Oberösterreich
"Niemals" – bekannter Bäcker pfeift auf Insektenmehl
Seit kurzem dürfen Insekten in Backwaren enthalten sein. Einem namhaften Bäcker schmeckt das gar nicht. Krabbeltiere hätten im Brot nichts verloren.
Eine neue Verordnung der Europäischen Union bereitet vielen Kopfzerbrechen. Hintergrund: Seit Ende Jänner erlaubt die Bestimmung, dass Hausgrillen und Larven des Getreideschimmelkäfers verwendet werden können.
Pasten oder Mehl aus diesen Insekten dürfen nun zum Beispiel in Brot, Backwaren, Pizza oder Nudeln enthalten sein. Doch einem anerkannten Bio-Bäcker stößt diese frische Maßnahme sauer auf. Deutliche Worte findet der Joseph-Brot-Gründer Josef Weghaupt nun zur erlaubten Verwendung von Krabbelviechern im Gebäck.
Auf einem an der Joseph-Brot-Filiale am Linzer Hauptplatz ausgehängten Zettel ist ein Kommentar zu lesen (siehe Bild unten). Der Text beginnt mit einer Frage: "Sie fragen sich, ob es jemals in unserer Bäckerei zum Einsatz von Insektenmehl kommen könnte, das seit Ende Jänner 2023 von der EU-Kommission erlaubt ist?" Weiters heißt es: "Die Antwort darauf fällt uns leicht: Nein. Und niemals!"
Insekten gehören in die Natur
Man schätze Insekten in der Natur ("auf Wiese und Feldern"), denn dort sind sie ein Teil der Biodiversität. "Dort ist ihr richtiger Platz und nicht in einem Brotteig oder Backofen", führt Weghaupt weiter aus.
„"Insekten schätzen wir auf Wiesen und Felder und überall in der Natur." Joseph-Brot-Gründer Josef Weghaupt“
Man freue sich, wenn es auf "unseren eigenen Bio-Feldern ringsum der Bäckerei in Burgschleinitz (Bez. Horn; Anm.) so richtig summt und surrt." Dann wisse man, der Boden und die Pflanzen leben: "Und damit auch unsere Vision für echtes, lebendiges Brot."
Bis jetzt war es Lebensmittel-Herstellern nur erlaubt, Heuschrecken und Mehlwürmer zu verarbeiten.
Vor allem industriell produziertes Gebäck mit E-Nummern, Zusatz- und Hilfsstoffen sowie künstlichen Backhilfsmitteln sind Weghaupt ein Dorn im Auge: "Das sind Industrie-Erzeugnisse voll Ungereimtheiten für Konsumenten", so der Unternehmer.
"Und mit dem sogenannten Insektenmehl geht man nun einen verantwortungslosen Schritt weiter: Produziert noch mehr Unsicherheit, entfernt sich noch extremer vom Wert und Sinn des Brotes. Das lehne ich kategorisch ab."
Die Bio-Bäckerei hat Anfang November ihr Geschäft in der Landeshauptstadt eröffnet. 2009 im niederösterreichischen Waldviertel gegründet, betreibt das Unternehmen mittlerweile acht Filialen in Wien, Linz, Salzburg und Burgschleinitz.
Viele Bedenken bei neuer EU-Verordnung
Anscheinend ist Weghaupt aber nicht der Einzige, der misstrauisch ist: Die Konsumentenschützer der Arbeiterkammer Oberösterreich haben in den vergangenen Wochen zunehmend skeptische Anfragen erreicht. Vielen bereitet die neue EU-Verordnung Kopfzerbrechen.
Von der AK kommt jedoch Entwarnung: Wer Produkte mit den Krabbeltieren meiden möchte, braucht nur auf das Zutaten-Verzeichnis schauen. Denn darin muss sowohl die lateinische Bezeichnung der Insekten als auch ihr deutscher Name angeführt werden.
Derzeit bestehe außerdem nur eine geringe Gefahr, versehentlich etwa eine Süßspeise mit Insektenmehl zu erwischen. Lebensmittel mit Käfern sind laut den AK-Experten nach wie vor Nischenprodukte.