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"Necromunda: Hired Gun" im Test – (War)Hammer-Shooter

Mit "Necromunda: Hired Gun" hat Focus Home Interactive einen Shooter aus dem "Warhammer"-Universum veröffentlicht. Der zeigt sich als Kracher.

Rene Findenig
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    Zum Start bietet "Necromunda: Hired Gun" die Wahl aus über einem Dutzend verschiedener Spielfiguren, die allerdings nur Aufputz sind und sich gleich spielen.
    Zum Start bietet "Necromunda: Hired Gun" die Wahl aus über einem Dutzend verschiedener Spielfiguren, die allerdings nur Aufputz sind und sich gleich spielen.
    Focus Home Interactive

    Liest man "Warhammer", denkt man zwangsläufig an die Tabletop-Spiele und an Comics und Romane aus dem zugehörigen Universum. Die Liste an Inhalten ist mittlerweile fast endlos: Dutzende, wenn nicht Hunderte Spiele, Texte und Videos drehen sich um die Geschichte im 41. Jahrtausend, in der die Menschheit am Rande der Vernichtung steht und Dämonen, Orcs und Co. sich einen erbitterten Kampf liefern. Nun stößt mit "Necromunda: Hired Gun" ein Shooter ins Game-Universum vor.

    Die Köpfe hinter dem Shooter sind keine Unbekannten, denn die Entwickler Streum On hatten sich bereits 2018 an dem First-Person-Shooter "Space Hulk: Deathwing" versucht, der ebenfalls im Warhammer-Universum angesiedelt war. Das Game wurde zwar halbwegs positiv von der Community aufgenommen, zu einem Hit konnte es sich allerdings nicht entwickeln. Dieses Potenzial hat nun allerdings das neue "Necromunda: Hired Gun", das mit viel Eigenständigkeit zu überzeugen weiß.

    Abwechslungsreiche Schauplätze

    Zum Start bietet "Necromunda: Hired Gun" die Wahl aus über einem Dutzend verschiedener Spielfiguren, die allerdings nur Aufputz sind und sich gleich spielen. Nach der Wahl geht man als Kopfgeldjäger ins Rennen, der eine Verschwörung einer Unterwelt-Gruppierung aufdecken will. Dagegen haben natürlich die vielen Gangs etwas, die die verschiedenen Areale von Necromunda im Griff haben – und schon bald ist die Luft bleigeschwängert und Fäuste fliegen im Minutentakt.

    In der Einzelspieler-Kampagne erkundet der Spieler rund 20 Stunden lang die zwar lineare, aber äußerst abwechslungsreiche Spielwelt und stellt sich immer stärkeren Feinden. Besonders gut gefällt der düstere Industrie-Look des Spiels, der in den 13 Missionen überraschend abwechslungsreich ausfällt. So ballert man sich nicht nur durch verschleimte Abwasserrohre, verfalle Fabriksruinen und riesige Energieanlagen, sondern auch gerne mal auf Kränen oder gar einen Highspeed-Zug.

    Eher auf der rasanteren Seite

    Etwas rätselhaft bleibt die Handlung, die erstens nicht so wirklich an Fahrt aufnehmen will und zweitens nicht erklärt, was da gerade vor sich geht. So bekommt man kaum Gelegenheit, sich mit der Spielfigur zu identifizieren oder ihre Motive kennenzulernen. Macht nix, denn im Geballer pfeift man bald auf die Erzählung und sieht die Videosequenzen als schöne Gelegenheit, eine kurze Pause vom Kampfgeschehen in "Necromunda: Hired Gun" einlegen zu können. 

    Spielerisch orientiert sich das Game mit komplett deutscher Sprachausgabe an eher rasanteren Shootern wie "Doom Eternal". Bei Stillstand droht bereits im niedrigsten der vier Schwierigkeitsgrade der sofortige Bildschirmtod, nur wen in Bewegung bleibt, hat eine Chance gegen die anstürmenden Massen. Doch auch andere Mechaniken teilt sich "Necromunda" mit dem neuen "Doom", etwa eine Fortbewegung per Dash, eine Nutzung von Greifhaken und den notwendigen Einsatz von Doppelsprung und Alternativwaffen.

    Nicht alles rund, aber authentisch

    Auch wenn einiges bekannt vorkommt, weiß der Titel dennoch, eigene Akzente zu setzen. Die sind zwar nicht alle vollkommen rund ausgefallen, geben dem Shooter aber einen schön authentischen Anstrich. So lässt sich der eigene Charakter jeweils nach den Missionen durch gesammelte und dem verkauf von Items ergatterte Spielwährung mit zahlreichen Gadgets und Waffenmodifikationen an die eigene Spielweise anpassen, wobei die Verbesserungen gleich Cyberpunk-gerecht direkt in den eigenen Körper implantiert werden.

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    Bei den Verbesserungen ist alles dabei, was man sich nur wünschen kann: Gesundheit und Rüstung können erhöht, die Bewegungsgeschwindigkeit erhöht oder neue Waffensysteme für direkte und automatisch gelenkte Salven oder Umgebungsschaden aktiviert werden. Klingt putzig, ist es aber nicht: Unsere Spielfigur begleitet ein Cyber-Hund, der ebenso upgegradet werden kann und sich mit Stahlzähnen und -klauen auf alle Feinde wirft. Er kann auf unseren Befehl zudem Gebiete für uns auskundschaften.

    Grafik kann sich wirklich sehen lassen

    Abseits der Hauptmissionen bietet "Necromunda: Hired Gun" auch eine Art Quest-System, von dem man sich allerdings nicht zu viel erwarten darf. Im Kern handelt es sich um zufallsgenerierte Aufträge auf bereits absolvierten Level-Abschnitten, die aber immerhin dazu gut sind, mehr Spielgeld einzustreifen, um den Charakter weiter aufrüsten zu können. Kopfzerbrechen bereitet dagegen manches Mal die KI: Sie scheitern dann an Mauern, stecken in Durchgängen fest, schießen in die falsche Richtung oder erkennen uns nicht einmal, wenn wir vor ihnen stehen.

    Apropos vor ihnen stehen: Da passiert es selten aber doch auch, dass sie einfach direkt vor, neben oder hinter einem "aufpoppen", was seltsam wirkt und uns aus dem Spielfluss reißt. Patches sollten diesen Fehlern aber nach und nach den Gar ausmachen können. Erfreulich ist dagegen die Grafik und die Waffengestaltung. Die Wummen haben richtig wuchtiges Feedback bekommen, Feinde, Schießeisen und die Spielwelt sehen streckenweise messerscharf aus und die Licht- und Explosionseffekte können sich vor allem auf der PlayStation 5 wirklich sehen lassen.

    Ein echter (War)Hammer-Shooter

    Aller Kritik zum Trotz, "Necromunda: Hired Gun" ist zu einem echten Hammer-Shooter geworden, dem es nur noch an etwas Feinschliff fehlt, der hoffentlich in Form von Patches noch nachgeliefert wird. Was da an Kritik trotzdem hängen bleibt ist die eher laue Story, die wohl weder "Warhammer"-Fans, noch Videospieler generell von den Hockern reißen wird. Und auch die Bedienfreundlichkeit abseits des Schießens und Laufens ist mühsam geraten: Wühlt man sich durchs Inventar oder Skill-System, kann von Übersichtlichkeit keine Rede sein.

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    Dennoch überzeugt der Shooter mit einer grandiosen Grafik, einem gut durchdachten Level-Design, einem tollen Waffen-Feedback und einem äußerst schnellen Gameplay. Auch die Upgrade-Möglichkeiten sorgen für Spielspaß und sogar eine Prise Wiederspielwert gibt es durch die vielen Skill-Möglichkeiten obendrauf. An die präzise Steuerung selbst gewöhnt man sich zudem äußerst schnell, was beeindruckende und fließende Manöver zwischen Nah- und Fernkampf ermöglicht. "Necromunda: Hired Gun" ist ein schneller Shooter mit kleinen Schwächen, die man dem soliden Titel aber gerne verzeiht.