Nahostkonflikt
Netanyahu verteidigt vor US-Kongress seinen Kriegskurs
Benjamin Netanyahu ist der erste ausländische Staatsmann, der viermal vor dem US-Kongress sprechen durfte. Mehrere Abgeordnete blieben der Rede fern.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat vor dem Kongress in Washington den Krieg im Gazastreifen verteidigt und amerikanische Proteste gegen seinen Kurs scharf verurteilt. Sein Land werde bis zum "totalen Sieg" weiterkämpfen, betonte Netanyahu am Mittwoch.
Einer Waffenruhe würde er erst dann zustimmen, wenn sich die Hamas ergebe, die Waffen niederlege und alle Geiseln freilasse, die sie noch in ihrer Gewalt habe. Gleichwohl werde der Krieg solange weitergehen, bis die militärischen Fähigkeiten der Hamas zerrieben seien. Wiederholt erhoben sich Abgeordnete während seiner Rede zum Applaus, während andere mit versteinerter Miene sitzenblieben.
Pfefferspray gegen Aktivisten
Nahe dem Capitol waren Tausende Menschen auf den Straßen, um gegen das israelische Vorgehen im Gazastreifen zu protestieren. Die Polizei setzte nach eigenen Angaben Pfefferspray gegen Aktivisten ein, die Absperrungen vor dem Kongressgebäude zu überwinden versuchten.
Mit den Demonstranten ging Netanyahu hart ins Gericht. Sie seien "nützliche Idioten" für Israels Gegner, allen voran der Iran, sagte er. Zudem warf er propalästinensischen Aktivisten in den USA vor, Extremisten zu unterstützen, die bei dem von der Hamas angeführten Terrorangriff auf Israel am 7. Oktober Babys ermordet hätten. "Diese Protestierenden stehen hinter denen, sie sollten sich schämen", rief Netanyahu.
Seine Rede begann der Ministerpräsident mit einem Bekenntnis zur Verbundenheit zwischen seinem Land und den USA. "Amerika und Israel müssen zusammenstehen. Wenn wir zusammenstehen, geschieht etwas sehr Einfaches: Wir gewinnen, die verlieren", sagte er. Zudem dankte er Präsident Joe Biden für dessen Unterstützung für Israel. Biden sei seinem Land in seiner dunkelsten Stunde beigestanden, was es niemals vergessen werde. Zugleich zeigte sich Netanyahu auch voll des Lobes über den republikanischen Vorgänger und Präsidentschaftskandidaten Donald Trump. Dieser habe viel für Israel getan, sagte Netanyahu.
Harris und Vance fehlen
Mehr als 50 Demokraten und der parteilose Senator Bernie Sanders blieben Netanyahus Auftritt fern. Die prominenteste Absage kam von Vizepräsidentin Kamala Harris, die in ihrer Funktion als Präsidentin des Senats normalerweise hinter dem ausländischen Staatsgast hätte sitzen müssen, als dieser im Kongress sprach. Die wahrscheinliche Präsidentschaftskandidatin der Demokraten entschuldigte sich mit einer seit längerem geplanten Reise. Die Republikaner warfen ihr Illoyalität gegenüber einem Verbündeten vor. Allerdings fehlte auch der republikanische Vizepräsidentschaftskandidat J.D. Vance bei Netanyahus Rede.
Die Kongressabgeordnete Rashida Tlaib hielt während Netanyahus Ansprache eine Schild hoch, auf dem auf einer Seite die Parole "Kriegsverbrecher" und auf der anderen Seite "Des Genozids schuldig" stand. Die Demokratin gilt als eine der lautstärksten Kritikerinnen des israelischen Regierungschefs im US-Kongress, im vergangenen Jahr wurde sie vom Parlament für ihre Äußerungen zum Gazakrieg formal gerügt. Tlaib hat Verwandte im Westjordanland und vertritt einen Wahlkreis in Michigan mit vielen Bewohnern mit palästinensischen Wurzeln.
Netanyahu sprach vier Mal vor Kongress
Der Repräsentantenhausvorsitzende Mike Johnson und andere Republikaner hatten Netanyahus Besuch initiiert. Sie bereiteten ihm am Mittwoch einen warmen Empfang. "Amerika muss Schulter an Schulter mit Israel stehen – heute und jeden Tag", bekräftigte Johnson vor dem Auftritt Netanyahus. Viele Demokraten, die Israel unterstützen, aber Netanyahus Politik kritisch gegenüberstehen, warfen den Republikanern vor, sich im Wahljahr als jene Partei präsentieren zu wollen, die am loyalsten zu Israel stehe.
Netanyahu ist der erste ausländische Staatsmann, der gleich viermal vor dem Kongress sprechen durfte. Bisheriger Rekordhalter war der britische Weltkriegspremier Winston Churchill.
Harris und Biden werden Netanyahu am Donnerstag treffen. Einen Tag später will Netanyahu zu Trump nach Mar-a-Lago in Florida reisen.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu sprach vor dem US-Kongress
- Er verteidigte seinen Kriegskurs
- Während zahlreiche Abgeordnete der Rede fernblieben, ging die Polizei vor dem Capitol gegen Aktivisten vor