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"New Tales from the Borderlands" im Test – Echt schräg
Gearbox Software bringt uns neuen "Borderlands"-Stoff! "New Tales from the Borderlands" bietet wenig Innovation, aber schrägen Humor und alte Stärken.
Es gibt Neues aus dem "Borderlands"-Universum, und das heißt auch gleich auch so: "New Tales from the Borderlands" ist aber kein vollkommen verrückter Action-Loot-Shooter, sondern für die ebenso schräge Adventure-Reihe der Spiel-Serie weiter – auf PlayStation 5 und 4, Nintendo Switch, Xbox Series X|S und One sowie PC. Statt Telltale Games übernimmt nun aber Gearbox Software persönlich das Ruder. In "New Tales from the Borderlands" wird deshalb auch nicht die Story der bekannten Figuren Fiona und Rhys weitererzählt, sondern es verschlägt und auf den Planeten Promethea.
Der Planet hatte sich bekanntlich im Shooter-Teil "Borderlands 3" zum Kriegsgebiet entwickelt, und während man nun im neuen Spiel um einen äußerst fragilen Frieden bemüht ist, lernt man drei Außenseiter kennen. Die Wissenschaftlerin Anu, ihr Bruder Octavio und die aufbrausende Fran eint dabei eines – sie wollen für einen dauerhaften Frieden im Universum sorgen, lassen aber durch ihre unkonventionelle Art bei Hektik vollkommenes Chaos und liebenswürdige Irritationen ausbrechen. Und Hektik bietet das Game genug – in Form von Kammer-Jägern, Banditen und CEOs von Waffenkonzernen.
Nicht jede Menge Cameos, dafür aber neue Figuren
So unterschiedlich die drei Protagonisten auch sind, sie sind allesamt so gut und detailverliebt umgesetzt worden, dass sie den Spielern schon direkt zum Start ans Herz wachsen. Alle drei Figuren träumen von einem größeren Schicksal, dass die Welt für sie bereithalten sollte, gehen aber fast bedeutungslosen Tätigkeiten nach und stolpern im Spiel schließlich in den schlimmsten Tag ihres Lebens. Der Grund: Eine neue Invasion bricht los, das Trio steht plötzlich im Mittelpunkt und die Spieler dürfen entscheiden, ob Frieden, Ruhm oder einfach nur Rache den Weg der Charaktere bestimmen soll.
Es wäre natürlich kein "Borderlands", wenn die Story nicht mit vielen abgefahrenen Wendungen und einer spannenden Erzählung um die Ecke kommen würde – diese plätschert nur in der Mitte des Games etwas dahin, macht das aber gegen Ende wieder mehr als wett. Zudem freuen sich "Borderlands"-Fans über Hunderte Anspielungen auf die übrigen Teile und den witzig-durchgeknallten Humor der Serie. Doch etwas überraschend ist allerdings, dass es nicht ganz so viele Cameo-Auftritte wie in anderen "Borderlands"-Games gibt – dafür wird die Chance genutzt, einige neue Rollen in die Reihe einzuführen.
Komplex verzweigtes Entscheidungs-System gefällt
Reihen-typisch bestimmt der Spieler auch hier zum größten Teil über die Dialog-Optionen, wie sich die Handlung entwickelt. Während diese Auswahlmöglichkeiten noch recht aussagekräftig sind und öfters mal auch abschätzen lassen, in welche Richtung man die Story damit treibt, ärgert man sich aber über das ein oder andere Quicktime-Event. Wird ein solches Event unter Zeitdruck versemmelt, gibt es meist keinen Weg mehr zurück zur ursprünglich angepeilten Entscheidung. Da das Spiel aber viele spannende und verzweigte Wege zu bieten hat, fällt das erst beim mehrmaligen Durchspielen richtig ins Gewicht.
Doch auch "New Tales from the Borderlands" ist vor dem Faktor Zufall nicht gefeit. Wie ein Entscheidungs-Übersichts-Bildschirm nach jedem Kapitel zeigt, hätte man einige Wendungen und die Folgen von Handlungsoptionen vorab sowieso niemals abschätzen können. Die Entscheidungen werden übrigens ebenso auf die drei Protagonisten verteilt – so kann man entweder Anus Wunsch nach Frieden im Universum, Octavios Streben nach Macht und Reichtum oder Frans Träume nach Rache entsprechend vorantreiben. So ergibt sich ein durchaus beeindruckend verzweigtes Konstrukt mit viel Wiederspielwert,
Etwas Loot, aber die Menge ist überschaubar geworden
Je nachdem, welchen Weg man im Videospiel verfolgt und wie man versucht, die Handlung in Form von Dialogen, Minispielen und Quicktime-Events zu beeinflussen, warten bis zu fünf komplett verschiedene Enden auf die Zocker. Allzu viel freies Gameplay wie Erkundungstouren oder Ähnliches gibt es dabei aber nicht, das meiste des Spiels wird über die Handlung, die Dialoge, die Minispiele und die Quicktime-Events erzählt. Letztere lassen sich übrigens auch anpassen, etwa ob man nur vereinfacht eine Taste drücken muss oder aber unter Zeitdruck auf die Buttons hämmern will. Sehr lobenswert!
Eine Besonderheit zeigen indes die vielen verschiedenen Minispiele. Derer gibt es für jede der drei Protagonisten-Figuren eigene, mit denen etwa technische Systeme gehackt oder Items gescannt werden können, um mehr Informationen zu erhalten. Eine schöne Hommage an andere "Borderlands"-Games sind indes auffindbare Sammelfiguren, die in einer Art Minispiel-Prügler gegeneinander antreten können. Der spielt sich zwar kinderleicht, dennoch gefällt die Abwechslung im Spiel gut. Und auch an anderer Front hat man Spaß: Mit im Spiel erhaltenen Geld lassen sich kosmetische Outfits für die Figuren kaufen, was auch etwas optische Abwechslung in die Geschichte bringt. Übertrieben viel Loot wie in anderen Teilen gibt es hier aber nicht.
Technisch tolle Umsetzung und viel verpackte Emotion
Etwas kurz ist das Game mit nur fünf Kapiteln ausgefallen, immerhin gibt es aber wie erwähnt einen sehr hohen Wiederspielwert. Und technisch macht "New Tales from the Borderlands" einen hervorragenden Eindruck. Der traditionelle Cell-Shading-Look gefällt, auch weil noch etwas mehr Wert auf Details gelegt wurde und die Welt generell noch bunter erscheint. Dazu gibt es eine herrlich passende Musikuntermalung und sehr gute Sprecher, die den bekannten und beliebten Witz des "Borderlands"-Universums ebenso gut an die Spieler bringen wie große Emotionen und ein, zwei tieftraurige Momente, die das Spiel ebenso zu bieten hat.
Das neue "New Tales from the Borderlands" weiß, wie es die Fans der Reihe erneut abholen kann und tut dies technisch sauber und in gewohnter Qualität, allerdings ist es mit nur einer Handvoll Spielstunden (rund zehn sind es bei zügiger Spielweise) auch relativ kurz. Das Highlight des Spiels sind seine Charaktere, die absolut liebenswürdig ausgefallen sind und mit denen man sich gerne ins chaotische Abenteuer stürzt. Schade ist nur, dass nicht noch mehr bekannte "Borderlands"-Figuren ihren Weg in das Spiel gefunden haben. Dafür sind aber einige Charaktere neu mit dabei, von denen wir hoffen, sie in zukünftigen Serienteilen wiedersehen zu dürfen.
Keine bahnbrechenden Neuerungen, aber gewohnte Qualität
Typisch begrenztes Telltale-Gameplay paart sich in "New Tales from the Borderlands" mit einer spannend erzählten Geschichte, viel Witz, dem gewohnten Chaos und einem hohen Wiederspielwert. Schön ist, dass die Macher versucht haben, neue und komplett unterschiedliche Charaktere in die Reihe einzuführen, was auch super gelungen ist. Dafür hätten aber bei de Cameo-Auftritten bekannte Charaktere ruhig eine gewichtigere Rolle spielen dürfen. Inhaltlich gibt es aber trotzdem wenig zu meckern, die Story fesselt und die neuen Figuren fügen sich super in das Spiel-Universum ein, das mit Witz, Chaos und Loot glänzt.
Für die eher geringe Spielzeit werden Zocker mit tollen Anpassungsmöglichkeiten vor allem bei den Eingaben entschädigt. Sie passen unter anderem die Quicktime-Events des Titels an den eigenen Spielstil an und man darf sogar entscheiden, ob eine falsche oder verspätete Button-Eingabe überhaupt eine negative Auswirkung auf die Handlung haben soll. Das haben wir in vielen anderen ähnlichen Spielen bisher vermisst und die Umsetzung nimmt einen potenziellen Frustfaktor weg. "New Tales of the Borderlands" ist ein äußerst gelungenes Story-getriebenes Adventure, das zwar keine bahnbrechenden Neuerungen mit sich bringt, aber die klassischen "Borderlands"-Qualitäten gewohnt gut ausspielt.