Oberösterreich
"Nerven liegen blank" – mehr Gewalt wegen Teuerung
Shoppen bis der Arzt kommt? Eine neue Studie zeigt jetzt: Immer öfter wird im heimischen Handel ein aggressives Verhalten an den Tag gelegt.
Von wegen "Der Kunde ist König": Mehr und mehr wird ein negatives Benehmen von Konsumenten in den Geschäften zum Problem.
Die ÖBB vermelden eine Zunahme der tätlichen Angriffe auf ihre Bediensteten. Und der Flughafen Wien-Schwechat startet derzeit eine Kampagne gegen aggressive Gäste.
Nicht nur auf die Handels-Angestellten haben ruppige bis aufdringliche Verhaltensweisen negative Auswirkungen. Eine aktuelle Umfrage veranschaulicht nun, wie dramatisch die Lage im stationären Einzelhandel bereits ist.
Inflation als Auslöser
"Aufgrund der Teuerungskrise liegen die Nerven in den Versorgungsketten bei Industrie, Handel, aber auch bei den Konsumenten blank", erklärt Professor Christoph Teller. Er steht dem Institut für Handel, Absatz und Marketing an der Linzer Johannes Kepler Universität vor.
„"Aufgrund der Teuerungskrise liegen die Nerven in den Versorgungsketten bei Industrie, Handel, aber auch bei den Konsumenten blank". Prof. Christoph Teller über steigende Gewalt beim Shoppen“
"Das negative Verhalten von Konsumenten tritt immer häufiger auf und führt zu signifikanten direkten und indirekten Kosten für den stationären Einzelhandel", so Teller.
Im Rahmen der Studie wurden im Oktober 1.001 erwachsene Konsumenten in Österreich online befragt. Ein Ergebnis: 34 Prozent der Kunden haben seit Beginn des Ukraine-Krieges öfter negatives Verhalten bei anderen Shoppern beobachtet als davor.
Darüber hinaus listet die Befragung drei drastische Erkenntnisse auf:
36 Prozent der Österreicher beobachten beim Einkauf manchmal bis immer, dass andere Kunden Handels-Angestellte beschimpfen.
Außerdem: 39 Prozent der befragten Konsumenten fühlen sich manchmal bzw. öfters von anderen Kunden beim Shoppen gestört.
Und: 39 Prozent berichten von Beschädigungen in Geschäften.
Überforderungen, Depressionen, Frustrationen
"Einerseits entstehen Kosten durch Beschädigungen von Waren oder beim unrechtmäßigem Retournieren (einwandfreier) Produkte", betont Ernst Gittenberger vom Institut für Handel, Absatz und Marketing.
"Indirekte Kosten fallen an durch Überforderungen, Frustrationen, Depressionen, Krankenstände und in Extremfällen Kündigungen der Handels-Angestellten, was gerade in Zeiten des Arbeitskräftemangels eine zentrale Problematik darstellt", so Gittenberger.
Als Folge würden laut dem Experten finanzielle Verluste durch das Ausbleiben von Kunden entstehen. Diese kauften ihre Produkte dann lieber online.
Vertrauen aufbauen
Eine Chance für den Einzelhandel bestünde vor allem im Aufbau von Vertrauen: "Denn Vertrauen federt die negativen Effekte von problematischen Verhaltensweisen einzelner Kunden beim Einkauf ab", sagt Kathrin Mayr. Sie ist Universitäts-Assistentin und Instituts-Mitarbeiterin.
Es sei wichtig, sowohl Verkäufer auf unerwünschtes Verhalten vorzubereiten, als auch bei Kunden auf präventive Maßnahmen zu setzen ("Shopping-Etikette").