"Falscher Weg"
Neuer Streit: Grüne legen sich gegen ÖVP-Plan quer
Eine Klarnamenpflicht, wie sie die ÖVP fordert, wird von den Grünen als bereits gescheitert entschieden abgelehnt.
Italien schob Fake-Bewertungen im Internet den Riegel vor, österreichische Hoteliers forderten prompt dasselbe. Die Wirtschaftskammer sprang auf den Zug auf, in weiterer Folge auch die ÖVP, die hier einen gelegenen Bogen zur von Bundesparteiobmann Karl Nehammer geforderten Klarnamenpflicht im Internet spannen konnte.
Um 10.30 Uhr wollten am Mittwoch Generalsekretär Christian Stocker und Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky weitere Details zu diesem Vorhaben präsentieren, doch nur wenige Minuten vor Beginn hagelte es von den Grünen die Absage: "Es braucht realistische und technisch machbare Lösungen, die nicht die Meinungsfreiheit einschränken und auch vor den Höchstgerichten halten", so Digitalisierungssprecher Süleyman Zorba und Tourismussprecherin Barbara Neßler.
Gasthaus Neßler selbst betroffen
Um das Problem effektiv einzudämmen, müssten Plattformen dazu verpflichtet werden, technische Lösungen umzusetzen. Genannt werden verifizierte Rezensionen sowie Hürden gegen Massen-Fake-Bewertungen bei klar erkennbaren Kampagnen. "Eine Klarnamenpflicht ist auch in der Vergangenheit schon an Höchstgerichten gescheitert. Sie ist der falsche Weg, um Hass- und Desinformationskampagnen auszuhebeln. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die meisten Hassnachrichten ohnehin bereits mit Klarnamen abgesetzt werden", erinnert Zorba.
Neßler berichtet, dass auch das Gasthaus ihrer Eltern bereits Opfer solcher Bewertungskampagnen wurde. "Wir dürfen der Branche aber keine Scheinlösungen vorgaukeln, die nicht umgesetzt werden können. Gerade bei Hotelbuchungen wäre es ein gangbarer Weg, wenn Plattformen die Bewertungen nur noch für verifizierte Bewertungen zulassen, also nur bei Vertragserfüllung, nach einer Nächtigung. Auch bei Gasthausbesuchen kann sicher eine brauchbare Lösung gefunden werden, die den betroffenen Gastronomen im Vergleich zu einer Klarnamenpflicht auch wirklich etwas bringt."
SPÖ & NEOS pflichten bei
Ähnlich kritisch fällt die Reaktion der SPÖ aus. Die netzpolitische Sprecherin Katharina Kucharowits findet, die ÖVP wolle nur von ihrem Versagen ablenken. "Die Regierung hätte mit der anhaltenden Rekordteuerung, der Gesundheits- und Pflegekrise eigentlich alle Hände voll zu tun, schaut aber nur tatenlos zu." In Sachen Klarnamenpflicht gibt es von den Roten ein "klares Nein".
Sophie Wotschke, Bundesvorsitzende der Jungen liberalen NEOS, ortet ebenfalls einen inakzeptablen Vorstoß. "Wieder einmal will die ÖVP die Grundrechte aller Bürger einschränken, um das Fehlverhalten einer kleinen Gruppe zu unterbinden. Es schockiert mich, wie wenig die ÖVP auf die Meinungsäußerungsfreiheit hält und wie schmerzbefreit man diese einschränken will."