Politik
ÖVP-Politiker emotional zu Armin Wolf: "Ich bin wütend"
Die Schmiergeld-Affäre in der EU und Österreichs Schengen-Veto lässt die Wogen hochgehen. Othmar Karas kritisiert beides im ORF mit scharfen Worten.
Nach dem Korruptionsverdacht gegen die griechische EU-Parlamentsvizepräsidentin Eva Kaili und ihren italienischen Lebensgefährten hat die Polizei die Räumlichkeiten des EU-Parlaments in Brüssel durchsucht. Die Anti-Geldwäsche-Behörde hat die Vermögenswerte der Griechin einfrieren lassen, rund 700.000 Euro an Bargeld sollen in Taschen in ihrer Wohnung sowie in der Hand ihres Vaters sichergestellt worden sein. Kaili soll ihres Amtes enthoben werden.
Othmar Karas ist "wütend"
Die EU reagierte mit aller Härte auf den unglaublichen Schmiergeld-Skandal, doch der Image-Schaden ist schon jetzt enorm. Dazu meldete sich Montagnacht, Othmar Karas (ÖVP), einer der Vizepräsidenten des EU-Parlaments und somit Amtskollege der mutmaßlich korrupten Spitzenpolitikerin, in der ZIB2 bei Armin Wolf zu Wort.
"Ist das nur die Spitze des Eisberges?", fragte der ORF-Moderator gleich zum Start des Interviews. Karas betonte zwar, dass die Ermittlungen noch lange nicht abgeschlossen seien, doch fiel seine weitere Antwort auffallend emotional aus: "Ich bin wütend, weil ich ja spüre, was diese Diskussion bei den Bürgerinnen Bürgern auslöst und weiß, dass Korruption das tödlichste Gift für unsere Demokratie ist."
Ob die Scheichs aus Katar nur diese eine einzige von mehr als 700 Abgeordneten mutmaßlich bestochen haben, wird sich noch zeigen müssen. Karas zeigt hier aber Kante: "Es ist die eine zu viel."
Das offizielle Dementi von Schmiergeldflüssen durch Katar will er nur so weit kommentieren: "Ich kann mir das angesichts dessen, was wir wissen, nur schwer vorstellen." In einer ersten Konsequenz wurde im EU-Parlament aber das Visa-Abkommen mit Katar, das eigentlich diese Woche zur Abstimmung hätte kommen sollen, wieder in den Ausschuss zurückgeworfen.
"Nicht der Zeitpunkt, zu verurteilen"
Weiter will er aber zumindest jetzt noch nicht gehen. Mehrfach betont Karas, dass Besonnenheit angesagt sei. Er wolle erst einmal die Ermittlungen abwarten: "Es ist nicht der Zeitpunkt, alle zu verurteilen". Dennoch spricht der 1. Vizepräsident des EU-Parlaments von einem "Angriff von innen und außen" auf die europäische Demokratie. Das sei in dieser Form einzigartig und mache wütend.
Interne Konsequenzen werde es ebenso geben. Das EU-Parlament habe aber nicht per se ein Transparenz-Problem und sei das transparenteste Parlament aller EU-Staaten. Der Angriff sei von einem autoritären Staaten und kriminellen Organisationen gekommen.
Transparenz bringe ohne persönlichen moralischen Kompass der einzelnen Abgeordneten aber wenig: "Die letzte Entscheidung hat immer der Mensch, immer der Politiker selbst. Ich habe nicht den Eindruck, dass irgendeine zusätzliche Regel dieses Fehlverhalten hätten verhindern können". Man müsse beides immer im Blick haben.
Karas verurteilt Schengen-Veto
Das vielfach kritisierte Schengen-Veto gegenüber Bulgarien und Rumänien durch Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) und der türkis-grünen Regierung ist für Karas ein Schritt in die falsche Richtung.
"Ich kann nicht in die Personen hineinschauen", sagt er nach der Bitte zu einem Kommentar zu den handelnden Parteikollegen.
"Für mich ist es wichtig, zwei Dinge auseinanderzuhalten: Ja, wir haben ein Problem mit den Asylzahlen in Österreich. Ja, die Asylpolitik in Europa ist leider gescheitert. Ja, wir benötigen ein gemeinsames System. ABER: Das hat nichts mit Schengen zu tun. Das Veto macht Rumänien und Bulgarien zum Sündenbock und löst uns kein einziges Problem – im Gegenteil."
Die Blockade Österreichs sei deshalb "kein Teil der Lösung". Der Weckruf Richtung EU sei zwar notwendig gewesen, "das Instrument aber falsch".
Rolle im EU-Parlament
Gemäß Artikel 14 des Vertrags über die Europäische Union wählt das Europäische Parlament "aus seiner Mitte seinen Präsidenten und sein Präsidium" für eine verlängerbare Amtszeit von zweieinhalb Jahren. Das bedeutet, dass es in jeder Legislaturperiode normalerweise zwei Präsidenten gibt.
Die 14 Vizepräsidenten können den Präsidenten bei der Ausübung von Pflichten, etwa bei der Leitung der Plenarsitzungen, vertreten. Sie sind zudem Mitglieder des Präsidiums, das für alle parlamentarischen Angelegenheiten in Sachen Verwaltung, Personal und Organisation verantwortlich ist.