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Nein, Schweizer Armee schickt Panzer gegen Krawalle
Ein Video im Internet sorgt für Aufregung. Angeblich hat der Schweizer Bundesrat die Armee aufgeboten, um in Zürich Unruhen zu bekämpfen: Fake News.
Eine Kolonne von gepanzerten Fahrzeugen fährt um die Kurve einer Kreuzung. Auf dem Dach Kanonen, aus den Luken schauen Soldaten. "Was ist denn da los?", fragt eine besorgte Männerstimme hinter der Kamera. Gefilmt wurde das Video in Kloten, wie die Recherche des "Heute"-Partnerportals "20 Minuten" ergibt.
Das Video landete auf Twitter und wird seit Sonntag verbreitet. Die Erstellerin schreibt dazu, dass die Schweizer Regierung "die Armee einsetzt, um Unruhen einzudämmen", die angeblich von Frankreich herüberschwappen. Ein Blick auf das Twitterkonto zeigt, dass sie meist russlandfreundliche Tweets verbreitet. Viele User kritisieren das Video prompt als "Fake News".
Armee-Einsatz gegen Krawallmacher ist "frei erfunden"
Armeesprecher Stefan Hofer kann nur mit dem Kopf schütteln, als ihn "20 Minuten" auf den Konvoi anspricht. Die genauen Gründe für die Fahrt durch Kloten kenne er zwar nicht, jedoch sei die Behauptung, dass die Armee Unruhen bekämpfe, "frei erfunden und hat keinerlei Bezug zur Realität".
Fakt ist, dass in Kloten-Bülach ein Waffenplatz ist und dort die Richtstrahlschule 62 mit vier Kompanien stationiert ist. Sehr wahrscheinlich also, dass die dort stationierten Soldatinnen und Soldaten mit ihren Panzern im Rahmen einer Übung durch Kloten fuhren.
Bei Unruhen ist ein Armee-Einsatz tatsächlich möglich
Tatsächlich kann die Schweizer Armee bei schweren Unruhen auch im Inland zum Einsatz kommen, sagt der Armeesprecher. "Gemäß Militärgesetz unterstützt die Armee zivile Behörden im Inland, wenn deren Mittel nicht mehr ausreichen." Das könne bei schwerwiegenden Bedrohungen der inneren Sicherheit der Fall sein. Der letzte solche Einsatz liegt allerdings schon über 100 Jahre zurück, er war beim Landesstreik 1918.
Die Hürden für einen Armee-Einsatz im Inland sind hoch. "Die Bundesversammlung ist für die Anordnung zuständig. Nur wenn die Bundesversammlung nicht tagt und ein dringlicher Fall vorliegen würde, könnte der Bundesrat von sich aus den Ordnungsdienst und damit den Aktivdienst anordnen", schreibt der Armeesprecher.
Der Aktivdienst ist nicht zu verwechseln mit dem Assistenzdienst zur Unterstützung ziviler Behörden. "Falls die Bewältigung einer außerordentlichen Lage die Unterstützung der Armee erfordert, entscheidet der Bundesrat über den Assistenzdienst der Armee", so Hofer. Dauert dieser Einsatz länger als drei Wochen oder sind mehr als 2.000 Soldaten im Einsatz, muss das Parlament dem Einsatz zustimmen. Solche Assistenzdienste gab es jüngst bei Corona oder bei der Bewältigung der Flüchtlingsströme.