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Mussolini-Erben regieren Italien – wer Meloni wählte
Italien hat gewählt: Giorgia Meloni wird wohl die neue Ministerpräsidentin. Eine aktuelle Wählerstromanalyse zeigt jetzt Überraschendes.
Giorgia Meloni erhielt laut offiziellem Endergebnis 26 Prozent der Stimmen. Und auch wenn der Wahlerfolg der Postfaschistin und Parteichefin der "Fratelli d’Italia" ("Brüder Italiens") nicht ohne Ansage gekommen ist, traf er doch viele überraschend. Besonders eine Frage taucht häufig in den letzten Tagen auf: Wie konnte es nur so weit kommen? Experten, welche die Wählerströme analysierten, liefern darauf erste Antworten – und Überraschungen.
So zeigt es sich, dass Meloni besonders unter den Frauen punkten konnte. Wenn man bedenkt, dass gerade Rechtsparteien sonst eher Männer ansprechen und ein Sieg ihrer Mitte-Rechts-Koalition wohl das Recht auf Abtreibung infrage stellen wird, erscheint dies geradezu paradox. Doch fest steht: Laut dem Umfrageinstitut Swg trugen mit 27 Prozent die Frauen überproportional zum Erfolg der 45-Jährigen bei.
Meloni überholt sogar Rechtspartei noch rechts
Ganz nach dem Motto "Frauen wählten eine Frau", wie eine Expertin gegenüber "Suedtirolnews" das Ergebnis der Wählerstromanalyse zusammenfasst. Weniger überraschend kommt hingegen, dass die rechten "Fratelli" vorwiegend in Gemeinden mit einem hohen Ausländeranteil Stimmen abräumen konnten.
Dabei ließ Meloni auch ihren "Juniorpartner" in der Mitte-Rechts-Allianz alt aussehen. Denn in all seinen Hochburgen in der Lombardei und in Nordostitalien musste sich Matteo Salvinis rechtspopulistische Lega von den "Fratelli" geschlagen geben.
Vielerorts räumte Melonis Partei sogar die dreifache Stimmenanzahl ab – eine der Nachfolgeparteien der Bewegung MSI, die von ehemaligen Funktionären des faschistischen Diktators und Kriegsverbrechers Benito Mussolini nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gegründet wurde. Womit sich am Sonntag die Frage nach Schmied und Schmiedl erübrigte.
Schlappe für die Links-Parteien, 5-Sterne-Süden
Für die Linke bleibt die Erkenntnis, dass es keine "roten Regionen" mehr gibt. Sowohl in der Toskana als auch in der Emilia-Romagna ließ das Mitte-Rechts-Bündnis die Links-Koalition hinter sich. Der Süden hingegen – 70 Prozent der Bürgergeld-Bezieher leben in Süditalien – erlebte ein Erstarken des 5-Sterne-Bewegung.
Die von Ex-Premier Giuseppe Conte angeführte Partei, die Italien vier Jahre lang regiert hatte und bei der letzten Wahl noch stimmenstärkste Einzelpartei gewesen war, wurde in vielen süditalienischen Regionen stimmenstärkste Einzelpartei. Allerdings wurden fast alle Wahlkreise vom Melonis Mitte-Rechts-Bündnis erobert.
Italiener sind Wahlmuffel
Ein weiterer Trend hat sich bei den italienischen Parlamentswahlen verfestigt. Die Politikverdrossenheit nimmt auch bei unseren südlichen Nachbarn weiter zu. Die Wahlbeteiligung betrug 64 Prozent, lag deutlich unter der von 2018 mit gut 73 Prozent.
Es waren insbesondere die Frauen, die Süditaliener und Personen mit mittlerem und unterem Bildungsabschluss sowie Arbeitslose, die den Wahlurnen fernblieben. Auch die Jungwähler zeigten sich als Wahlmuffel. Die Unter-34-Jährigen straften die traditionellen Parteien ab, was den Datenanalysten zufolge zeige, wie ausgeschlossen sie sich von deren Regierungsprogramm fühlen. Jene, die sich um den Klimawandel, die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und die Zukunft sorgen, machten ihr Kreuzerl beim Bündnis aus Linken und Grünen.