Spieletests
"Persona 4 Golden" im Test – noch immer Goldstandard
Das legendäre und für viele Spieler beste Game der Reihe, "Persona 4", gibt es nun auch für moderne Konsolen. Weiter ist es ein JRPG-Meilenstein.
Wenn es um japanische Rollenspiele geht, kommt man um die "Persona"-Reihe einfach nicht vorbei. Nach dem "Heute"-Test von "Persona 3 Portable", das als Original den Grundstein für den Erfolg der Reihe legte, kommt nun auch der vierte Teil als "Persona 4 Golden" zu einer Remaster-Version. Und die Geschichte von Teil 4, ebenfalls aus dem Entwicklerhaus Atlus und vom Publisher Sega, liest sich ebenso bewegt wie die des Vorgängers: "Persona 4" erschien ursprünglich 2008 für die PlayStation 2, 2012 kam er zur Version für die PlayStation Vita namens "Persona 4 Golden", die 2020 auch für PC erschien.
Nun, fast drei Jahre später, kommt man in einer nochmals überarbeiteten Version mit dem gleichbleibenden Titel "Persona 4 Golden" auch auf Nintendo Switch, Steam Deck, PlayStation 4, Xbox One sowie Xbox Series X|S in den Genuss des Games. Auch bei "Persona 4 Golden" gilt: Die Vorgänger muss man nicht zwingend kennen, denn es gibt eine in sich abgeschlossene Geschichte, wer sich aber generell für den Werdegang der Reihe und die spektakulären Modernisierungen interessiert, fängt besser mit Teil 3 an. Der brachte nämlich einen Umbruch mit einem ganz neuen Gameplay, das die späteren Teile definiert.
Bis heute der Goldstandard der JRPGs
Gleichzeitig bedeutet das auch, dass man von den Vorgängern nicht enttäuscht wird. Wer zuerst mit "Persona 5" in Berührung kam, wird sich wohl nicht so schnell mit den abgespeckteren Möglichkeiten der Vorgänger zufriedengeben können, wer dagegen bei Teil 3 startet, darf sich über eine wunderbar stetige Erweiterungen der Freiheiten und Möglichkeiten der Nachfolger freuen. Und es wird auch eher dem Eindruck gerecht, den etwa "Persona 4" beim Zeitpunkt seines ersten Erscheinens hinterlassen hat – die Vita-Version kam auf Metacritic auf eine Bewertung von 93 bei 100 möglichen Punkten.
Doch auch wenn "Persona 4" mittlerweile fast 15 Jahre auf dem Buckel hat, wird es weiter seinem Titel gerecht und stellt noch immer den Goldstandard unter den JRPGs dar. Bei der Handlung gibt sich "Persona 4 Golden" etwas bodenständiger als der Vorgänger – statt nur schattenhafte Monster in einer mysteriösen Dämonenstunde zu bekämpfen, treibt uns im Nachfolger auch die Jagd nach einem Serienmörder an. Übersinnliche, dämonische und religiöse Themen bleiben zwar stark vertreten, die Handlung zeigt sich aber nicht ganz so nebulös und sorgt mit realistischeren Ansätzen für mehr Spannung.
Stundenlange Spannung, aber teils aus der Zeit gefallen
"Persona 4" dreht sich erneut um einen jugendlichen Protagonisten, der zu seinem Onkel in die Stadt Inaba zieht und deshalb dort neu an der Schule beginnt. Neben dem Schulalltag und zahlreichen neuen Freunden beschäftigt die Hauptfigur und seine neu gewonnenen Begleiter aber recht bald eine Mordserie, die die Gruppe aufklären will. Wie in allen anderen "Persona"-Teilen gibt es aber auch in diesem eine übernatürliche Parallelwelt, in der wieder die dämonenhaften Schatten lauern, derer wir uns mit unseren Personas – Manifestationen der Seele und der Psyche in Form mächtiger Geschöpfe – erwehren müssen.
Wie der Vorgänger versteht es "Persona 4 Golden" prächtig, die Charaktere in den Mittelpunkt zu stellen. Von den ersten Spielstunden weg erfreut man sich an den liebevoll durchdachten Hintergrundgeschichten der Figuren und verfolgt jede Wendung emotional mit. Spielstunden? Ja, denn auch "Persona 4 Golden" baut die Handlung recht langsam auf und wer es komplett durchspielen will, wird schnell über die Marke der 100 Spielstunden getrieben. Einzige Kritik: Manche Figuren wirken wie aus der Zeit gefallen und treten als stereotype Verkörperung von Themen wie Aussehen oder Homosexualität auf.
Hervorragend umgesetzte Charaktere und Beziehungen
Wettgemacht wird das durch die übrigen, wirklich hervorragend herausgearbeiteten Figuren, die zudem immer mit viel Humor, aber auch mit spannenden Wendungen die Handlung am Laufen halten. Und wieder ist eine Kernmechanik des Titels die Beziehungspflege zu den Charakteren, die nicht nur Nebenaufgaben löst und uns mit Items belohnt, sondern auch Statuswerte erhöht und damit mehr Möglichkeiten im Kampf und bei der Teamzusammenstellung ermöglicht. Schließlich ist es Tradition, dass "Persona"-Games zwei Spiele in einem sind: rundenbasiertes Kampf-Games und Schul-Simulationen.
Im Kampfteil durchstreift man wieder relativ frei in Sachen Steuerung und Kamerawinkel verschieden komplexe Dungeons, die sich nun bei Feinden als auch Umgebungen und den Bossen am Ende deutlich abwechslungsreicher als jene des Vorgängers (jedoch nicht des Nachfolgers "Persona 5") zeigen. In der "realen" Spielwelt wiederum erlebt man den Schulalltag des Protagonisten, kümmert sich um Anliegen der Freunde, hebt mit Nebentätigkeiten die Beziehungs- und Charakterwerte und treibt dadurch auch die Handlung voran. Dieser Game-Teil besteht allerdings wieder aus weniger Bewegungsfreiheit.
Das Grundprinzip der Vorgänger wird beibehalten
Einerseits gibt es im Tagesalltags-Teil nur fix vorgegebene Kameraperspektiven und andererseits dürfen wir auch unseren Protagonisten nicht frei bewegen, sondern nur mit einer Art Cursor mit Aktivitätssymbolen in der Spielwelt interagieren. Führen die Spielfiguren Dialoge, wird das Game zu einer interaktiven Visual Novel: Die 2D-Porträts der Charaktere werden samt den Dialogzeilen im Vordergrund eingeblendet, während die Figuren und Umgebungen in 3D-Grafik im Hintergrund sichtbar bleiben. Besonders schön: Im Vergleich zum Vorgänger gab es einen gewaltigen Grafiksprung in Sachen Details.
Bei den Kämpfen bleibt man dagegen dem simplen, aber spaßigen Prinzip treu. Berühren unsere Charaktere in der Kampf-Welt Feinde, schaltet das Spiel in den rundenbasierten Modus um, in dem wir unseren Figuren Angriff- und Abwehrkommandos geben dürfen. Die Möglichkeiten sind dabei überschaubar, Langeweile kommt beim abwechselnden Einsatz von Personas, leichten und schweren Attacken, Spezialfähigkeiten und Unterstützungsitems aber nicht auf. Ganz im "Pokémon"-Stil sorgt ein Schere-Stein-Papier-Prinzip für mehr oder minder wirksame Angriffe gegen verschiedene Feinde.
Knackige Herausforderung, aber Aufatmen für Anfänger
Wie im Vorgänger darf man in Teil 4 mit verschiedenen Personas experimentieren, je nach Zusammensetzung der Gruppe Gemeinschaftsangriffe freischalten und knackige Herausforderungen erleben. So plätschert die Story wieder einige Stunden dahin und stellt die Geduld der Spieler auf die Probe, landet man aber endlich im ersten Dungeon, ist der Schongang vorbei und die Gegner sind beinhart. In der neuen Game-Version darf aber der Schwierigkeitsgrad ebenso individualisiert werden wie andere Faktoren, etwa die Menge der Erfahrungspunkte – Anfänger tun sich so deutlich leichter als im Original-Spiel.
Die neuen Anpassungsmöglichkeiten bedeuten aber nicht, dass das Spiel schneller und mit weniger Grind durchgezockt werden kann. Noch immer sind stundenlange Dungeon-Streifzüge ebenso wie einige mehrmals zu absolvierende Passagen Pflicht, um entweder die notwendigen Erfahrungspunkte oder aber die notwendigen Items zu ergattern. Und auch die Story lässt sich nicht hetzen – sie erzählt eine spannende, aber extrem ausgedehnte und sich langsam entwickelnde Geschichte. Immerhin: Eine Schnellspeicherfunktion und die Möglichkeit, verlorene Kämpfe zu wiederholen, spart etwas Spielzeit.
"Persona 4 Golden" ist weiter der JRPG-Goldstandard
An anderer Stelle wiederum wird man förmlich überhäuft vor Möglichkeiten und Nebentätigkeiten, wie man sie etwa aus einem "Yakuza"-Game kennt – hier sind sie aber fast allesamt in Textform mit Dialogen und Optionen zu bewältigen. Das beginnt bei der Schulplanung mit Lernsessions und Prüfungen und reicht bis hin zu Nebenjobs und Ausflügen mit unserem Freunden zum Ski-Trip oder Kino-Besuch – und wird untermalt von jeder Menge Anime-Videosequenzen. Deutsch gibt es übrigens nur in den Untertiteln und Menüs, die zugegebenermaßen hervorragende Vertonung darf man in englischer und japanischer Sprache erleben. Die Grafik wurde wiederum aufgehübscht, etwas angestaubt wirkt sie mittlerweile trotzdem.
Wer bereits "Persona 3 Portable" gezockt hat, wird sich dennoch über eine weit detaillierte Darstellung, abwechslungsreiche Kämpfe und Schauplätze sowie weit mehr verschiedene Nebentätigkeiten freuen – wogegen Spielern, die erst bei "Persona 5" eingestiegen sind, genau in diesen Bereichen die Einschnitte deutlich auffallen werden. "Persona 4 Golden" stellt aber auch heute noch den Goldstandard der japanischen Rollenspiele dar und fokussiert wie kaum ein anderes Game auf liebevoll herausgearbeitet Charaktere und eine durchgehend spannende Handlung. Und dass man für dieses Videospiel-Meisterwerk nun auch nur rund 20 Euro hinblättern muss, sollte das Game für jeden Rollenspiel-Fan zu einem Pflichtkauf machen.