Expertin Schnaderbeck
ÖFB-Krach? "Geht nicht spurlos an Mannschaft vorbei"
ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick hielt unmittelbar vor dem Abflug zum Nations-League-Duell nach Kasachstan eine Brandrede. Vom Präsidium kam keine Antwort.
"Es ist an der Zeit, ein paar Dinge klarzustellen, in aller Ruhe, Sachlichkeit und Deutlichkeit'" – so begann der ÖFB-Teamchef am Mittwoch seine Ansprache am Ende der Pressekonferenz vor dem Nations-League-Gastspiel in Kasachstan, nur wenige Stunden, bevor der Flieger in Richtung Almaty abhob.
Danach machte der 66-Jährige seinem Ärger Luft, erklärte, dass eine von ÖFB-Präsident Klaus Mitterdorfer mehrmals angedachte Vertragsverlängerung und Kompetenzerweiterung mit Rangnick in den letzten fünf Monaten "kein Gesprächsthema" gewesen sei, eine Verlängerung wolle der Deutsche aktuell ohnehin nicht. Denn: "Wenn wir uns nicht für die WM 2026 qualifizieren, bin ich einen Tag später nicht mehr Teamchef. Unabhängig von der Vertragslaufzeit."
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Besonders deutlich wurde der rot-weiß-rote Teamchef auch bei der Personalie Bernhard Neuhold. Der Vertrag des ÖFB-Geschäftsführers wurde vor dem Hintergrund der anstehenden Strukturreform im Verband beendet – zum Unmut der Spieler und des Trainers. Der Mannschaftsrat forderte bereits in einem Brief an den Verband den Verbleib Neuholds. Rangnick meinte nun: Es sei nicht wichtig, ob "wir jemanden besonders sympathisch finden, sondern darum, dass wir professionell die besten Möglichkeiten für die Mannschaft vorfinden. Bernhard Neuhold von heute auf morgen ersatzlos zu streichen, funktioniert nicht, ohne dass das Team Schaden nimmt. Wenn man sich so entscheidet, muss gleichwertiger oder noch besserer Ersatz da sein", stellte der Deutsche klar.
Nur Stunden später hob dann die Chartermaschine nach Almaty, rund 300 Kilometer von der chinesischen Grenze entfernt, ab – mit dem Team-Tross und auch Präsident Klaus Mitterdorfer an Bord. Der wollte dem "ORF" im Rahmen der Kasachstan-Reise kein Interview geben. Genauso wie andere Mitglieder der Präsidiums.
"Geht nicht spurlos an der Mannschaft vorbei"
Viktoria Schnaderbeck langjährige Kapitänin des ÖFB-Frauen-Teams, analysierte das Spiel am Donnerstagnachmittag im "ORF", meinte auf die Rangnick-Brandrede angesprochen: "Mir fehlt die Innenansicht, es steht mir nicht zu, Personalien aufzugreifen. Aber eines kann ich schon sagen: Das geht nicht spurlos an der Mannschaft vorbei. Er hat es zurecht angesprochen, die Spieler sind nicht dumm", so die langjährige ÖFB-Kapitänin.
Einen Vertrauensmann nahe der Mannschaft zu haben, sei wichtig, so Schnaderbeck. "Es wird in die Kabine gehen, wo diskutiert wird: Wer ist jetzt der Ansprechpartner? Es gibt Themen, die man als Spieler vielleicht direkt klären muss, wie Prämien. Es ist schon ein Problem, wenn du keinen direkten Ansprechpartner mehr hast. Das wirkt sich auf die Mannschaft aus und ist natürlich jetzt nicht der richtige Zeitpunkt", so die Ex-Fußballerin. Das müsse Rangnick aber ohnehin "für sich selbst entscheiden, auch als Teamchef. Er muss es auch auf seine Kappe nehmen."
Teamchef Rangnick gab sich derweil kurz vor dem Anpfiff gelassen. "Wie ich gestern schon sagte, war es an der Zeit, einige Dinge richtigzustellen. Damit ist es jetzt auch gut. Unser Fokus ist voll auf das Spiel heute und am Sonntag", meinte der Teamchef kurz vor dem Anpfiff im bitterkalten Almaty.
Auf den Punkt gebracht
- ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick hielt vor dem Nations-League-Spiel gegen Kasachstan eine Brandrede, in der er die mangelnde Unterstützung des Präsidiums und die Entlassung von Geschäftsführer Bernhard Neuhold kritisierte
- Ex-ÖFB-Kapitänin Viktoria Schnaderbeck betonte, dass solche internen Konflikte nicht spurlos an der Mannschaft vorbeigehen und die fehlende Kommunikation und Ansprechpartner die Spieler belasten könnten