Wirtschaft

OeNB-Gouverneur bewertet Credit Suisse-Absturz im ORF

Die Pleiten von Credit Suisse und einigen US-Investmentbanken nähren die Angst vor einer neuen Finanzkrise. OeNB-Gouverneur Holzmann beruhigt.

Roman Palman
OeNB-Gouverneur Robert Holzmann zu Gast bei Armin Wolf in der ZIB2 am 20. März 2023.
OeNB-Gouverneur Robert Holzmann zu Gast bei Armin Wolf in der ZIB2 am 20. März 2023.
Screenshot ORF

Der Bankensektor hat in letzter Zeit dramatische Tage erlebt. Während der Aktienkurs der Credit-Suisse im Laufe der Woche ein Rekordtief erreichte und eine rasche Rettungs-Fusion der Schweizer Großbank mit dem Konkurrenten UBS bereits vom Staat mit milliardenschweren Garantien verordnet wurde, sind auch bereits mehrere kleinere US-Banken eingegangen. So etwa die Silicon Valley Bank oder auch die Banken Silvergate und Signature.

Viele Anleger sind nervös geworden und haben ihr Geld in sichere Anlagen wie Staatsanleihen und Gold gebracht. Doch sind die angeschlagenen und in Konkurs gegangenen Finanzhäuser nur eine Reihe von Pannen und Missmanagement oder droht der Bankenbranche gar eine Finanzkrise 2.0, wie sie 2008 die Märkte erschütterte?

"Es handelt sich bei der Credit Suisse um eine Systemrelevante Bank. Die kann nicht nur durch einfache Maßnahmen gerettet werden", erklärt der Gouverneur der Österreichischen Nationalbank OeNB, Robert Holzmann, Montagnacht in der ZIB2. Daher habe man diese Fusion mit der UBS zu einer gigantischen Bank mit einer Bilanzssumme in doppelter Höhe der Schweizer Wirtschaftsleistung wagen müssen.

OeNB-Gouverneur Robert Holzmann zu Gast bei Armin Wolf in der ZIB2 am 20. März 2023.
OeNB-Gouverneur Robert Holzmann zu Gast bei Armin Wolf in der ZIB2 am 20. März 2023.
Screenshot ORF

Ist die Schaffung eines solchen "Monsters" nicht unverantwortlich und gefährlich? "Kann sein, muss aber nicht sein", so Holzmann ausweichend. Die mannigfaltigen Umstände einer möglichen Gefahr für die europäische Stabilität wollte der Währungshüter im ORF aber dann nicht ausführen.

Zum aktuellen Absturz der Schweizer habe aber auch die Unsicherheit in den USA beigetragen. Ein Fall wie die Silicon Valley Bank könnten in Europa aufgrund schärferer Regularien "sicherlich nicht" passieren, beruhigt der Experte.

OeNB-Gouverneur Robert Holzmann zu Gast bei Armin Wolf in der ZIB2 am 20. März 2023.
OeNB-Gouverneur Robert Holzmann zu Gast bei Armin Wolf in der ZIB2 am 20. März 2023.
Screenshot ORF

Aber: Eine Sanierung der seit 2018 strauchelnden Credit Suisse sei jedenfalls offensichtlich nicht möglich gewesen. Dass kein profitablerer Weg gefunden werden konnte, sei "echtes Management-Versagen" gewesen. Dieses hätte eigentlich der Aufsichtsrat abstrafen müssen, die Finanzmarktaufsicht wird sich auch noch damit auseinander setzen müssen.

Die Wettbewerbssituation in der Schweiz könne aber insofern in den Griff bekommen werden, indem der neuen Bank zahlreiche Auflagen aufgezwungen werden. "Und Sie glauben, dass das passiert?", hakte Moderator Armin Wolf mit Verweis auf eine mögliche Monopolstellung. Holzmann trocken: "Ich hoffe es."

Mehrere Faktoren für Pannenserie-Theorie

Für die Pannenserie-Theorie sprechen laut der "NZZ" mehrere Faktoren. Laut Dirk Schumacher von der Natixis Bank sind im Gegensatz zu 2008 nicht die Kreditrisiken das Problem, sondern die Zinsrisiken. Die Silicon Valley Bank habe es versäumt, schnell genug Liquidität bereitzustellen, da ihre Geschäftsleitung das Risiko unterschätzte, dass die Zentralbanken die Zinssätze in kurzer Zeit stark anheben könnten, was dann auch geschah.

Laut Schumacher sollten Zinsrisiken für Großbanken eigentlich leichter einzuschätzen sein. "Aber wie die letzten Tage gezeigt haben, muss das nicht immer so sein."

Konkurs gegangene Banken konzentrierten sich auf Krypto

Außerdem seien sich Experten einig, dass die konzentrierten Geschäftsmodelle der zusammengebrochenen amerikanischen Banken wie Silicon Valley Bank, Silvergate und Signature, die sich ausschließlich auf die Start-up-Industrie und Kryptowährungen konzentrierten, darauf hindeuten, dass es sich eher um Einzelfälle als um eine neue Bankenkrise handelt.

Die Credit Suisse gilt derweil als Sonderfall, da sie schon seit langem in Schwierigkeiten stecke und in letzter Zeit viele Rückschläge habe hinnehmen müssen. "Die Behörden haben jedoch schnell gehandelt, um einen Ansturm auf die regionalen Banken zu verhindern, und die amerikanischen Aufsichtsbehörden haben ebenfalls interveniert."

Keine Turbulenzen auf dem Immobilienmarkt

Im Vergleich zu 2008 seien die Banken heute besser mit Kapital ausgestattet und weisen geringere Risiken in ihren Bilanzen auf. Zudem sind laut der Schwyzer Kantonalbank unerwartete Turbulenzen bei den wichtigsten Bankanlagen wie Staatsanleihen und dem Immobilienmarkt trotz der Unruhe in der Finanzbranche ausgeblieben.

Trotzdem gibt es auch die Befürchtung, dass eine ausgewachsene Finanzkrise noch kommen könnte. So warnen Experten, dass das Bankensystem anfällig für eine sich selbst verstärkende Dynamik ist, etwa einen Bank-Run. Der Begriff beschreibt den Teufelskreis, bei dem Personen in Sorge um ihr Vermögen ihr ganzes Geld von einer schwächelnden Bank abziehen und diese damit zusätzlich schwächen. Schnell kann diese Dynamik auch auf andere Banken übergreifen und diese in den Konkurs treiben, obwohl sie eigentlich nicht pleite ist.

Banken haben nur ein Bruchteil ihres Geldes zur Verfügung

Darüber hinaus wird auch die Konstruktion des Kredit- und Geldsystems als problematisch angesehen, da die Banken nur einen Teil der sofort liquiden Mittel im Verhältnis zu ihren Zahlungsverpflichtungen halten. In normalen Zeiten genügen die zur Verfügung stehenden Mittel – bei einer Krise verstärkt der Umstand die Wahrscheinlichkeit eines Bank-Runs.

Die anhaltende Skepsis gegenüber dem Bankensektor hat sich auch negativ auf die Regulierung und Aufsicht ausgewirkt. Die langjährige Niedrigzinspolitik der Zentralbanken hat zu Fehlentwicklungen geführt, wie Thorsten Polleit, der Chefökonom des Edelmetallhändlers Degussa, gegenüber der "NZZ" sagt.

Darüber hinaus werde die inverse Zinsstrukturkurve als problematisch angesehen, da es für die Banken schwierig sei, kurzfristige Mittel in langfristige Kredite umzuwandeln. Das Versäumnis der Rating-Agenturen, vor Kreditrisiken zu warnen, sorgt laut Polleit ebenfalls für Unsicherheit.

1/50
Gehe zur Galerie
    <strong>21.11.2024: Für 4,90 Euro völlig ungenießbares Schulessen serviert</strong>. Die Debatte um Mittagessen und Jause in heimischen Schulen und Kindergärten kocht hoch. <a data-li-document-ref="120073491" href="https://www.heute.at/s/fuer-490-euro-voellig-ungeniessbares-schulessen-serviert-120073491">"Es schmeckt nicht", ärgert sich nicht nur Wienerin Daniela D.</a>
    21.11.2024: Für 4,90 Euro völlig ungenießbares Schulessen serviert. Die Debatte um Mittagessen und Jause in heimischen Schulen und Kindergärten kocht hoch. "Es schmeckt nicht", ärgert sich nicht nur Wienerin Daniela D.
    privat, iStock