Nur Drittel investiert genug
Nach Trump-Sager – so abhängig ist die NATO von den USA
Trump will Putin zum Angriff auf gewisse Länder in Europa ermutigen und hat in der Vergangenheit immer wieder mit einem Nato-Austritt geliebäugelt.
Trumps Äußerungen zur NATO an einer Wahlkampfveranstaltung haben hohe Wellen geschlagen: Nicht nur will der US-Präsidentschaftskandidat jene Länder, die das 2-Prozent-Ziel der Nato nicht erreichen, aufgeben, er würde Russland sogar ermutigen, zu tun, "was auch immer zur Hölle sie wollen".
Wenn Trump die Wahl am 5. November 2024 also gewinnen sollte, müssten im Kriegsfall unzählige NATO-Länder Aggressoren wie Russland ohne ihre Bündnispartner entgegentreten. Im Jahr 2014 einigten sich die Verteidigungsminister der Mitgliederländer darauf, dass jedes Land bis 2024 mindestens zwei Prozent seines Bruttoinlandproduktes in die Armee investieren soll.
Nur ein Drittel investiert genug
Dies schaffen aktuell aber nur gerade elf der 31 Nato-Mitglieder. Während die USA 3,49 Prozent ihres BIPs von gut 23,3 Billionen Dollar in die Landesverteidigung investieren, setzt prozentual nur Polen (3,9 Prozent vom BIP von 679 Milliarden) noch stärker auf Aufrüstung. Auch fast alle Länder in Osteuropa erfüllen das 2-Prozent-Ziel bereits.
Anders sieht es vor allem in Westeuropa aus: Mit einem Anteil von gerade mal 0,72 Prozent des BIP von 85,5 Milliarden bildet Luxemburg das klare Schlusslicht. Auch Spanien, Belgien, Slowenien und die Türkei sind allesamt mindestens 0,5 Prozent ihres BIP davon entfernt, die Nato-Vorgabe zu erreichen.
Je näher an Putin, desto mehr zahlen die Länder
Anhand der Grafik lässt sich gut erkennen: Je näher die Nato-Länder am Reich Putins sind, desto mehr Geld fliesst in die Landesverteidigung. So investiert das neueste Mitglied Finnland von seinem knapp 300 Milliarden hohen BIP 2,45 Prozent in die Verteidigung, und auch Litauen und Lettland, die in der Vergangenheit bereits Erfahrung mit sowjetischer Expansion gemacht haben, zählen zu den NATO-Spitzenreitern in punkto Armeeausgaben.
So viel Geld steuern die Nato-Länder zum Bündnis bei
Die NATO hat jährliche Budgets in der Gesamthöhe von etwa 3,3 Milliarden Euro, mit dem kollektive Programme und Ausgaben finanziert werden. Zudem verpflichtet das Bündnis die Mitgliedsstaaten, einen gewissen Teil ihres Staatshaushaltes in die Landesverteidigung zu investieren.
Vom gemeinsamen Budget kommt etwa ein Viertel von den Vereinigten Staaten, weitere 15 Prozent steuert Deutschland bei.
Der letzte Podestplatz wird von Frankreich mit etwa zehn Prozent des gesamten Nato-Budgets belegt, gefolgt von Grossbritannien (9,8 Prozent) und Italien (8,4 Prozent).
Insgesamt knapp 35 Prozent der NATO-Gelder kommen von den kleineren Mitgliedsstaaten, von denen Trump angedroht hat, sie aufzugeben.
Ein Austritt der Vereinigten Staaten aus der NATO wäre nicht nur finanziell und militärisch eine massive Herausforderung für das Verteidigungsbündnis, sondern wohl auch höchst komplex. So müssten die USA sich auf Artikel 13 berufen, der den Austritt ermöglicht.
Ein solches Austrittsgesuch muss aber an die US-Regierung gehen, da das Land sogenannter Depositarstaat des NATO-Vertrages ist. Die Trump-Regierung müsste also ihr eigenes Austrittsgesuch unterzeichnen.
"Die NATO ist mir scheissegal"
Der amtierende Präsident Joe Biden schließt eine Abkehr der USA vom Verteidigungsbündnis kategorisch aus – ganz anders sieht es bei seinem Konkurrenten aus, und das nicht erst aufgrund der neusten Äußerungen. Wie diverse hochrangige Beamte des Weißen Hauses noch während Trumps Präsidentschaft zur "New York Times" sagten, habe der Präsident im Jahre 2018 immer wieder erwähnt, dass er aus dem Verteidigungsbündnis austreten will – ein Umstand, der sowohl bei Sicherheitsexperten und Geheimdienstbeamten wie auch seinem eigenen Verteidigungsminister große Unruhe auslöste.
So soll er etwa zu seinem nationalen Sicherheitsberater John Bolton einmal gesagt haben: "I don't give a shit about NATO" ("Die NATO ist mir scheissegal") – harte Worte für den Präsidenten jenes Landes, das die Organisation im Jahre 1949 mitbegründet hat.