"Erwarte mir Klarheit"
Paxlovid-Mangel – jetzt kritisiert Minister Apotheken
Die Versorgungslücke beim Covid-Medikament Paxlovid lässt die Wogen hochgehen. Am Dienstag ritt der Gesundheitsminister gegen die Apothekerkammer aus.
Am Montag hatte die Wiener Ärztekammer Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) wegen der schlechten Versorgungslage mit dem Paxlovid scharf kritisiert, von einem "Fiasko" und einem "eklatanten Managementversagen des Gesundheitsministeriums" gesprochen. Grund der Verärgerung: Rauch ordnete an, dass Apotheken nur mehr eine Packung des Covid-Medikaments auf Lager haben dürfen. Ist diese eine Packung weg, kann beim Pharmagroßhandel nachbestellt werden – aber auch wieder nur eine Packung. Bereits am Montag hätte damit die Versorgung "flächendeckend" wieder hergestellt sein sollen, hatte Rauch versprochen. Davon war allerdings bei weitem nicht die Rede, wie zahlreiche Postings in den sozialen Medien belegten.
Rauch legt im Streit nach
Am Dienstag ließ dann Rauch seinem Ärger über die Kritik bei einer Pressekonferenz zu einem eigentlich anderen Thema freien Lauf – und nahm die Apothekerkammer ins Visier. Diese habe ihm noch nicht erklären können, wo die Packungen geblieben sind, die an die öffentlichen Apotheken ausgeliefert wurden. "Die können nicht einfach vom Erdboden verschwunden sein", beschwerte sich Rauch und legte nach: Täglich erhalte man von der Kammer andere Zahlen.
"Ich erwarte mir, dass hier Klarheit geschaffen wird und wir von der Kammer restlose Transparenz erhalten", so der Minister weiter. Dann präsentierte er selbst Zahlen. Demnach seien 123.000 Dosen für die Auslieferung an öffentliche Apotheken eingekauft worden. Bis Ende Oktober seien aber nur 77.000 auch tatsächlich abgerechnet worden. "Wo die restlichen Dosen sind, konnte mir die Kammer nicht erklären." Er fordert von der Kammer die vollständigen Abrechnungsdaten: "Wo sind diese Packungen, wie sind sie verteilt worden?"
Die Bilder des Tages
Tatsächlich gibt es Gerüchte, dass etliche Dosen vor allem im grenznahen Bereich auch an ausländische Kunden verkauft worden sein sollen. Experten kritisieren auch, dass Ärzte Paxlovid auch Personen ohne positiven Corona-Test verschrieben hätten. Diese hätten das Medikament jetzt daheim, ohne es zu brauchen, während tatsächlich infizierte Patienten keines bekämen.
Neue Lieferung? Ministerium bleibt vage
Weiterhin kann das Gesundheitsministerium indes nicht genau sagen, wann die versprochene nächste Lieferung in Österreich einlangen wird. Dazu heißt es nur: "In den nächsten ein bis zwei Wochen." Und man erneuert das Versprechen: "Damit können wir die Verfügbarkeit von Paxlovid durchgängig sicherstellen."
Die Apothekerkammer weist Rauchs Kritik jedenfalls entschieden zurück und fordert, dass "dringend" neue Ware an die Apotheken geliefert wird. "Aktuell sind lediglich 3.400 Packungen entweder in einigen der 1.400 Apotheken noch lagernd oder befinden sich bereits über den Pharma-Großhandel in Umverteilung. Der Bund hat insgesamt 180.000 Packungen Paxlovid beschafft. Davon wurden zwischen März 2022 und Ende November 2023 insgesamt 123.000 Packungen an die öffentlichen Apotheken ausgeliefert. 57.000 Packungen sind an die Krankenhäuser und die ärztlichen Hausapotheken geliefert worden. Wie viele dieser Packungen an wen abgegeben worden sind und wie viele noch verfügbar sind, ist bis heute unklar", stellte sie in einer Aussendung klar.
Kammer: "Sämtliches Datenmaterial an Bund weitergegeben"
Die Apothekerkammer sei zu keinem Zeitpunkt über die Gesamtmenge der beschafften Ware informiert gewesen und habe daher auch keinen Überblick darüber gehabt, bis wann der Pharma-Großhandel die Apotheken mit bedarfsgerechten Paxlovid-Lieferungen aus dem Bundesbestand versorgen können werde. Betont wird aber auch: "Sämtliches verfügbare Datenmaterial wurde von der Apothekerkammer zu jedem Zeitpunkt an den Bund weitergegeben."
4.600 Packungen Paxlovid vernichtet
Erstmals gibt es auch Klarheit über die Anzahl der vernichteten Paxlovid-Dosen: Rund 4.600 Packungen wurden laut Kammer nach einem Informationsschreiben des Ministeriums aufgrund abgelaufener Haltbarkeit in den Apotheken fachgerecht entsorgt, bevor die Haltbarkeit durch eine spätere Entscheidung auf EU-Ebene verlängert wurde.