Politik

ORF 2 unterbricht Kickl-Rede im Parlament für Werbung

In der Sondersitzung des Nationalrats sollte es eigentlich um die Teuerungen gehen . Stattdessen gab es von jeder Partei gegenseitige Angriffe.

Leo Stempfl
Obwohl es um die Teuerung gehen sollte wurde mehr über das politische Gegenüber gesprochen. 
Obwohl es um die Teuerung gehen sollte wurde mehr über das politische Gegenüber gesprochen. 
Helmut Graf

Die Opposition hat die Regierung – und die übrigen Nationalratsabgeordneten – aus der Sommerpause geholt. In einer Sondersitzung soll es am Mittwoch insbesondere über die Teuerungen gehen. Den Start der Debatte bildet eine Dringliche Anfrage der SPÖ.

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Schmähdeckel

Kai Jan Krainer hatte als Antragssteller das erste Wort. Die eigenen Warnungen vor der Inflation seien damals im Parlament nicht ernst genommen worden. Mittlerweile gehöre man in diesem Punkt zu schlechtesten Ländern in Westeuropa. "Danke für gar nichts, liebe ÖVP, liebe Bundesregierung." Der kurz vor der Sitzung vorgestellten Mietpreisdeckel bekam von ihm den Spitznamen "Schmähdeckel". 

Die Banken machten währenddessen schon vor der Teuerung so viel Gewinn, wie Österreich pro Jahr für den gesamten Bildungssektor bei Kindern und Jugendlichen ausgibt. Heuer kann dieser Gewinn voraussichtlich noch einmal verdoppelt werden. Hintergrund: Kreditzinsen werden stark erhöht, Sparzinsen hingegen nicht.

Bilderstrecke – die besten Fotos der Sondersitzung:

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    Nationalrat: Sondersitzung zur Teuerung am 30. August 2023.
    Nationalrat: Sondersitzung zur Teuerung am 30. August 2023.
    Helmut Graf

    Wo gehobelt wird fallen Späne

    Es folgte sodann die Replik des Bundeskanzlers. "Wir wurden gerade Zeuge der dunklen und finsteren Welt des Kai Jan Krainers. Mit dieser Einstellung löst man keine Krisen, mit dieser Einstellung werden Sie auch nicht die Zukunft dieses Landes gestalten", so Nehammer. Im Anschluss zählte er die Errungenschaften der Regierung auf, wurde dabei aber immer wieder lautstark unterbrochen.

    Nach einem Abarbeiten an Ungarn und dem Naheverhältnis der FPÖ zum Orban-Regime ging es um Spanien, das von der SPÖ oft als Vorbild gesehen wird. Dort sei die Inflation niedriger, aber die Kaufkraft sei zurückgegangen. "Ich weiß, es ist nicht alles perfekt, es passieren Fehler. Aber nur dort, wo überhaupt gearbeitet wird, können Fehler passieren." Er glaube aber weiterhin an die Stärke des Landes.

    Erstes Taferl

    Eva Maria Holzleitner (SPÖ) bezeichnete die Rede Nehammers als polemisch. "Erklären Sie Mal einer Person aus Braunau, die über die Brücke nach Simbach fährt, warum dort der Einkaufswagen um ein vielfaches weniger kostet. Das können Sie niemandem erklären", außer damit, dass die Regierung eben nicht in die Preise eingegriffen hat. Deswegen müsse die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel runter. 

    ÖVP-Klubobmann August Wöginger präsentierte das erste Taferl der Debatte. Auf diesem zu sehen war ein Vergleich der Kaufkraft, bei dem Österreich recht gut abschneidet. Er selbst wohne an der bayrischen Grenze, antwortete er der Vorrednerin. "Da wollen wir nicht hin", hielt er in Bezug auf den dortigen Rückgang der Wirtschaft fest.

    ORF dreht Kickl das Wort ab

    Es folgte FPÖ-Chef Herbert Kickl. Er richtete der SPÖ einleitend ein großes Dankeschön aus, gemeinsam diese Sondersitzung einberufen zu haben. Das sei Demokratie. Nicht demokratisch sei es hingegen, sich zu einer Einheitspartei zusammenzuschließen mit dem alleinigen Ziel, gegen die FPÖ aufzutreten.

    Es ging gerade um die "Verlogenheit" der Regierung in der Teuerungsdebatte, als auf ORF 2 um 12.57 Uhr dann plötzlich der Parlamentsberichterstatter des ORF dazwischenfunkte. Man müsse nun leider die Übertragung beenden. Im Anschluss spielte es noch ein paar Minuten Werbung, ehe die ZIB 13:00 begann. Die ganze Rede gab es nur mehr auf ORF III bzw. in der Mediathek des Parlaments zu sehen.

    Blitzgneißer:innen

    Dort trat daraufhin Sigrid Maurer, grüne Klubobfrau, ans Pult. Sie hatte in der Rede Kickl keine einzige Lösung gehört und blieb deswegen "ratlos zurück". Aber immerhin himmele seine Parteijugend auch lieber den Hitler-Balkon in Erwartung eines Volkskanzlers an. "Jetzt gibt's ein paar Blitzgneißer:innen", so Maurer weiter, die bezeichnen den Mietpreisdeckel als Schmäh, weil die Inflation ja unter fünf Prozent prognostiziert wird. Aber die Mieterhöhungen fallen alle zwei Jahre auf einmal an, 2024 hätte es also ohnehin keine gegeben, 2025 wären dann dafür 11,5 Prozent angestanden. Das wurde nun auf fünf Prozent begrenzt. 

    Beate Meinl-Reisinger holte gegen die ÖVP als "Polit-Darsteller" aus, die sich lieber mit Normalitäts-Debatten beschäftige als wichtige Probleme zu lösen. "Arbeitsverweigerung nenne ich das, was sie in den letzten Wochen hier gezeigt haben." Auch was Herbert Kickl von sich gebe sei langsam langweilig. "Ihre Schallplatte ist hängen geblieben und ich würde sie nicht kaufen. Die hat viel zu viele Kratzer." 

    Reisebericht

    Gesundheitsminister Johannes Rauch berichtete von seiner Berlin-Reise. Dort habe er die gesetzten Maßnahmen vergleichen können und sei so zu dem Schluss gekommen, dass Österreich hier im absoluten Spitzenfeld liege. Die anderen Länder haben so etwas schlichtweg nicht. 

    SPÖ-Klubchef Philip Kucher hingegen ist im Inland geblieben, hat dort mit hart von den Teuerungen betroffenen Personen gesprochen. Er forderte den Bundeskanzler dazu auf, ihnen in die Augen zu schauen und "Sehen's das nicht so düster" zu sagen, wie er das vorhin gegenüber Kai Jan Krainer gemacht hat. 

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      Screenshot Facebook/Markus Reperich; Google Street View
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