Spiele-Test

"Paper Mario: Die Legende vom Äonentor" als Glanzstück

Am Nintendo GameCube wurde "Paper Mario: Die Legende vom Äonentor" wie wild gefeiert, nun begeistert uns auch die neue Fassung für Nintendo Switch.

Rene Findenig
"Paper Mario: Die Legende vom Äonentor" als Glanzstück
"Paper Mario: Die Legende vom Äonentor" im Test – ein Glanzstück, das komplett für Nintendo Switch überarbeitet wurde.
Nintendo

In den jüngsten "Mario"-Games ließ Nintendo unseren Lieblingsklempner zu seinen Wurzeln zurückkehren. So bescherte uns "Super Mario Bros. Wonder" eine moderne 2D-Interpretation alter Klassiker, "Mario vs. Donkey Kong" brachte uns das Original des Game Boy Advance auf die Nintendo Switch und "Super Mario RPG" runderneuerte das SNES-Original "Super Mario RPG: Legend of the Seven Stars" für die aktuelle Zeit. Kritiker könnten anmerken, dass auch das neue "Paper Mario: Die Legende vom Äonentor" kein neuer Titel ist, schließlich gab es unseren Helden in 2D-Papierform bereits 2004 für GameCube, doch an Genialität ist es unübertroffen.

Noch heute schwärmen eingefleischte Mario-Fans von den beiden Original-Abenteuern "Super Mario RPG: Legend of the Seven Stars" und "Paper Mario: Die Legende vom Äonentor", und wie bereits das eine hat nun das andere ein hervorragendes Switch-Game bekommen. Und wieder handelt es sich nicht einfach um einen schnellen Port auf Nintendos Hybrid-Konsole, sondern um eine beeindruckende und detailverliebte Überarbeitung, die die Herzen der Mario-Fans höherschlagen lassen wird. Während allerdings viele Schauplätze weit bunter und detaillierter in der Switch-Fassung umgesetzt wurden, wurde an der Handlung kaum etwas verändert.

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    In den jüngsten "Mario"-Games ließ Nintendo unseren Lieblingsklempner zu seinen Wurzeln zurückkehren. So bescherte uns "Super Mario Bros. Wonder" ...
    In den jüngsten "Mario"-Games ließ Nintendo unseren Lieblingsklempner zu seinen Wurzeln zurückkehren. So bescherte uns "Super Mario Bros. Wonder" ...
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    Ein Schatz, eine zu rettende Prinzessin und großes Kino

    Gut, meckern darf man darüber, dass die Handlung als typisches Nintendo-Abenteuer beginnt. So stößt unsere bekannte Prinzessin Peach auf eine mysteriöse Karte, die einen uralten Schatz in Rohlingen andeutet. Den zu finden, dabei soll unser Protagonist Mario helfen, doch der findet anfangs nicht einmal von der Prinzessin eine Spur. Weil sie möglicherweise auf Schatzsuche verschollen ist, beginnt nun Mario seinerseits, die Gebiete des Pilz-Königreichs nach den sagenumwobenen Sternjuwelen zu durchforsten. Dabei tun sich atemberaubend schöne und herausragende Kulissen auf, aber auch die Story ist Mario-untypisch nicht seicht und egal.

    Im Verlauf der Handlung nimmt sich die Story für Lacher ebenso Zeit wie für emotionale Momente, bietet erzählerisch weit mehr als so gut wie jeder andere Mario-Titel und ist sich auch nicht zu schade, die Gefühlswelt der und die einzelnen Figuren selbst etwas genauer zu beleuchten. Schon da merkt man, dass das neue "Paper Mario" kein simples Hüpf-Adventure, sondern ein Rollenspiel mit etwas mehr Tiefgang ist. Entsprechend nehmen dann im Spiel auch Kämpfe und die Erkundung der Umgebungen eine tragende Rolle ein. Was wieder extrem schön funktioniert: Die Papier-Spielwelten sind als Diorama aufgebaut, der Artstyle ist einzigartig.

    Kreative Begleiter und nicht ganz so klassische Kämpfe

    Das Gameplay gleicht in etwa jenem des Vorgängers "Paper Mario: The Origami King", Mario bestreitet in der Spielwelt zum Vorankommen Kämpfe, löst kleinere Rätsel und stellt sich einigen spaßigen Plattformer-Passagen. Auf seiner Reise begegnet Mario zudem allerlei skurrilen Figuren, etwa der über starke Sturmblas-Künste ausgestatteten Aerona oder dem Panzer-bewaffneten Koopio. Direkt nach deren Vorstellung gibt es meist auch schon einige Geschicklichkeits-Passagen, in denen uns die Fähigkeiten der Begleiter gerade recht kommen. Ganz neu ist dieses Mal allerdings ein Partner-Rad, das wir selbst mit Begleitern bestücken.

    Knackig fallen wiederum die Kämpfe aus, zu denen das Spiel wechselt, wenn wir auf Feinde treffen. Rundenbasiert tritt hier Mario mit seinen jeweiligen Begleitern gegen eine Gruppe der Gegner an, bis möglichst alle Feinde besiegt sind. Einerseits darf man in den Schlachten ganz klassisch aus verschiedenen Manövern wie Angriff oder Heilung wählen, andererseits kommt mit dem Action-Kommando ein spezieller Aspekt ins Spiel. Dabei handelt es sich um eine kampfentscheidende Timing-Mechanik, bei der der Druck der richtigen Taste im korrekten Moment eine ziemliche Verstärkung oder schnelle Ausführung des jeweiligen Angriffs auslöst.

    Eine Mini-Prise "Dark Souls" tut dem neuen Mario gut

    Greifen die Gegner an, kommt gar eine Mini-Prise "Dark Souls" ins Spiel. So dürfen wir mit derselben Mechanik eine Taste drücken und nehmen dadurch nicht ganz so viel Schaden. Eine andere Taste hat noch einen entscheidenderen Effekt, ist aber nur etwas für Spieler, die über blitzschnelle Reaktionen verfügen: Sie kontert Angriffe erfolgreich, wird sie aber zu früh oder spät ausgeführt, nehmen wir dafür mehr Schaden. Ebenso neu ist das Trick-Kommando. Dieses ist gänzlich optional, lässt Angriffe und andere Manöver aber besonders spektakulär aussehen. Einen Bonus gibt es obendrauf: gefallen den NPCs die Tricks, sammeln wir Sternenenergie ein.

    Diese Sternenenergie kann von Spielern in einige Spezialangriffe, sogenannte Sternenattacken, investiert werden, die auch eine verloren geglaubte Kampfrunde noch drehen können. Auch gesammelte Items zur Heilung oder Stärkung darf man in den Kämpfen einwerfen. Apropos Einwerfen: Die Kampfplätze-Dioramen zeigen jeweils eine Art Zuschauertribüne, von der uns die Nintendo-Figuren nicht nur zujubeln, sondern auch mal hilfreiche Objekte in die Arena werfen. Wie detailverliebt das neue "Mario" schließlich ist: Die Papierwelten können durch Saboteure auch anständig beschädigt werden, dann kippen Karton-Kulissen um oder zeigen Löcher.

    Knackiges "Paper Mario"-Abenteuer mit vielen Aufgaben

    Eine Rückkehr feiern die ausrüstbaren Orden, die entweder in der Spielwelt oder in den Shops versteckt sind. Ihre Effekte umfassen erneut die volle Palette an Hilfsmaßnahmen, von simpel erhöhten Werten bis hin zu besserer Ausweichtechnik. Rollenspiel-gemäß steckt man sich aber nicht nur einen Orden an und kann dessen Stärke nutzen, sondern braucht dazu zwei Arten von Punkten. Die Ordenpunkte sorgen dafür, dass wir die Orden überhaupt ausrüsten können, sie können vom Spieler bei einem Levelaufstieg im Verlauf des Abenteuers erhöht werden. Die ebenfalls so gesteigerten Blütenpunkte lassen uns den jeweiligen Effekt des Ordens auslösen.

    Lasst euch überraschen, denn anders als bei einem Adventure-Mario ist es gar nicht so einfach, das gesamte "Paper Mario"-Abenteuer einfach mal schnell und problemlos durchzuspielen. Das Game bleibt trotz seiner knackigen Herausforderung aber immer fair und motiviert dazu, mit verschiedenen Werteeinstellungen und Ordenausrüstungen zu experimentieren. Abseits der eigentlichen Hauptmissionen dürfen wir als Mario zudem Sidequests erledigen, die fast alle vollkommen optional sind. Dazu reicht es meist, die Umgebung zu erkunden und mit den NPCs zu quatschen, schon hat man eine Handvoll kurzweiliger und abwechslungsreicher Aufgaben.

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    Optisch gab es bisher noch kein schöneres Mario-Game

    Neben all den für das Gameplay notwendigen Sammel-Sachen bietet das neue "Paper Mario" natürlich auch ganz viele optionale Items an, die beim Finden und Einsammeln Spezial-Inhalte wie Galerien und Informationen zur Spielwelt freischalten. Zudem darf man sich in diversen Koch- und Kampf-Herausforderungen messen. Und sogar das vielkritisierte, ständige Ablaufen bereits absolvierter Teile der Spielwelt hat Nintendo im neuen Game etwas entschärft. So verbindet ein zentraler Raum einige der wichtigsten Welten miteinander. Ganz bleibt es aber dennoch durch die Neuerung nicht aus, dass man mehrmals durch die Spielwelt laufen muss.

    Technisch ist das Game ganz große Klasse, jedes Lied zaubert und sofort ein Lächeln auf die Lippen, jede Kulisse ist so einzigartig wie schön gestaltet. Keine Angst, es gibt trotz komplett neuer Umgebungen und Klänge auch genug Inhalte, die langjährige Fans der Serie an die alten Zeiten erinnern werden. Bezaubernd sind die vielen Schatten-, Licht-, Spiegelungs- und anderen Effekte ausgefallen, die man in einer solchen Qualität noch in keinem anderen Mario-Game bewundern durfte. Außerdem läuft das Game von der ersten Spielminute weg vollkommen flüssig und es ist eines der wenigen Spiele, bei denen wir dringend den TV-Modus empfehlen.

    "Paper Mario: Die Legende vom Äonentor" als Glanzstück

    Wo andere Entwickler sich mit schnellen Ports begnügen, um einen Klassiker auf neue Konsolen zu bringen, hat Nintendo extrem viel Herzblut und neue Ideen in die Überarbeitung gesteckt und das Spiel von Grund auf neu gestaltet. Das spürt man im neuen "Paper Mario" sofort und das macht es auch so großartig. Zudem sprüht die Welt von "Paper Mario" nur so vor Kreativität: Mit einzigartiger Grafik wird viel Wert auf die Charaktere gelegt, der Witz ist zündend statt seicht und die Spielwelt kann an allen Ecken und Enden manipuliert werden. Eigentlich will man das aber gar nicht, denn so wunderschön sah bisher kaum ein Switch-Titel jemals aus.

    "Paper Mario: Die Legende vom Äonentor" ist ein beeindruckend überarbeitetes Glanzstück, das Serien-Kenner wie -Neulinge überzeugen wird. Wer neu dabei ist, bekommt zahlreiche Komfort-Funktionen wie ein ausführliches Training und einen Abkürzungsraum, damit der Einstieg und das Vorankommen trotz knackigem Schwierigkeitsgrad problemlos klappt. Veteranen freuen sich dagegen über neu interpretierte Schauplätze, Charaktere und Songs ihres Lieblings-Games und finden dank moderner Technik und massig frischen Inhalten genug Gründe, noch einmal in "Paper Mario: Die Legende vom Äonentor" einzutauchen.

    Nintendo mag sich derzeit auf Neuauflagen alter Klassiker konzentrieren – wenn diese aber weiter in einer so herausragenden Qualität erscheinen, haben wir keinerlei Problem damit.

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