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Prokop: "Es ist schon eine verrückte Fußballwelt"
Austria-Juwel Dominik Prokop im "Heute"-Talk: Warum jetzt seine große Stunde schlägt, Wr. Derbys innerhalb der eigenen Familie und dubiose Berater.
Heute.at: Ihr Kapitän Alex Grünwald muss die restliche Hinrunde verletzt passen. Seine 10er-Position ist jetzt frei – sind sie bereit, in die Bresche zu springen?
Dominik Prokop: „Vorneweg: Es tut mir leid für ‚Grüni', dass er sich so verletzt hat. Er ist ein wichtiger Spieler für uns, wir wünschen ihm alle nur das Beste. Aber ja, das kann jetzt natürlich meine Chance sein. Ich habe lange darauf hingearbeitet, damit ich bereit bin, wenn der Tag kommt. Und ich bin jetzt auf jeden Fall bereit."
Welche Qualitäten bringen sie in die Mannschaft ein?
„Ich bin ein dynamischer, flinker Spieler, der seine Stärken am Ball hat. Ich bin gut im Dribbling, im Eins gegen Eins und suche diese Situationen auch gerne. Ich habe zudem ein gute Technik, ich kann gute Pässe spielen und mit all diesen Eigenschaften kann ich der Mannschaft sehr gut helfen."
Junge Spieler, die das Eins gegen Eins suchen, sind heiß begehrt. War das schon immer eine Stärke von ihnen?
„Ja, das hat mir schon immer am meisten Spaß gemacht – außer vielleicht das Tore schießen und Gewinnen."
Haben sie eine Lieblingsposition auf dem Feld?
„Am liebsten spiele ich hinter der Spitze. Da kann ich meine Stärken am besten ausspielen."
Ihr Trainer Thorsten Fink schwärmte zuletzt in den höchsten Tönen von ihnen. Wie können sie mir ihr Verhältnis beschreiben?
„Das ist sehr gut. Er ist ein professioneller, sehr korrekter und zielstrebiger Trainer, der genau weiß, was er will. Diese Werte hat er uns gut vermittelt, wir können immer mit ihm reden. Er hat als Spieler die Champions League gewonnen – ihm glaubt man einfach, was er sagt."
Welche Ziele haben sie sich für ihre Karriere gesteckt? Haben sie so etwas wie einen „Masterplan"?
"Nein, den habe ich nicht. Aber Ziele habe ich mir natürlich gesteckt. Die sollte jeder Spieler haben. Ein Ziel ist es, einmal in Spanien oder Deutschland zu spielen. Das sind meine Lieblingsligen, vor allem in Spanien gefällt mir der Fußball sehr gut. Aber ich weiß, dass es ein langer Weg bis dorthin ist und ich hart an mir arbeiten muss, damit ich das auch erreiche. Aber man muss sich hohe Ziele setzen, um sich selbst zu pushen, um zu schauen, wozu man eigentlich im Stande ist."
Gibt es Spieler, zu denen sie aufblicken?
„Messi, Neymar und Ronaldinho – man sieht ihnen den Spaß beim Spielen richtig an. Ich liebe es, ihnen zuzuschauen. Ich liebe diese Art, Fußball zu spielen. Mit Freude, One-Touch, Tiki-Taka, mal ins Dribbling gehen, den Gegner aussteigen lassen – zudem sind sie alle drei noch sehr effektiv."
Was geht ihnen durch den Kopf, wenn sie sehen, dass Neymar jetzt für 222 Millionen Euro nach Paris wechselt?
„Für mich ist das alles ziemlich irreal. Es ist schwer zu begreifen, dass ein Spieler so viel Geld wert ist. Die vorherige Rekordsumme waren 105 Millionen Euro, jetzt ist es auf einmal mehr als das Doppelte. Als Barca-Fan finde ich es schade, dass Neymar gegangen ist. Aber ich kann ihn auch ein bisschen verstehen. In Messis Schatten zu stehen, ist für ihn sicher nicht leicht, mit seinen Fähigkeiten will er selbst die Nummer eins sein."
Viele Leute sehen die Schuld für die Entwicklungen auf dem Transfermarkt bei den Beratern. Lassen sie sich von jemandem vertreten?
„Ja, ich bin bei einer deutschen Agentur. Ich finde, sie leisten bei mir sehr gute Arbeit, ich bin sehr zufrieden. Aber natürlich gibt es sehr viele unterschiedliche Berater, ich habe das selbst auch bereits miterlebt. Es gab schon total verrückte Anfragen. Einmal hat mich zum Beispiel jemand auf Facebook angeschrieben und gefragt, wie es mir geht. Die nächste Frage war gleich, ob ich einen Berater habe. Es ist schon eine verrückte Fußballwelt. Viele Berater versuchen, 13- oder 14-jährigen Kindern oder ihren Eltern den Kopf zu verdrehen. Da bin ich wirklich kein Fan davon. Ich habe dann auch ziemlich lange gewartet, ich hatte mit 17 Jahren meinen ersten Berater. Der war auch der Erste, der meinte, dass ich bei der Austria bleiben soll. Alle andere haben gemeint, ich soll so schnell wie möglich weg, nur damit sie gleich abkassieren."
Sie sind als Siebenjähriger zur Austria gekommen – was bedeutet der Verein heute für sie? Fließt bereits violettes Blut durch ihre Adern?
„Ja, das kann man schon so sagen. Ich bin seit mehr als 12 Jahren hier. Ich habe alle Nachwuchsmannschaften durchlaufen, ich war in der Akademie. Jetzt bin ich sehr stolz, dass ich zur Kampfmannschaft gehöre. Die Austria ist für mich mehr als nur ein Verein. Ich habe hier mein ganzes Leben, seit ich Fußball spielen kann, verbracht. Und es war bis jetzt eine sehr, sehr schöne Zeit. Ich habe viele tolle Leute kennengelernt, die Austria ist für mich mehr als ein Verein."
Sie haben nebenbei auch noch die Schule durchgezogen, im Vorjahr hast Du maturiert. Sicher keine leichte Zeit für sie, oder?
„Ja, das war schon sehr intensiv. Aber sowohl der Verein, als auch die Schule, haben mich dabei sehr gut unterstützt. Sie haben mir dir Zeit gegeben, dass sich alles nachholen kann, was ich verpasst habe. Die Matura war meinen Eltern, meine Mutter ist ja selbst Lehrerin, ein sehr großes Anliegen. Sie wissen, wie schnell alles vorbei sein kann bzw. dass es auch nach dem Fußball noch ein Leben gibt."
Lassen sie uns ins Hier und Heute zurückkehren. Wie beurteilen sie den Saisonstart ihrer Austria?
„Wir hatten eine sehr, sehr gute Vorbereitung. Wir haben guten Fußball gespielt, aber beim ersten Cupspiel war es ganz anders. Da haben wir nicht gut gespielt, wir sind nur mit Glück weitergekommen. Das hat sich dann auch in den ersten Meisterschaftsspielen gezeigt. Wir waren alle ehrlich gesagt sehr überrascht, über die Gründe dafür kann ich nur rätseln. Aber der Aufstieg in das Europa-League-Play-off und der gewonnene Punkt im Derby haben uns Schwung gebracht. Gottseidank haben wir dann auch in der Meisterschaft den ersten Sieg eingefahren."
Sie haben das Derby gegen Rapid angesprochen. Mit ihrer Einwechslung kam die Wende, nach Schlusspfiff wurden sie als violetter Derby-Held abgefeiert.
„Ein Derby ist immer etwas Besonderes, so viele hatte ich ja noch nicht. Das war jetzt mein Drittes. Die Stimmung ist dabei immer richtig gut, von beiden Fanlagern. Es ist enorm laut – beim letzten Derby musste wir auf der Bank schon richtig miteinander schreien, damit wir uns verstehen. Das ist richtig geil. Wenn man die Energie positiv ummünzen kann, macht es richtig Spaß zu spielen. Ich wollte meine Stärken ins Spiel bringen – aber das es so gut läuft, damit hat keiner gerechnet."
Wie schwierig war für sie die Spielunterbrechung im Derby?
„Da wurden natürlich Grenzen überschritten. Es ist eine total komische Situation, wenn man mitten im Spielen plötzlich rein geschickt wird. Man muss trotzdem konzentriert bleiben, es kann jede Sekunde wieder weitergehen. Das war nicht ganz einfach. Wir waren zu diesem Zeitpunkt sehr gut drinnen in der Partie. Wir hätten am Schluss noch besser gespielt, wenn unser Fluss nicht zerstört worden wäre. Aber im Großen und Ganzen müssen wir mit dem Punkt zufrieden sein, nachdem wir ein 0:2 aufgeholt haben."
In der letzten Saison hatten sie das Derby quasi innerhalb der Familie – ihr Vater war unter Damir Canadi Mentaltrainer bei Rapid. Wie sind sie mit dieser Situation umgegangen?
„Wir haben in dieser Zeit zuhause sehr wenig über Fußball gesprochen. Und wenn doch, auf keinen Fall über die Austria oder Rapid. Natürlich gab es immer wieder kleine Sticheleien, das gehört einfach auch dazu. Aber es war für uns beide eine tolle Situation, in der Bundesliga gegeneinander zu spielen. Ich habe mein Debüt in der Ost-Liga bereits gegen ihn gegeben, als er noch bei Simmering war. Dass wir uns ein paar Jahre später im Derby wieder gegenüber stehen, war natürlich sehr cool."
Ihr erstes Profi-Tor haben sie ausgerechnet beim Europacup-Gastspiel bei der Roma geschossen. Hätte es überhaupt noch einen besseren Zeitpunkt gegeben?
„Das war unglaublich. Das war mein Comeback-Spiel nach einer Verletzung. Dann mache im Olympia-Stadion mein erstes Profi-Tor, noch dazu so ein wichtiges. Das werde ich mein Leben lang nicht mehr vergessen. Ich dank Gott sehr dafür."
Sind sie ein gläubiger Mensch?
„Wir wurden getauft, hatten Erstkommunion und das alles – aber wir sind jetzt nicht so religiös erzogen worden. Ich habe das über die Jahre selbst für mich entdeckt. Ich habe mich näher damit beschäftigt und ja, jetzt würde ich mich schon als gläubigen Menschen bezeichnen. Der Glaube hilft mir, er stärkt mich, ich kann daraus positive Energie ziehen."
Wie schalten sie in ihrer Freizeit ab?
„Ich mache viel mit meinen Freunden und mit meiner Freundin. Im Sommer gehen wir jetzt oft schwimmen, am Abend vielleicht ins Kino. Da kann ich sehr gut abschalten. Oder ich bleibe mal einen Tag ganz alleine zu Hause. Ein bisschen Fernsehen, Playstation spielen, abschalten und relaxen – das brauche ich einfach ab und zu."
Sie haben in der Armbeuge römische Ziffern tätowiert – was bedeuten sie?
„Das ist mein Geburtstag, der 2.6.1997."
Am Hals haben sie noch ein kleines Kreuz…
„Das habe ich mit meinem besten Freund gemeinsam gemacht. Er hat es auch an der gleichen Stelle. Das war total spontan, am Tag davor haben wir zum ersten Mal darüber gesprochen, dann haben wir es gleich umgesetzt. Ich mag die Geschichte dahinter.
In der Europa-League-Quali geht es am Donnerstag gegen Osijek – was wissen sie über den Gegner?
„Unser Trainerteam hat sie bereits in Kroatien beobachtet. Das ist eine kompakte Mannschaft, die auf Fehler des Gegners lauert. Sie sind sehr gefährlich. Wer Luzern und den PSV Eindhoven ausschaltet, muss eine sehr gute Mannschaft sein. Kroaten sind immer gute Fußballer und technisch sehr gut. Es wird sicher keine leichte Aufgabe."
(AK)