Szene
Eva Menasse bremst Bruder bei Buchpreis aus
Robert Menasse gewann Anfang Oktober den Deutschen Buchpreis mit "Die Hauptstadt" (Suhrkamp), beim Österreichischen Buchpreis überholte ihn seine Halbschwester Eva im Finish.
Eva und Robert Menasse standen beide auf der Shortlist, am Dienstag wurde unter den fünf Finalisten Eva für "Tiere für Fortgeschrittene" (Kiepenheuer & Witsch) im Kasino am Schwarzenbergplatz ausgezeichnet.
"Mit ihrem genauen Blick auf unsere Lebenswelt hat Menasse acht vergnüglich zu lesende Erzählungen über Alltag, Sehnsucht und Veränderung geschrieben und unsere Gegenwart in Literatur verwandelt. Die 'kleine' Form der Shortstory wird bei Eva Menasse zu großer Kunst. Ich gratuliere Eva Menasse ganz herzlich", freute sich Kulturminister Thomas Drozda bei der Verleihung.
Jurybegründung
Mit dem Österreichischen Buchpreis 2017 wird ein Erzählband ausgezeichnet, der auf pointierte und stilistisch ausgefeilte Weise zeigt, dass auch in der kleinen Form die großen zwischenmenschlichen und gesellschaftspolitischen Themen verhandelt werden können. Eva Menasse schaut in "Tiere für Fortgeschrittene" mit präzisem, zugleich emphatischem und unsentimentalem Blick auf heutige Beziehungen und deren Abgründe – um die Frage, wie wir in der Familie zusammenleben wollen, geht es dabei genauso, wie um die Möglichkeiten eines sozialen Miteinanders. Eva Menasse versteht es, ihre Charaktere zu sezieren, ohne sie zu denunzieren, vielmehr bringt sie diese in der ihr eigenen Schönheit und Tragik zum Sprechen. Dabei zieht sich Eva Menasse in keiner ihrer acht Erzählungen auf einen moralisch überlegenen Standpunkt zurück, sondern sie entlässt ihre Figuren in eine offene Zukunft – und uns LeserInnen mit ihnen.
Debütpreis für "Sechzehn Wörter"
Den Debütpreis erhielt Nava Ebrahimi für "Sechzehn Wörter" (btb Verlag). Begründung der Jury: "Der im Rahmen des Österreichischen Buchpreises vergebene Debütpreis geht an die 1978 geborene, in Graz lebende Nava Ebrahimi. Ihr Roman "Sechzehn Wörter" erzählt in ebenso vielen Kapiteln anhand von systematisch ausgewählten Begriffen sechzehn Facetten einer iranisch-deutschen Familiengeschichte. Anlässlich der Beerdigung ihrer Großmutter kehrt die in Deutschland aufgewachsene Protagonistin in ihre alte Heimat zurück und sieht sich dadurch noch einmal mit den Traditionen ihrer Familie konfrontiert. Mit viel Witz und abseits gängiger folkloristischer Klischees schildert die Autorin das Ineinander der Kulturen in einer ebenso unangestrengten wie hellsichtigen Sprache. Ebendieser Tonfall und ihre Beobachtungsgabe sind es, die erhoffen lassen, dass Nava Ebrahimi mit ihren folgenden Büchern auch in Zukunft neue Horizonte erschließen wird."
Shortlist für den Österreichischen Buchpreis 2017:
• Brigitta Falkner: "Strategien der Wirtsfindung" (Matthes & Seitz)
• Olga Flor: "Klartraum" (Jung und Jung)
• Paulus Hochgatterer: "Der Tag, an dem mein Großvater ein Held war" (Deuticke)
• Eva Menasse: "Tiere für Fortgeschrittene" (Kiepenheuer und Witsch)
• Robert Menasse: "Die Hauptstadt" (Suhrkamp) (lam)