Wien
Muslimischer Schüler darf in Pause in Wien nicht beten
Ein TikTok-Video aus Wien schlägt derzeit hohe Wellen. In dem Clip ist zu hören, wie ein Lehrer einem muslimischen Schüler das Beten verbietet.
Ungewollt landete nun ein Lehrer aus Wien einen TikTok-Hit. Ein muslimischer Schüler hatte in der Pause in einer leeren Klasse gebetet. Das passte dem Pädagogen nicht. In dem Clip, der mittlerweile knapp 300.000 Mal angesehen wurde, erklärt der Lehrer warum. "Es ist uns egal welche Religion. Religion ist Privatsache. Das könnt ihr zu Hause machen, aber nicht hier. Von mir aus auch im Park, wenn ihr da niemanden stört, das ist mir auch egal."
In einem zweiten Video hört man den Lehrer sagen: "Es ist auch ein bisschen komisch, wenn man reinkommt und irgendjemand betet. Das sind halt unsere Regeln. Das ist auch für alle Religionen gleich. Egal ob Islam, oder Christentum, oder Judentum. Ist das allen klar? Und wenn ich sage, dass ihr mit etwas aufhören sollt, dann sollt ihr damit auch aufhören."
Lehrer wollte Schüler nach Hause schicken
Auf Fragen von Schülern erklärt der Lehrer weiter: "Das ist auch etwas, das ihr später in der Arbeit macht. Ihr habt nicht das Recht in der Arbeit eure Religion zu leben. Ihr könnt Kopftuch tragen. Das ist okay. Aber ihr könnt nicht zum Chef gehen und sagen ich geh jetzt beten. Ihr habt das Recht auf Religion, aber zu Hause, oder in der Moschee. Genauso kann der Chef sagen, ich will hier kein Kreuz sehen."
In einem dritten Clip hört man den Lehrer direkt mit dem betroffenen Schüler sprechen. "Du hast mich zwei Minuten warten lassen und ich warte wirklich nicht gern. Das ist meine Pause und ich muss zwei Minuten warten bis du fertig bist mit beten? Sicher nicht. Da geht es um Respekt und das hast du bis jetzt verstanden, weil du noch immer mit uns diskutierst."
Der Schüler erwidert daraufhin: "Ich habe es verstanden, aber ich kann nicht aufhören, wenn ich das Gebet mache." Woraufhin der Pädagoge betont: "Ja, und ich hab dir gesagt, wenn du nicht aufhörst, gehst du nach Hause. Und das hast du nicht gemacht."
Schüler berichten von Gebetsräumen
Unter den Videos melden sich vermehrt Schüler:innen zu Wort. "Unsere Schule hat sogar ein Raum zur Verfügung gestellt in den Pausen. Genau wie meine Arbeitsstelle. Respekt und Toleranz ist was so wichtiges", heißt es in einem Kommentar. "Er hat leider recht, trotzdem wär Toleranz und Verständnis ein schönerer Weg in der Situation gewesen", schreibt ein anderer User.
Die Aussagen des betroffenen Lehrers kritisiert auch Pädagoge Ali Dönmez. "Die Aussagen des Lehrers sind menschlich & faktisch falsch. Wenn Religion Privatsache wäre, gäbe es in der Schule keinen Religionsunterricht, keine Weihnachtsfeiern & Weihnachtsferien, Christbäume, Adventskalender und religiöse Lieder, die gesungen werden, keine Schulmessen, keine Kreuze", schreibt Dönmez auf Facebook.
Im Gespräch mit "Heute" erklärt der Sprachexperte. "Grundsätzlich ist Religion Privatsache. Aber telefonieren ist auch Privatsache und trotzdem kann ich das in der Pause machen. Schule sollte sich den Bedürfnissen von Schüler:innen anpassen. Das wird auch in der Kantine beim Essen gemacht."
Bildungseinrichtung setzt auf respektvolles Miteinander
Auf "Heute"-Anfrage bestätigte die Geschäftsleitung der WUK Bildung und Beratung den Vorfall. "Besagter Teilnehmer musste aufgrund mehrfacher schwerwiegender Verstöße gegen die Kursregeln am 17.04.2023 von der weiteren Teilnahme ausgeschlossen werden. Der Ausschluss steht in keinem wie immer gearteten Zusammenhang mit den im Video behaupteten Anschuldigungen", heißt es.
„"Die räumlichen Gegebenheiten lassen eine temporäre private Nutzung der Kursräume und Pausenräume zum Zwecke der Verrichtung religiöser Handlungen nicht zu."“
Besonders wichtig sei dem Bildungsprojekt ein respektvolles Miteinander der Teilnehmenden "unterschiedlichster Herkunft und religiöser Zugehörigkeit". "In unseren Bildungsangeboten nehmen wir die individuelle Lebenssituation der Teilnehmer_innen zum Anlass für eine bewusste, professionell gestaltete Auseinandersetzung mit Themen rund um Politik und Religion. Gleichzeitig ist die Ausübung religiöser Handlungen der Privatsphäre zuzuordnen."
Weiters heißt es in der Stellungnahme: "Die räumlichen Gegebenheiten lassen eine temporäre private Nutzung der Kursräume und Pausenräume zum Zwecke der Verrichtung religiöser Handlungen nicht zu. WUK Bildung und Beratung ermöglicht allen Teilnehmenden aller Religionen sowie konfessionslosen Menschen in gleicher Weise einen geschützten Lernraum."