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Personalkrise in der Pflege: "Geld allein reicht nicht"
Der Personalmangel stellt die Pflege weiterhin auf die Probe. Warum ein Gehaltsbonus allein nicht reicht und die Branche einen Imagewechsel braucht.
Wenn Aleksandra Todorović ihren Dienst um 7 Uhr morgens antritt, freut sie sich schon auf die Mittagszeit. Nicht, weil sie eine Pause macht, sondern, weil sie Zeit mit den Bewohner:innen verbringen kann. "In der Früh beginnen wir mit der Dienstübergabe. Dann gehen wir auf die einzelnen Wohnbereiche und beginnen mit dem Frühstück. Gegen elf Uhr haben wir kurz ein Gespräch, was sich bei den Bewohner:innen verändert hat", erzählt die Pflegefachassistentin, die im Caritas Pflegewohnhaus St. Leopold in Klosterneuburg arbeitet.
„"Seit den letzten drei Jahren befinden wir uns in einem Krisenmodus, wo wir sehr intensiv arbeiten. Der permanente Druck von allen Seiten hat auch sehr viel mit den Pflegekräften gemacht."“
Dann beginnt für Aleksandra die Zeit, die in der Pflege oft zu kurz kommt. "Wir haben circa eine halbe Stunde bis eine Stunde Zeit, um uns zu den Bewohnern zu setzen und mit denen zu plaudern. Es stimmt, dass immer weniger Zeit dafür da ist, aber es ist Organisationssache. Ich sage immer: Wer will, der findet auch die Zeit."
"Es ist schwer Personal zu finden"
Während die Zahl der Pflegebedürftigen immer weiter ansteigt, werden die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Pflegebereich immer weniger. Die Belastungen der Pflegebranche und die damit verbundenen Systemschwächen wurden durch die Pandemie noch stärker in den Mittelpunkt gerückt. Im Zuge der Pflegereform bekommen rund 150.000 Pflegekräfte mit dem Dezember-Gehalt einen Zuschuss in Höhe von rund 2.000 Euro brutto. Auch für 2023 ist laut Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) eine derartige Sonderzahlung geplant. Das Land Niederösterreich will den Betrag um 500 Euro netto erhöhen.
„"Die Personalproblematik verfolgt mich seit ich in der Pflege bin, also seit 25 Jahren. In den letzten Jahren hat es sich zugespitzt."“
Für Mustafa Salković, Leiter des Pflegewohnhauses St. Leopold in Klosterneuburg, reicht die Finanzspritze alleine nicht aus. "Seit drei Jahren befinden wir uns in einem Krisenmodus, wo wir sehr intensiv arbeiten. Der permanente Druck von allen Seiten hat auch sehr viel mit den Pflegekräften gemacht", sagt Salković. "Die Personalproblematik verfolgt mich seit ich in der Pflege bin, also seit 25 Jahren. In den letzten Jahren hat es sich zugespitzt. Es ist schwer Personal zu finden und Menschen für den Pflegeberuf zu motivieren."
Gehalts-Zuschuss allein reicht nicht
Die Pflegereform begrüßt der Heimleiter zwar, warnt aber: "Das ist sicher etwas, das uns weiterbringt. Aber Geld allein reicht nicht, um die Probleme zu lösen. Das ist für mich etwas naiv." Was es, laut dem Heimleiter, zusätzlich brauchen wird, um dem Personalmangel entgegenzusteuern, ist Imagearbeit. "Die Pflege ist ein wunderschöner Beruf, der auch mit viel Humor verbunden ist. Ich sage meistens, Herz, Hirn und Humor sind das Fundament unserer Arbeit."
„"Wir geben den Bewohnern ein schönes heute und das möchte man ja selbst auch einmal."“
Ähnlich sieht das auch Todorović. "Der Pflegeberuf ist eine Herzenssache. Damit man das spürt und sieht, muss man das miterleben. Es wäre schön, Jugendlichen mehr Einblicke, in Form von Praktika oder Schnuppertagen zu bieten. Sie sollen sehen, dass es nicht 'nur' die Pflege ist, sondern, dass es eine Herzensangelegenheit ist und man wirklich viel für die Bewohner tut und auch für sich selbst. Durch die Empathie und Bindung fühlt man sich auch selbst wohler. Wir geben den Bewohnern ein schönes heute und das möchte man ja selbst auch einmal."