Oberösterreich
Pflegekraft verzweifelt: "Alleine mit 22 Patienten"
Die Zustände in den Spitälern sind dramatisch. Das Personal ist am Limit, eine verzweifelte Pflegekraft wendet sich jetzt an die Öffentlichkeit.
Es war ein dramatischer Hilferuf: "Wir brauchen sie alle!", appellierte Helmut Freudenthaler dieser Tage an junge Menschen, einen medizinischen Beruf zu ergreifen. Der Betriebsratschef am Med Campus des Linzer Kepler Klinikums (KUK) pocht vehement auf zusätzliche Ausbildungsplätze.
Angesichts des eklatanten Personalmangels ist die Belegschaft nicht nur in Österreichs zweitgrößtem Krankenhaus an ihre Grenzen gelangt. Die Zustände sind bundesweit prekär, Menschen müssen nicht selten stundenlang auf eine Behandlung warten.
"Heute" hat der erschütternde Bericht einer Pflegekraft im KUK erreicht: Sie sei alleine im Nachtdienst mit 17 Personen gewesen, dazu kamen noch fünf Aufnahmen.
"Am Ende sind's dann 22 Patienten gewesen, für die ich alleine verantwortlich war. Viele davon multimorbid, sprich mehrfach schwerst krank."
Keine Zeit fürs Klo
Und weiter die eindrückliche Schilderung: Im Arbeitsalltag würden immobilen und sehr betagten Personen Katheter gelegt und Infusionen verabreicht. Der Grund: Es fehle die Zeit, mit ihnen zur Toilette zu gehen oder ihnen ausreichend zu trinken zu geben.
„"Warm, sauber und zumindest nimmer durstig ist das Niveau, auf dem derzeit gepflegt werden kann."“
"Warm, sauber und zumindest nimmer durstig ist das Niveau, auf dem derzeit gepflegt werden kann", so die Arbeitskraft. Heimschicken gehe bei Patienten mit fehlendem sozialen Netz auch nicht. Kurzzeit- und auch Langzeitbetten in Altenheimen seien kaum zu kriegen.
Verhandlungen über Verbesserungen
Angesichts der angespannten Lage verhandeln die Geschäftsführung des Linzer Spitals und der Zentralbetriebsrat seit mehreren Monaten über Verbesserungen. Jetzt liegen erste Ergebnisse vor.
An den beiden KUK-Standorten soll das Betreuungsangebot für Kinder von Mitarbeitern ausgebaut werden. Drei Maßnahmen sind geplant: Ab kommendem Jahr ist eine Betreuung im Sommer vorgesehen. Am Med Campus soll zudem ein ganzjährig betriebener Kindergarten entstehen. Bis zur Fertigstellung in etwa zweieinhalb Jahren wird die Betreuung durch Tagesmütter erweitert.
Kritik an Politik
Freudenthaler schlägt seit Monaten Alarm: Bereits im Herbst beklagte er Personalmangel und kritisierte vor allem Fehler der Politik.
Das Problem sei "über viele Jahre" schlicht ignoriert worden, so der Betriebsrat. Darüber hinaus würden nur halb so viele Menschen ausgebildet wie nötig. Auch über personelle Nachbesetzungen bei Pensionierungen habe man nie grundsätzlich und ernsthaft nachgedacht.