ein ewiges Leben."
"Bornierter Schrumpfsarkasmus"
In den sozialen Medien stiess die Aktion teilweise auf begeisterte Zustimmung, aber vor allem bei Prominenten auch auf sehr heftige Ablehnung. "Die Schauspieler*innen von #allesdichtmachen können sich ihre Ironie gerne mal tief ins Beatmungsgerät schieben", twitterte Moderator Tobias Schlegl, der auch Notfallsanitäter ist. Schauspieler Marcus Mittermeier kommentierte: "Niemand hat mich gefragt, ob ich bei #allesdichtmachen mitmachen will. Gott sei Dank!" Der Pianist Igor Levit twitterte: Die stumpfste Waffe gegen die Pandemie sei "schlechter, bornierter Schrumpfsarkasmus, der letztendlich bloß fader Zynismus ist, der niemandem hilft. Nur spaltet."
Medienjournalist Stefan Niggemeier vom Onlinemagazin "uebermedien.de" schrieb von "ekliger Ironie" und einem "Dammbruch", der zugleich der "größte Erfolg der Querdenkerszene bisher" sei. Der Grünen-EU-Abgeordnete Erik Marquardt kritisierte, er finde die Aktion schlecht und "sehe sie als Ausdruck einer zunehmenden Resignation von eigentlich Vernünftigen". Weitere prominente Schauspieler mischten sich via Instagram in die Diskussion ein. Elyas M’Barek schrieb: "Mit Zynismus ist doch keinem geholfen." Jeder wolle zur Normalität zurückkehren, und das werde auch passieren.
"Intelligenter Protest"
Satiriker Jan Böhmermann hielt der Aktion bei Twitter entgegen, das einzige Video, das man sich ansehen solle, "wenn man Probleme mit Corona-Eindämmungsmaßnahmen hat", sei die ARD-Doku aus der Berliner Charité mit den Titel "Station 43 – Sterben". Dazu stellte er den Hashtag #allenichtganzdicht und einen weinenden Smiley.
Beifall gab es dagegen vom früheren Präsidenten des deutschen Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, der die Aktion auf Twitter "großartig" nannte. Der Hamburger Virologe Jonas Schmidt-Chanasit sprach von einem "Meisterwerk", das "uns sehr nachdenklich machen" sollte. Die AfD-Bundestagsabgeordnete Joana Cotar twitterte: "Das ist intelligenter Protest."