Verleumdung?
Polizei schlägt gegen Klima-Kleber zurück
Klima-Aktivistinnen hatten sich über Haftbedingungen nach ihrer Festnahme beschwert. Das will die Landespolizeidirektion nicht auf sich sitzen lassen.
Die "Letzte Generation" hält unsere Polizei auf Trab. Seit Anfang des Jahres bis 8. Mai hat die Wiener Polizei laut eigenen Angaben 80 festgeklebte Klima-Aktivisten entfernt, 150 Personen festgenommen und es kam zu 270 Anzeigen.
Doch im aktuellen Fall geht es der Landespolizeidirektion (LPD) nicht konkret um die Störaktionen. Die Staatsanwaltschaft hat ein Verfahren wegen des Verdachts der Verleumdung gegen Mitglieder der "Letzten Generation" eingeleitet.
10 Stunden ohne Essen?
Hintergrund des Verfahrens: Drei Aktivistinnen haben sich in einem Bericht, der im April eingegangen ist, über ihre Behandlung in Polizeigewahrsam beschwert. Die drei Frauen beklagen, dass ihnen nach ihrer Festnahme am 22. November 2023 der Kontakt zu ihrem Anwalt verwehrt wurde und sie länger als zehn Stunden kein Essen bekommen haben. Im Jänner brachten sie diesbezüglich eine Maßnahmenbeschwerde beim Landesverwaltungsgericht ein.
Diese führte in weiterer Folge zu strafrechtlichen Ermittlungen gegen die handelnden Exekutivbeamten wegen Verdachts des Amtsmissbrauchs. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren ein. Die LPD Wien wandte sich daraufhin wegen Verdacht auf Verleumdung an die Behörde. Nun gibt es eine Verhandlung am 25. Juni am Verwaltungsgericht.
Aktivisten-Anwalt: "Unterentwickelte Fehlerkultur"
Der Anwalt der Aktivistinnen übt scharfe Kritik an der Polizei. "Dass die LPD Wien jetzt als Reaktion auf unsere Beschwerde über Haftdauer und Haftbedingungen gleich laut 'Verleumdung' schreit, anstatt die Sache ordentlich zu untersuchen, sagt einiges über die unterentwickelte Fehlerkultur innerhalb der Polizei aus", sagt Clemens Lahner.
Es sei "das gute Recht jedes Menschen", sich über eine polizeiliche Amtshandlung zu beschweren. "Alleine schon wegen der Verfahrenskosten wird man sich vorher zweimal überlegen, ob man die Vorwürfe auch beweisen kann", so der Jurist.
Im Visier der Behörden
Die "Letzte Generation" vermutet, man versuche sie mit den strafrechtlichen Anschuldigungen "mundtot zu machen". Pressesprecherin Marina Hagen-Canaval, selbst Beschuldigte im Verleumdungsverfahren, behauptet: "Und das alles nur, weil wir uns für ein Recht auf Überleben einsetzen". Die Polizei solle stattdessen mit ihnen für wirksamen Klimaschutz einstehen.
Die Verleumdungsanzeige ist aber nur ein Nebenstrang in den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien. Wie die Justizministerin Alma Zadić im März bestätigte, wird wegen des Verdachts der kriminellen Vereinigung sowie Sachbeschädigung gegen 38 Klima-Kleber ermittelt – "Heute" berichtete.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Die Wiener Polizei hat die "Letzte Generation" wegen Verleumdung angezeigt, nachdem Klimaaktivistinnen sich über ihre Haftbedingungen beschwert hatten
- Die Aktivistinnen hatten nach ihrer Festnahme im November 2023 über fehlenden Kontakt zu ihrem Anwalt und stundenlanges Ausharren ohne Essen berichtet