Auch fast zwei Wochen nach der Nationalratswahl ist noch völlig unklar, welche Parteien in der kommenden Legislaturperiode eine Koalition bilden werden. Der Koalitions-Poker hat bereits begonnen. Eine mögliche Neuauflage einer türkis-blauen Regierung scheitert momentan an verhärteten Fronten beider Spitzenkandidaten.
Am Donnerstagabend meldete sich Bundeskanzler Karl Nehammer zu Wort. In einem auf Social Media veröffentlichten Video hält der ÖVP-Chef, dass er seinen 1,3 Millionen Wählern, "die Zuversich gewählt haben versus Angst", besonders im Wort sei. "Und das werde ich nicht vergessen". Somit schließt Nehammer, ohne Namen zu nennen, auch weiter eine Koalition mit FPÖ-Chef Herbert Kickl aus. Dieser beharrte aus seiner Sicht allerdings auf der verständlichen Position, dass es eine Regierungsbeteiligung nur unter Führung der Freiheitlichen und ihm als Bundeskanzler geben könnte.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen jedenfalls spielte den Ball zuletzt den Chefs der drei stärksten Parteien zu. Herbert Kickl, Karl Nehammer und Andreas Babler sind nun am Zug, erneut in Gesprächen auszuloten, in welcher Konstellation Österreich in den kommenden fünf Jahren regiert wird. Denn Sondierungsgespräche, die nur zum Schein bzw. ohne realistische Aussicht auf eine Regierungsbildung geführt werden, dürfe es nicht geben.
SPÖ-Chef Babler schloss eine Koalition mit der FPÖ im Vorfeld der Wahl auch gelöst von der Person Herbert Kickl kategorisch aus – zumal ein diesbezüglicher Parteibeschluss nach wie vor in Kraft ist. Die einzig realistische Chance auf eine Regierungsbeteiligung der FPÖ ist rechnerisch also nur eine Übereinkunft mit der Volkspartei – und das weiß man im ÖVP-Lager natürlich ebenfalls. Wenn sich im Lager von FPÖ und ÖVP niemand auf das Gegenüber bewegt, ist aktuell nur noch eine Koalition zwischen ÖVP, SPÖ und aller Voraussicht nach einer dritten Partei realistisch.
Gespräche der Vertreter der drei stärksten Parteien – FPÖ-Chef Kickl übernahm in der Koordination dieser Gespräche das Kommando – werden wohl erst kommende Woche und damit nach der Landtagswahl in Vorarlberg stattfinden.