Israelische Armee
"Null Führung" – Soldat stellt sich gegen Regierung
Ein Soldat der israelischen Streitkräfte kritisiert auf Social Media mit klaren Worten die Führung – und damit vor allem Präsident Netanjahu.
Der Krieg im Nahen Osten fordert weiterhin viele Opfer. So gaben Gesundheitsbehörden im Gazastreifen am Montag an, dass seit dem Überraschungsangriff der Hamas gegen Israel mehr als 10.000 Palästinenser bei israelischen Angriffen getötet wurden. Mindestens 1.400 Menschen wurden in Israel getötet, und mehr als 240 Geiseln wurden bei dem Angriff der Hamas verschleppt.
Offene Kritik
Erstmals hat sich nun ein Soldat der israelischen Armee (IDF) offen und dabei sehr kritisch über die israelische Führung geäußert, wie "Newsweek" berichtet. Matan Yaffe, der sich auf der Plattform X als Vater von fünf Söhnen und zudem als "stolzen israelischen Patrioten" bezeichnet, sagt, sein Land könne und solle "das beste Land der Welt" sein.
Doch offenbar ist Israel in Yaffes Augen aktuell weit davon entfernt, dies zu sein. Im Thread, den er am Sonntag auf X postete, nennt er zwar keine spezifischen Details zu Unzulänglichkeiten der israelischen Streitkräfte im Krieg gegen die Hamas. Jedoch nehme seine Motivation von Tag zu Tag mehr ab.
"Große Vertrauenskrise"
"Am 7. Oktober war mir klar, dass ich für die Idee namens Staat Israel kämpfen würde", schreibt Yaffe. Doch aktuell nehme der "Wahnsinn der israelischen Regierung" kein Ende. Ein Misserfolg jage den nächsten. Dann richtet er sich offen gegen den Präsidenten. Yaffes "große Vertrauenskrise" habe seinen Ursprung nicht etwa im Feind, der Hamas, sondern in Benjamin Netanjahu.
"Mir ist klar, dass das Wohl des Volkes, des Landes und seiner Bürger nicht die Ziele dieser bösen Regierung sind", so der Soldat. Er sehe "null Führung, null Verantwortung, null Professionalität" Auch Ehrlichkeit, Moral, Weisheit und Mut lasse die Regierung vermissen: "Null null null."
Land brauche neue Führung
So sei klar: "Selbst wenn wir die Hamas besiegen, und ich bin mir sicher, dass wir das schaffen werden, wird das nicht den Nullen an der Macht zu verdanken sein, sondern den Menschen vor Ort, die ihr Leben opfern, obwohl sie der Regierung nicht vertrauen." Er schließt seinen Thread mit der Aussage, dass das Land eine neue Führung brauche.
Unklar bleibt, ob und welche Konsequenzen der Beitrag für Yaffe haben könnte. Gegenüber der "Newsweek" gab ein Sprecher der israelischen Armee an, der Soldat habe damit "entgegen der Erwartungen der Armee" gehandelt. Was dies jedoch genau nach sich zieht, wurde nicht erläutert.
"Komm zurück nach Hause"
Yaffes Beitrag löste auf X eine lebhafte Diskussion aus, in der einige seine Kritik an Netanjahus Regierung unterstützten. Ein Nutzer, Adi Mimram, sagte, er solle weiter kämpfen, "nicht für die Regierung, sondern für das Volk". Die Politologin Noga Arbell schrieb jedoch: "Es gibt 360.000 Reservisten, die den Krieg gewinnen wollen. Es ist besser für dich und uns, nicht einer von ihnen zu sein. Komm zurück nach Hause und finde etwas weniger Gefährliches für uns alle".
Benjamin Netanjahu wurde in Israel bereits massiv für die Sicherheits- und Geheimdienstmängel kritisiert, die den Hamas-Anschlägen vorausgingen. Am Montag verurteilte Haaretz, eine linke Zeitung, die den Premierminister häufig kritisiert, Netanjahu erneut in einem Meinungsartikel, der auf seine rechtsgerichtete Regierung abzielte.