Zu späte Auszahlung
Pannen bei Covid-Hilfe: Finanzminister droht nun Klage
"Weil die Regierung säumig ist, stehen viele Firmen vor dem Aus", sagt Experte Zmuegg. Er prüft jetzt Amtshaftungsklage
Um die staatlichen Coronahilfen gehen die Wogen nach wie vor hoch. Denn viele Unternehmen in Österreich warten immer noch auf zugesagte Unterstützungszahlungen – "deshalb wird es bei zahlreichen Firmen jetzt eng", beklagt Experte Gerald Zmuegg vom Beratungsunternehmen Finanzombudsteam gegenüber "Heute". Allein er betreue rund 150 Firmen, die wegen Verzögerungen bei der Auszahlung der Hilfen vor der Pleite stehen.
Neue Anträge ab 4. Dezember
Am Freitag kam immerhin Bewegung in die Causa. Die Regierung hat eine Richtlinie erlassen, die einen Konflikt mit dem EU-Beihilferecht "repariert" und nun können Anträge für den sogenannten "Verlustersatz III" (für den Zeitraum Jänner bis März 2022) neu eingereicht werden – ab dem 4. Dezember 2023.
"Das ist eine gute Nachricht für all jene Unternehmen, die bisher auf die Corona-Hilfsgelder gewartet haben. Somit ist gewährleistet, dass die Hilfsgelder rasch ausbezahlt werden können. Mit der neuen Richtlinie erhalten jene Unternehmen, die aufgrund von Spätanträgen auf die Auszahlung von Hilfsgeldern warten, die Hilfen, die mit den Voraussetzungen der Europäischen Kommission im Einklang stehen", so Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP).
Es sei immerhin "ein erster Schritt zur Behebung der bestehenden Missstände", sagt Zmuegg. Konkret geht es um Hilfsanträge, die von heimischen Firmen zwischen 30. Juni und 30. September 2022 eingereicht wurden. Diese Frist war seitens des Finanzministeriums gesetzt worden, verstieß aber gegen EU-Recht – daher bekamen die Unternehmen kein Geld. Der Konflikt um die späten Anträge wurde im Sommer mit der EU geklärt – "aber jetzt erst in eine neue Verordnung gegossen", beklagt Zmuegg. Noch dazu müssen laut ihm die Unternehmen nun ab dem 4.12. ihren Antrag erneut einreichen, was zu weiteren Verzögerungen führe.
„Unternehmen stehen vor Aus, weil Regierung säumig ist“
Zudem sei die jetzt erfolgte Gesetzes-Reparatur bei weitem nicht ausreichend, zürnt Zmuegg. Denn eine zweite Korrektur in Form einer neuen Verordnung fehle nach wie vor. Diese betrifft den Umgang mit Unternehmensverbünden (also Firmen mit mehreren Filialen) bei den Hilfen. "Da geht es nicht um Großkonzerne, sondern etwa um die Fitness-Kette Fit-Fabrik-Plus", nennt Zmuegg ein Beispiel. "Solche Unternehmen stehen jetzt vor dem Aus, weil die Regierung säumig ist mit dem Erlassen von Verordnungen", so der Chef des Finanzombudsteams.
Pleitewelle droht
"Seit dem 10.8.2023 wird zwischen dem Finanzministerium und dem Vizekanzler über die Situation dieser Unternehmen verhandelt, ohne dass eine Einigung erzielt wurde, obwohl eine Vereinbarung mit der EU vorliegt", ärgert sich Zmuegg. Dieser Stillstand und die damit verbundene Verzögerung bei der Auszahlung durch die staatliche Finanzierungsagentur COFAG "führen zu weiteren Insolvenzen und Entlassungen", so Zmuegg. In den Insolvenzanträgen werde das als Begründung jedenfalls drin stehen.
Schadensersatz vom Staat
Mit seiner Geduld ist Zmuegg jetzt am Ende und er schaltet einen Gang hoch. "Da nunmehr seit 10. August keine endgültige Lösung erreicht wurde, werden wir das Ministerium auffordern, dies sicherzustellen und andernfalls eine Amtshaftungsklage einbringen", kündigt Zmuegg im "Heute"-Gespräch an. Bei einer solchen Klage geht es um Schadensersatz vom Staat.
Finanzminister und Vizekanzler im Visier
Geprüft werde, ob eine solche Amtshaftungsklage dann allein gegen Finanzminister Brunner oder auch gegen Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) erfolge. "Unseres Wissens liegt die Verordnung seit 11.9. zur Unterschrift beim Vizekanzler. Es ist schlimm genug, dass Unternehmen mehr als 24 Monate auf Hilfszahlungen warten müssen, weil eine Verordnung nicht EU-konform erlassen wurde. Nochmals mehr als vier Monate zu warten, weil sich Finanzministerium und Vizekanzler nicht einigen können, ist eines Rechtsstaats unwürdig", erregt sich Zmuegg.