"Schon eine Herausforderung"

Neben Vollzeit-Job – Nichten müssen Onkel (85) pflegen

Die Pflege von Franz Pinter (85) übernehmen seine zwei berufstätigen Nichten. "Heute" hat sich angesehen, wie sie diese große Herausforderung stemmen.

Hannah  Maier
Neben Vollzeit-Job – Nichten müssen Onkel (85) pflegen
Franz Pinter, seine Nichte Renate Knorr und Pflegerin Ursula Zeeh (v.l.) üben den Diabetes-Test.
Sabine Hertel

Franz Pinter geht es eigentlich ganz gut. Mit seinen 85 Jahren ist er körperlich und geistig erstaunlich fit. "Aber das ist ja klar, ich habe früher so viel gemacht: Fußball gespielt, geturnt und getanzt", erzählt er. Trotzdem: Ab einem gewissen Alter geht vieles alleine nicht mehr. Das muss auch Pinter selbst zugeben. "Wir hatten schon die eine oder andere Situation, wo er Hilfe brauchte. Er ist letztes Jahr mehrmals in der Wohnung gestürzt und musste ins Krankenhaus", erzählt seine Nichte, Renate Knorr.

Den weiten Weg vom Bisamberg nach Liesing, wo Pinter alleine wohnt, nimmt Knorr mehrmals auf sich, denn sie kümmert sich gemeinsam mit ihrer Schwester um ihren Onkel. "Er will nicht in ein betreutes Wohnen und es ist auch nicht notwendig. Wir möchten zeigen, dass es kein Problem sein muss, sich um Angehörige zu kümmern", so die 57-Jährige.

Kostenlose Angebote für pflegende Angehörige

Pflege wird häufig durch An- und Zugehörige im häuslichen Umfeld geleistet. "Wir kommen zurecht, auch weil wir uns in medizinischen Sachen ganz gut auskennen. Aber ich verstehe gut, wenn sich Angehörige vor eine große Herausforderung gestellt sehen", gibt Knorr zu.

Um pflegende An- und Zugehörige zu entlasten und sozial abzusichern, bieten die FSW Pflege- und Betreuungsdienste seit Anfang des Jahres ein ganzheitliches Angebot an. Bei dem Netzwerk, das mittlerweile 170 pflegende Angehörige in Wien zählt, handelt sich um ein Pilotprojekt. Es steht Betroffenen mit individuellen Unterstützungsangeboten, Know-how und Begleitung in ihrem Pflegealltag zur Seite.

Hilfe im Bürokratiedschungel

Bei dem kostenlosen Angebot des FSW wird etwa bei bürokratischen Fragen und Antragsstellungen unterstützt. Auch gibt es medizinisch-pflegerische Anleitung durch Experten. Bei Bedarf werden von diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegern Hausbesuche angeboten. Dabei geht es dann zum Beispiel um die Sturzprophylaxe, oder darum, wie man einen Diabetes-Test richtig durchführt. "Wir wollen die Angehörigen begleiten, entlasten und unterstützen", erklärt die Projektleiterin Astrid Pfeffer.

Ursula Zeeh hilft bei der Antragsstellung und erklärt über das Angebot des FSW.
Ursula Zeeh hilft bei der Antragsstellung und erklärt über das Angebot des FSW.
Sabine Hertel

Auch Schulungen, wie für den Umgang mit Demenz, werden angeboten. "Das möchte ich unbedingt demnächst machen", so Knorr. Obwohl bei Pinter dazu aktuell kein Grund zur Sorge besteht, denn an Ereignisse vor 40 Jahren erinnert er sich noch, als hätten sie erst gestern stattgefunden.

Daheim ist es doch am schönsten

Eine der prägendsten Erinnerungen des 85-Jährigen: Nachdem im Dezember 1983 der Bau eines Donaukraftwerks nahe Hainburg beschlossen wurde, begann sich Protest zu formieren. Auch Pinter wurde aktiv und sammelte von damals bekannten Österreichern in der politischen und künstlerischen Szene 97 Unterschriften für den Erhalt der Au. "Es war eine anstrengende, aber schöne und vor allem erfolgreiche Aktion", so der Wiener.

Heute geht es Pinter ruhiger an: Spazieren, Fernsehen und seine Wohnung in Ordnung halten. Über Besuche seiner Nichten freut er sich immer: "Sie unterstützen mich in vielen Dingen, sie helfen mir bei der Technik und sie bringen mir immer selbst gekochtes Essen", schwärmt Pinter. Er fühlt sich in seinen eigenen vier Wänden im 23. Bezirk seit über 20 Jahren sehr wohl. "Solange es geht, werden meine Schwester und ich es ihm ermöglichen, zu Hause zu leben", hält Knorr fest.

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