Wien

Obdachlosen-Morde: Caritas verteilt Trillerpfeifen

Von "noch nie dagewesener Gewalt", spricht Wiens Caritas-Chef Klaus Schwertner. Streetworker klären auf, verteilen Trillerpfeifen und Taschenalarme.

Yvonne Mresch
Gegenüber <em>"Heute"</em> äußerte sich Wiens Caritas-Direktor Klaus Schwertner zu den Attacken auf Obdachlose und spricht von "noch nie dagewesener Gewalt".
Gegenüber "Heute" äußerte sich Wiens Caritas-Direktor Klaus Schwertner zu den Attacken auf Obdachlose und spricht von "noch nie dagewesener Gewalt".
Michael Indra / SEPA.Media / picturedesk.com

"In den vergangenen Jahren hat es immer wieder vereinzelt Schikane oder auch Gewalt gegen Obdachlose gegeben. Diese Form ist aber einzigartig. So etwas hat es in Wien noch nicht gegeben, es ist eine noch nie dagewesene Form der Gewalt", reagiert Wiens Caritas-Direktor auf die Attacken auf Obdachlose in Wien. 

Schlafplätze aufgestockt, Verunsicherung bei Obdachlosen

Das Geschehene habe Spuren hinterlassen: "Die Gewaltvorfälle haben zu großer Verunsicherung bei Betroffenen geführt. Und nicht nur bei jenen, die akut obdachlos sind, sondern insgesamt bei wohnungslosen Menschen." Auch bei den Mitarbeitern sitze der Schock tief. Eines der Opfer lebte bereits viele Jahre auf der Straße und war bei vielen Mitarbeitern bekannt. "Es herrscht große Betroffenheit und ein Bewusstsein, dass rasch reagiert werden muss", so Schwertner.

Erste Maßnahmen wurden bereits gesetzt, versichert der Caritas-Chef. So gibt es nun zusätzliche Schlafplätze – 30 bei Caritas-Einrichtungen, gemeinsam mit der Stadt Wien und dem Fonds Soziales Wien insgesamt 90 Plätze an fünf Standorten. "Das ist ein erster Schritt", so Schwertner. "Mit Auslaufen des Winterpakets gibt es einfach zu wenig Plätze. Während der Pandemie war das anders."

Betroffene suchen nach Verstecken

Die neuen Schlafplätze würden bereits angenommen: "Man sieht, dass das Angebot genutzt wird. Denn ohne die eigenen vier Wände ist man natürlich schlechter geschützt. Einige sagen, sie überlegen sich nun genau, wo sie nächtigen. Sie suchen Verstecke und Orte, wo sie ihre Sachen sicher verwahren können", so der Caritas Wien-Chef.

Auch in der Sozialarbeit haben die Vorfälle einiges verändert. Streetworker sind drei Mal pro Woche unterwegs, klären unter anderem über das Passierte auf, sensibilisieren und versuchen zumindest einen Teil der Angst zu nehmen. Da viele der akut Obdachlosen psychisch angeschlagen sind, gestalte sich die Kommunikation allerdings oft schwierig. "Das Streetwork muss weiter ausgebaut werden, vor allem aufgrund der aktuellen Verunsicherung", appelliert Schwertner. 

Alarme als Abschreckung im Ernstfall

Streetworker werden nun auch mit Trillerpfeifen und Taschenalarmen ausgestattet, die – wenn gewünscht – an Obdachlose verteilt werden und als Abschreckung dienen sollen. Die Kooperation mit der Polizei sei sehr gut, versichert Schwertner. Es habe bereits einen runden Tisch gegeben: "Wir versuchen, einen Beitrag zu leisten." So groß die Verunsicherung sei, so groß sei aber auch die Freude über die Solidarität in der Gesellschaft, betont Schwertner. Diese sei auch weiterhin gefragt – in Form von Spenden, Hitzepaketen und Co. Wer spenden möchte, kann die Caritas hier unterstützen.

Fonds Soziales Wien und Rotes Kreuz stocken auch auf

Auch der Fonds Soziales Wien reagiert auf die jüngsten Vorfälle. Das "Obdach Josi" öffnet nun auch in den Nachtstunden Tür und Tor – wir berichteten. In bestehenden Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe wurden weitere Schutzräume zur Verfügung gestellt – gemeinsam mit der Caritas und dem Wiener Roten Kreuz. "Die aktuelle Lage macht es notwendig, dass wir weitere Plätze als Sofortmaßnahme aktivieren. Die tätlichen Angriffe führen unter den obdachlosen Menschen zu Verunsicherung. Mit den zusätzlichen Aufenthaltsplätzen spannen wir den Schutzschirm weiter auf," betont Markus Hollendohner, Leiter der Wiener Wohnungslosenhilfe im Fonds Soziales Wien.

Nicht jeder in der Obdachlosen-Szene habe bislang von den Vorfällen gehört, erklärt eine Sprecherin. "Unsere Straßensozialarbeiter weisen die Personen darauf hin, achtsam zu sein, nachts nicht alleine unterwegs zu sein oder zu schlafen und den Schlafsack offen zu lassen, um im Notfall schneller reagieren zu können." Wir haben Mitarbeiter, die die Opfer kannten, wir sind alle bestürzt und traurig."

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