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"Payday 3" im Test – großer Coup läuft nicht ganz rund

"Payday" zählt zu den besten Shooter-Reihen überhaupt. Mit "Payday 3" kommt ein neuer Teil voll frischer Ideen, aber technisch läuft er noch unrund.

Rene Findenig
"Payday 3" im Test
"Payday 3" im Test
Starbreeze

"Payday: The Heist" aus dem Jahr 2011 erhielt ebenso gute Bewertungen wie "Payday 2" aus dem Jahr 2013. Dann wurde es ganze zehn Jahre lang still um die Reihe, bevor "Payday 3" nun für PC und die neue Generation der PlayStation- und Xbox-Konsolen erschienen ist. Der Start des Spiels war leider von Pannen begleitet. Einerseits war der Ansturm auf das Game, das eine Online-Verbindung erfordert, so groß, dass die Server in die Knie gingen und das Erlebnis für Stunden unspielbar machte, andererseits kam auch noch hinzu, dass Sony eine falsche Version des Spiels bereitstellte, das einige Zocker aussperrte. Doch auch nach dem Launch ist das Spiel vor Kritik nicht sicher, denn der Inhalt ist gut, die Ausführung aber nicht so sehr.

Bei "Payday 3" handelt es sich um einen First-Person-Shooter aus den Häusern Starbreeze Studios und Deep Silver und knüpft inhaltlich direkt an den Vorgänger an. Wieder geht es darum, Raubüberfälle mit einem Team zu planen und durchzuführen – ob still und heimlich oder mit jeder Menge Chaos und Waffengetöse, bleibt dabei den Spielern überlassen. Die Handlung selbst spielt sich in Form von wechselnden Standbildern samt Dialogen zwischen den einzelnen Missionen ab und dreht sich um die Motive der einzelnen Charaktere. Oscar-reif ist die Geschichte zwar nicht, eine nette Abwechslung zum Gameplay ist die aber dennoch. Die Missionen wiederum werden von Auftraggebern angeteasert, bevor wir loslegen dürfen.

Verschiedene Schauplätze bieten riesige Abwechslung

Weit mehr Spaß und Inhalt haben das Gameplay, die Aufträge und die Spielwelt zu bieten. Auf Beutetour darf man sich bei einem Banküberfall, aber auch in einem Nachtclub und einem Luxusgeschäft machen – insgesamt acht Schauplätze beziehungsweise Aufträge stehen den Spielern zur Verfügung. Das klingt zwar nicht viel, aber der Umfang ist weit größer, als man sich das vorstellen könnte. Jeder Schauplatz besitzt mehrere Gänge, Stockwerke und Zimmer, zudem gibt es immer mehrere Ein- und Ausgänge sowie Fluchtrouten – was sie gleich mehrmals auf unterschiedliche Weise spielbar macht, bevor man alles von einem Ort gesehen hat. Das macht auch ein abgestimmtes Teamplay bei den Raubzügen zur Notwendigkeit.

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    Bei "Payday 3" handelt es sich um einen First-Person-Shooter aus den Häusern Starbreeze Studios und Deep Silver und knüpft inhaltlich direkt an den Vorgänger an. 
    Bei "Payday 3" handelt es sich um einen First-Person-Shooter aus den Häusern Starbreeze Studios und Deep Silver und knüpft inhaltlich direkt an den Vorgänger an.
    Starbreeze

    Smart ist, wie das Spiel die reale Welt in die Spielwelt übertragen haben. So gehen wir als stille Beobachter auf Straßen und Plätzen in der Anonymität unter, während uns Sicherheitssysteme und Kameras in Räumen enttarnen können, in denen normale Bürger eigentlich nichts verloren haben. Auch das kann nicht wirklich einstudiert werden, sondern ist Teil eines geschickten Spiels mit schnellen Reaktionen, denn die Umgebungen und damit die kritischen Areale können sich je nach Durchlauf schon mal durchmischen oder komplett verändern. Und anders als bisherige Teile ist "Payday 3" auch keinesfalls mehr leblos, sondern von zahlreichen Passanten, Touristen und Bürgern, aber auch Sicherheitsmitarbeitern bevölkert.

    Heimlicher oder direkter Weg – oder meist etwas dazwischen

    Die interessanteste Neuerung in der aktuellen "Payday"-Ausgabe ist aber die Möglichkeit, entweder ganz unerkannt und ohne Gewalt an die Beute zu kommen, oder aber einfach vom Start weg die Tarnmaske übers Gesicht zu ziehen und auf alles zu schießen, das sich in der Spielwelt bewegt. Beides kann auch nahtlos ineinander übergehen, wenn wir etwa mit Kamera-Hacks und Sicherheitssystem-Tricks die Technik lahmlegen, uns dann aber ein Passant verpfeift, dem vier dubiose Gesellen am Eingang eines Juweliers verdächtig vorkommen. Man kann auch knapp dem Auffliegen entgehen – sind keine Waffen sichtbar, eskortieren uns Securitys in öffentlich zugängliche Areale zurück und schlagen erst beim zweiten Versuch Alarm.

    Spielerisch ergibt sich meist ein Mix aus Stealth- und Schieß-Gameplay, denn sobald sich ein Fehler einschleicht, kann dieser oft nur durch eine Waffennutzung (oder Drohung damit) gelöst werden, bevor man sich weiter still und leise zum Ziel schleicht. Das etwa, wenn man einen Sicherheitsmann überwältigt und dann über sein Funkgerät vortäuscht, dass am Schauplatz eh alles in Ordnung ist. Diese Sprüche sind übrigens wie einige andere Kommentare der Protagonisten mit viel Witz und Überzeugung umgesetzt worden. Je nach gewähltem der drei Schwierigkeitsgrade kann das heimliche Vorgehen durchaus knifflig werden. Beim gewaltsamen Vorgehen wiederum wird "Payday 3" zum Blutbad, aber nicht unbedingt schwer.

    Bei Baller-Durchgängen stapeln sich die Leichen

    Die Schwierigkeit bei einem Baller-Durchgang liegt eher darin, die Mission möglichst schnell zu beenden, als durch die Hand eines einzelnen Gesetzeshüters oder Securitys ausgeschaltet zu werden. Der Grund: Die Polizei und Spezialeinheiten rücken beim Auffliegen Welle für Welle heran und die Gegenspieler werden dabei immer stärker. Während man sich anfangs Schusswechsel mit ganz normalen Streifenpolizisten liefert, kommen später schwer gepanzerte Sonderkräfte und einige Agenten-artige Beamte mit Kampfsport-Künsten hinzu. Das heißt aber auch: In einem Level kann es auch schon mal zu 100 oder mehr toten Spielfiguren kommen, bevor es wirklich brenzlig wird. Wer will, kann nun übrigens mit der Polizei verhandeln.

    "Payday 3" hat dazu mehrere neue Mechaniken implementiert – so darf man Geiseln nehmen und sie gegen ein paar Spielminuten Ruhe vor den Gesetzeshütern austauschen. Diese Optionen zeigen sich sehr interessant, aber wenig durchdacht, denn weder lässt sich über andere Bedingungen für die Geisel-Freilassung verhandeln, noch hat man es mit sonderlich schlauen Polizei-Verhandlern zu tun, denn sie arbeiten einfach eine bestimmte Anzahl an Verhandlungen ab, bevor unabhängig von der Geisel-Situation wieder die Kugeln fliegen. Ebenso ärgert etwas, dass sich zwar die Schauplätze selbst verändern, auf der Spielkarte aber der Fluchtwagen, zu dem man es mit der Beute schaffen muss, fast immer gleich steht.

    Das Gunplay schrammt knapp am Frust-Chaos vorbei

    Beim Schießen selbst darf man sich übrigens kein hochpräzises "Call of Duty" erwarten, denn drückt man auf dem Gamepad der PlayStation 5 mit einem Maschinengewehr ab, rüttelt das Ding so sehr, dass Treffer zum Zufall werden. Dazu kommt ein nicht gerade realistischer Sound der Waffen und ein fast peinliches Treffer-Feedback. Dennoch machen die Gefechte Spaß, denn auch die Gegenspieler schießen, als würden sie gerade einmal 20 Zentimeter weit sehen, und die Auswahl an aufrüstbaren Waffen ist von Pistolen über Pumpguns bis hin zu Gewehren riesig. Waffen werden ebenso wie Aufrüst-Items per Level-Aufstieg freigeschaltet, später darf man die Magazine erweitern, neue Visiere montieren und Schalldämpfer nutzen.

    Gekauft werden die Arsenal-Verstärkungen mit Ingame-Währung – praktisch, dass wir sowieso bei unseren Raubzügen mächtig Kohle machen. Und ja, natürlich darf man sich auch ständig neu einkleiden und vor allem die absurdesten Masken für seine Überfälle nutzen. Dazu kommen auch noch kleinere Hilfsmittel wie kugelsichere Westen oder Granaten. Da die Ausrüstung vor jeder Runde neu zusammengestellt wird und dabei viel Geld nötig ist, muss sich die Spieler-Runde schon da absprechen, ob man den nächsten Anlauf auf die stille oder brutale Art angehen will. Während Waffen und Items beim lauten Vorgehen weiterhelfen, tun das die überraschend abwechslungsreichen und freischaltbaren Fähigkeiten bei Stealth-Plänen.

    "Payday 3" im Test – großer Coup läuft nicht ganz rund

    Ganze 17 Charakter-Klassen mit ihren jeweils eigenen Skills und Stärken bietet das Spiel, wobei wir aus jeder Klasse mehrere Fähigkeiten für unsere Spielfigur wählen dürfen. Dazu zählen so coole Möglichkeiten wie Sicherheitskameras zu hacken oder den Charme, Zivilisten davon zu überzeugen, uns zu Hilfe zu kommen. Abgerundet wird die Klasse dann von einem jeweils abschließenden Skill, der sich besonders hilfreich zeigt, etwa Funkgeräte verwenden zu können und damit die Securitys in die Irre führen zu können. Weniger rund wiederum läuft das Game bisher technisch. Blieb man anfangs von Online-Partien mit Freunden und Fremden aufgrund der Server-Überlastung ausgeschlossen, kam es auch jetzt noch zu einigen Abbrüchen.

    Mit menschlichen Mitspielern zu spielen ist momentan übrigens die dringende Empfehlung, denn die KI-Begleiter agieren und schießen noch schlechter als die KI-Feinde – da wundert es eigentlich auch nicht mehr, dass sie nicht einmal die Beute zu unserem Fluchtauto tragen, sondern wir das alleine erledigen oder sie mit den Taschen manuell "beladen" müssen. Kein Meckern gibt es beim Soundtrack, der treibende Beats auf die Ohren legt. Optisch sieht der Shooter für Next-Gen-Konsolen bis auf holprige Animationen recht schick aus, könnte so aber auch auf einer Xbox One oder PlayStation 4 laufen. "Payday 3" ist ein kurzweiliger Raubzug-Shooter, der bisher aber viele Chancen liegen lässt und technisch noch nicht ganz rund läuft.